Was macht eigentlich… Sandro Auerbach?

Unter der Rubrik Was macht eigentlich…? stellen wir in unregelmäßigen Abständen Personen vor, die versuchen, es sich in der Mitte der Gesellschaft gemütlich zu machen.
Durch die langjährige Aktivität in der extrem rechten Szene und ihren ausbleibenden Ausstieg stellen diese Personen mit ihrem Wissen, ihren Kontakten und Netzwerken eine schwer einzuschätzende Gefahr besonders für diejenigen dar, die ihnen ausgesetzt sind.


Sandro Auerbach bei einer Nazi-Demonstration am 03.09.2011 in Dortmund.
Sandro Auerbach bei einer Nazi-Demonstration am 03.09.2011 in Dortmund. [Foto: unbekannt]
Sandro Auerbach (*14.05.1987) tauchte bereits im Jahr 2008 auf dem NPD-Open-Air Rock für Deutschland in Gera auf. Bis heute ist er in Nazikreisen aktiv. Der 35-Jährige ist unter anderem nach §86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen), Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Waffengesetz vorbestraft.

Sandro Auerbach auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera.
Sandro Auerbach (mittig) auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera. [Foto: Recherche Gera]
2008/09 begann er, sich in der damaligen Geraer Kameradschaft Blindenhunde zu engagieren. Von Stil und Auftreten her ließ sich die Gruppe den autonomen Nationalisten zuordnen. Auf einer Demonstration in Freiberg 2009 ist Auerbach dementsprechend mit schwarzem Kapuzenpullover, Kufiya („Palästinensertuch“) und Sonnenbrille zu sehen. Auf einer Kontaktliste, die der verurteilte NSU-Helfer Ralf Wohlleben nach einem internen Koordinierungstreffen 2009 zusammenstellte und verschickte, fanden sich auch die Geraer Blindenhunde mit den Kontaktdaten von Blindenhunde-Mitglied Doreen Sikorska.
Bis 2011 tauchte Auerbach immer wieder bei Aktionen hinter dem Banner der Blindenhunde auf. Zu dieser Zeit machte er den Einrduck, eine der tonangebenden Figuren der Kameradschaft zu sein, die zudem für zahlreiche Nazi-Schmierereien in Gera verantwortlich war.

Sandro Auerbach als Teil der Kameradschaft Blindenhunde am 01.05.2009 in Freiberg
Sandro Auerbach (mit offenem Mund und Sonnenbrille) als Teil der Geraer Kameradschaft Blindenhunde am 01.05.2009 in Freiberg. [Foto: Infothek Dessau]
Ab 2012 bewegte er sich im Umfeld der nächsten lokalen Kameradschaft, die sich Vollstrecker nannte. Seit 2011 organisierten und besuchten die Vollstrecker Naziveranstaltungen, bis sie sich 2014 nach strafrechtlich relevanten Gewaltaufrufen auf Twitter auflösten. Bis 2013 besuchte Sandro Auerbach beinahe jede Veranstaltung der extremen Rechten in Gera, darunter Kundgebungen und Demonstrationen der NPD Gera oder das alljährliche NPD Open Air Rock für Deutschland. Zudem reiste er zu Demonstrationen selbsternannter „autonomer Nationalisten“ nach Dortmund oder Freiberg.

Sandro Auerbach auf einer Demo der NPD auf dem Marktplatz in Gera am 17.06.2011.
Sandro Auerbach (4. v.r.) auf einer Demo der NPD auf dem Marktplatz in Gera am 17.06.2011. Außerdem: Robert Bernhardt, Bryan Kahnes, Kevin Fijalkowski (v.r.n.l.) und Stephan Kramsmeyer (1. v.l.). [Foto: Recherche Gera]
Sandro Auerbach und Jennifer Westphal auf dem Rock für Deutschland am 13.07.2013 in Gera.
Sandro Auerbach (1. v.l.) und Jennifer Westphal (Vollstrecker-Shirt und Ordnerbinde) auf dem Rock für Deutschland am 13.07.2013 in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Ab ca. 2014 wurde es um Sandro Auerbach etwas ruhiger. Auf öffentlichen Veranstaltungen der extremen Rechten in Gera und Umgebung war er vorerst nicht mehr sichtbar. Im Social Media teilte Auerbach jedoch fortwährend rassistische, xenophobe und rechtspopulistische Inhalte, darunter Beiträge der AfD Gera und der neofaschistischen Partei III. Weg.

Sandro Auerbach gefällt das: Inhalte der faschistischen Partei III. Weg. [Bild: Screenshot facebook]
Sandro Auerbach gefällt das: Inhalte der faschistischen Partei III. Weg. [Bild: Screenshot facebook]
Möglicherweise hing dieses vorsichtigere Auftreten in der Öffentlichkeit auch mit seiner wachsenden Vorstrafensammlung und seinem Privatleben – beispielsweise der neuen Rolle als Ziehvater 2013 und als Vater eines eigenen Kindes seit 2017 – zusammen. Zu dieser Zeit kam, wohl auch von ihm selbst befeuert, das Gerücht um einen möglichen Szeneausstieg Auerbachs auf. Diese Gerüchte wurden allerdings spätestens mit seiner Teilnahme am sogenannten Heldengedenken der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen im November 2020 auf dem Geraer Ostfriedhof widerlegt. Die Veranstaltung verfolgte er im Kreise seiner langjährigen Kameraden und Wegbegleiter, unter ihnen Christian Gentzsch und Fabian Matthes.

Beatrice Fischer, Christian Gentzsch, Sandro Auerbach, Ralf-Dieter Gabel und Fabian Matthes zum Volkstrauertag am 15.11.2020 auf dem Geraer Ostfriedhof.
Beatrice Fischer, Christian Gentzsch, Sandro Auerbach, Ralf Dieter Gabel und Fabian Matthes (v.l.n.r.) zum Volkstrauertag am 15.11.2020 auf dem Geraer Ostfriedhof. [Bild: Screenshot youtube]
Sein äußerliches Auftreten hat Auerbach über die Jahre immer wieder verändert. Den Kleidungsstil der autonomen Nationalisten hat er spätestens 2013 abgelegt und ist damit äußerlich kaum noch als „klassischer“ Nazi erkennbar. In Gera und Umgebung ist Auerbach gern auf „Hardtekk“-Veranstaltungen zu finden und teilt entsprechende Inhalte auf Social-Media-Kanälen. Er wohnt derzeit zusammen mit seiner Freundin in der Umgebung der Franz-Stephan-Straße in Gera-Lusan. Auerbach arbeitet seit vielen Jahren im Geraer Lebensmittelmarkt Simmel in der Reichsstraße, wo er gut in die Belegschaft integriert ist und sich beispielsweise beim firmeninternen Fasching 2013 ungeniert im niedlichen Tierkostüm beteiligte.

Sandro Auerbach im Papageienkostüm im Geraer Simmel
Sandro Auerbach im Papageienkostüm zum Fasching im Geraer Simmel. [Foto: Archiv]

Verrat, Volksverhetzung, Gewalt – Christian Klar und die „dunklen Flecken“

Christian Dietrich Klar (*07.07.1980) aus Gera gehört zweifellos zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. In einer Zeit, in der eine Krise die nächste jagt, konnte der notorisch kriminelle Neonazi Klar zur öffentlichen Person werden. Mit der Anmeldung eines Sommerfests in Gera am 26.08. und einer Versammlung am 03.10.2022 erreichte er den vorläufigen Zenit der Aufmerksamkeit. Selbst die Tagesschau berichtete über den Protest am Tag der deutschen Einheit in Gera, der bis zu 10.000 Personen auf die Straße brachte. Klar, der mit seinen Unterstützer*innen permanent Zusammenhalt predigt und sich als politisch verfolgter Wohltäter der Stadt präsentiert, ist ein vielfach vorbestrafter Opportunist, der in der Vergangenheit keine Skrupel zeigte, auch durch Verrat an seinen Mittätern den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wir werfen einen Blick auf seine kriminelle Laufbahn, die seine Selbstinszenierung in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Nazidemos, Volksverhetzung, Körperverletzung

Als Christian Klar 2020 zum wöchentlichen Besucher von Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen wurde, verfügte er bereits über eine mehr als zwanzigjährige Erfahrung in Sachen rechter Demonstrationen. Seit Ende der 90er Jahre bewegt er sich in Nazikreisen. Allein 1997, im Jahr als er seinen Realschulabschluss machte, handelte er sich zum einen mit Volksverhetzung und zum anderen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gleich zwei einschlägige Verfahren ein. Im gleichen Jahr stellte er auch seine physische Gefährlichkeit unter Beweis: Klar beging im November 1997 eine Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung.

Christian Klar (links unten mit weißem Poloshirt und Jacke über der Schulter) am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera
Christian Klar (1. v.l. unten mit weißem Poloshirt und Jacke über der Schulter) am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Am 4. September 1999 nahm Klar, der inzwischen seine Lehre zum Gas- und Wasserinstallateur abgebrochen hatte, an einer Großdemonstration der NPD und des Thüringer Heimatschutzes in Gera teil. Der Thüringer Heimatschutz, daran sei erneut erinnert, war diejenige Organisation, aus deren Mitte der u.a. für 10 Morde verantwortliche Nationalsozialistische Untergrund (NSU) hervorging. Auf der gleichen Demonstration waren auch die NSU-Helfer Ralf Wohlleben, André Kapke und Tino Brandt zugegen. Außerdem anwesend war der Blood-&-Honour-Chef Thüringens, Marcel Degner aus Gera, über den wir bereits ausführlich informierten. Dass Christian Klar zum näheren Umfeld des NSU-Unterstützers Degner gehörte, beweist auch der Eintrag von Klars Telefonnummer (0172/4866xxx) in Degners handschriftlichem Telefonbuch, das man bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte.
Die überregional einflussreiche Geraer Blood-&-Honour-Band Legion Ost grüßte im Booklet ihres 1996 erschienenen Albums Ohne Worte neben anderen Geraer Nazis auch „Klari“.

Legion Ost (Daniel Stärz, Raik Schumann, Jens Sattler, Jens Häfer) grüßen auf ihrem Album Ohne Worte neben “Riese” (Spitzname Marcel Degners) auch “Klari”
Legion Ost (Daniel Stärz, Raik Schumann, Jens Sattler, Jens Häfer) grüßen auf ihrem Album Ohne Worte neben „Riese“ (Spitzname Marcel Degners) auch „Klari“. [Bild: discogs]
Neben einem kleineren Delikt (Gestatten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis) hatte Klar 1999 erneut mit den Gerichten zu tun, als er sich wegen Landfriedensbruchs und Nötigung verantworten musste.

Betrug, Diebstahl, Drogenhandel, Verrat

Auch im neuen Jahrtausend beschritt Klar weiter den eingeschlagenen Weg des kriminellen Neonazis. Allein im Jahr 2002 ließ Klar sich drei Mal beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischen, was entweder von mangelnder Lernfähigkeit und Cleverness oder aber von aggressiver Ignoranz zeugen mag.
2003 fingierte Klar mithilfe mehrerer Bekannter einen Autounfall, um die Versicherungssumme zu kassieren. Wegen versuchten Betruges sollte Klar 2007 zunächst eine Freiheitsstrafe bekommen, im Berufungsprozess im Jahr 2008 wurde er dann aber zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt zu 3 Jahren Bewährung verurteilt.
Ebenfalls 2003 mieteten Klar und ein Mittäter ein Fahrzeug bei einer Autovermietung in Gera, zerlegten es, um die Einzelteile gezielt an polnische Staatsangehörige zu verkaufen, und meldeten das Auto dann als gestohlen. Wegen Betrugs und Unterschlagung wurde Klar 2004 zu 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die zu 2 Jahren Bewährung ausgesetzt wurden.
Klar wurde jedoch kurze Zeit später wieder straffällig, weswegen seine Bewährung widerrufen wurde. Klar hat die sechsmonatige Freiheitsstrafe vollständig verbüßt.

In den Jahren 2004 bis 2005 war Klar als selbstständiger Schrotthändler tätig. Die dabei erlangten Kenntnisse setzte er 2005 praktisch um: In drei Fällen von besonders schwerem Diebstahl, zwei davon begangen in Tateinheit mit Sachbeschädigung, entwendete er mehreren lokalen Betrieben Altmetall in großer Menge, um es weiterzuverkaufen – allein im April 2005 stahl er mit Unterstützung weiterer Personen 20 Tonnen Eisenbahnschienen. 2006 musste er deswegen erneut in Haft, diesmal für 2 Jahre und 9 Monate. Im Mai 2008 wurde der zu verbüßende Rest der Freiheitsstrafe zu 4 Jahren Bewährung ausgesetzt.

Nachdem er während seines letzten Gefängnisaufenthalts bereits Crystal konsumierte, dealte er 2008 mit Crystal und Haschisch, um seine Schulden zu begleichen. Als Komplize des Pößnecker Neonazis Norman Strupp versuchte Klar im September 2008, 1,5 Tonnen Kupferdraht von einer Baustelle zu stehlen. Auch wenn Klar und seine Helfer noch vor Ort gestellt wurden, überlebte die Freundschaft zu Norman Strupp. Gemeinsam besuchten Klar, dessen Partnerin Carolin Krietsch und Strupp 2018 gemeinsam eine Solidaritätsdemo für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld.

 Christian Klar, Norman Strupp und Carolin Krietsch (v.l.n.r.) auf einer Demonstration für Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck am 10.05.2018 in Bielefeld.

Christian Klar, Norman Strupp und Carolin Krietsch (v.l.n.r.) auf einer Demonstration für Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck am 10.05.2018 in Bielefeld. [Foto: Recherche Nord]
Im darauffolgenden Prozess stellte Klar seine vermeintliche Loyalität unter Beweis: Um eine Strafminderung nach §31 BtMG für sich zu erreichen, verpfiff er einen in seine Drogendeals involvierten Kollegen. Wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und versuchten Diebstahls wurde Klar 2010 zu 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Profiteur der Pandemie

Seit Christian Klar wieder auf freiem Fuß ist, besucht er beständig extrem rechte Aufmärsche in der ganzen Republik. In der Vergangenheit haben wir bereits mehrfach über Klars Verstrickungen und Teilnahmen an Naziveranstaltungen berichtet (z.B. hier, hier, hier und hier).

Mit Beginn der Corona-Pandemie schloss sich Klar den stets von Rechten orchestrierten Protesten gegen die Maßnahmen zunächst als Teilnehmer an.

Christian Klar (mittig mit blauem Cap) am 02.05.2020 auf einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen.
Christian Klar (mittig mit blauem Cap) am 02.05.2020 auf einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen. [Bild: Screenshot youtube]
Die unangemeldeten und untersagten Demonstrationszüge 2021 organisierte und koordinierte Klar zunehmend selbst, was er mehrfach betonte.

Seine Rücksichtslosigkeit bewies Klar erneut im November 2021, als er das Wurmmittel Ivermectin in einer Telegram-Gruppe ohne Kenntnis der Risiken als Medikament gegen Corona-Infektionen anpries und erklärte, schon 9 Personen in seinem Umfeld mit dem rezeptpflichtigen, nicht als Covid-Medikament zugelassenen, Arzneimittel „behandelt bzw. versorgt“ zu haben.

Christian Klar gefährdet auf Telegram mit unseriösen Gesundheitstipps andere.
Christian Klar gefährdet auf Telegram mit unseriösen Gesundheitstipps andere. [Bild: Screenshot Telegram]
Am 20.06.2022 trat Christian Klar erstmals als Anmelder der Montags-Proteste auf, die inzwischen eine wilde Melange aus Reichsbürgermilieu, Putin-Freund*innen und -Apologet*innen, Impfgegner*innen und militanten Nazis versammeln. Klar nutzt die Plattform der Demos und Feste vor allem, um über sich selbst zu sprechen; die Menge jubelt dem Selbstdarsteller dafür zu. Seine Höhenflüge verleiten ihn sogar dazu, bei der Demonstration am 22.08.2022 seinen Anhänger*innen gegenüber zu behaupten, dass „es sich lohnt“, ihm „hinterherzulaufen“ und dass man das „guten und ruhigen Gewissens“ machen könne. In dieser Rede auf dem Geraer Marktplatz will er seinen montäglichen Mitläufer*innen zu seinen laufenden Verfahren „Rede und Antwort“ stehen. Ehrlich zu sein verspricht Klar seinem Publikum und redet schließlich nur noch davon, was er alles nicht getan habe. Bis zu den Dingen, die er aber getan hat, reicht der Wille zur Ehrlichkeit dann doch nicht.

„Schön, dass du mein Freund bist“

Mit Peter Schmidt erhält Christian Klar einen, der trotz allem für seine Aufrichtigkeit bürgt. Schmidt, über den alle Medien immer wieder nur zu sagen haben, er sei „Unternehmer“, als mache einen das allein zum verdienstvollen und guten Menschen, darf sich dabei ohne Probleme gewohnt weit aus dem Fenster lehnen. Bereits zu Beginn behauptet er, dass Klar „in seiner Vergangenheit möglicherweise mal Fehler gemacht hat oder auch Dinge getan hat, die nicht erlaubt sind – das hat doch mit einer politischen Bewegung rein gar nix zu tun“. Bei über zwanzig Jahren in der extrem rechten Szene und mehrfachen politisch motivierten Delikten Klars ist das eine sehr freie Interpretation von „rein gar nix zu tun“. Schmidt spricht davon, Klar sei ihm gegenüber „von Anfang an ehrlich“ gewesen, dass es in Klars Vergangenheit auch „dunklere Flecken gab“. Bei all den Straffälligkeiten Klars drängt sich jedoch die Frage auf, wo die helleren Flecken zu finden sind. Schmidt weiß es: In Christian Klars gesellschaftlichem Engagement für die Stadt – das im Wesentlichen aus Demoorganisation mit Feuerwerk und dubiosen Spendensammlungen besteht.

Schmidt betont als Reaktion auf die Aufforderung, sich von Klar zu distanzieren, dass in Deutschland immer noch die „juristische Unschuldsvermutung“ gelte. Wie ein Ertrinkender an den Rettungsring klammert sich der Unterstützer*innenkreis Klars an die Hoffnung, dass man das Gesicht trotz eindeutiger Faktenlage wahren könne. Umso absurder wird das Schauspiel, wenn man sich vor Augen führt, dass Schmidt sein pathetisches Plädoyer für die Unschuldsvermutung auf einer Veranstaltung hält, die regelmäßig von Plakaten gesäumt ist, auf denen Politiker*innen und Journalist*innen in Sträflingskleidung abgebildet sind, und denen die Hobbyjurist*innen der Montagsdemos das eigene Urteil „SCHULDIG“ aufgepinselt haben – und dass eines dieser Plakate überhaupt erst zu den Verfahren gegen Klar geführt hat.
Seinen als spontan inszenierten Beitrag beendet Peter Schmidt mit den Worten: „Den Christian, den ich seit zwei Jahren kenne… Da sage ich mit Stolz: Schön, dass du mein Freund bist.“ Die rührende Männerfreundschaft beruht nicht nur auf der gleichen Gesinnung, sondern offensichtlich auch auf dem gleichen pragmatischen Verhältnis zur Wahrheit.

Innige Freundschaftsbekundung zwischen Christian Klar (l.) und Peter Schmidt (r.), dem „Unternehmer mit Herz“ für kriminelle Neonazis, am 22.08.2022 auf dem Geraer Marktplatz.
Innige Freundschaftsbekundung zwischen Christian Klar (l.) und Peter Schmidt (r.), dem „Unternehmer mit Herz“ für kriminelle Neonazis, am 22.08.2022 auf dem Geraer Marktplatz. [Bild: Screenshot youtube]
Aktuelle Gerichtsverfahren gegen Christian Klar

Derzeit laufen zwei Gerichtsverfahren gegen Christian Klar. Das eine bezieht sich auf eine Verunglimpfung des Geraer Polizeidirektors Michael Zimmermann. Klar hat am 02.05.2022 zum „Spaziergang“ eines der „Schuldig“-Schilder mit dem Bild des Polizisten in Sträflingskleidung mitgeführt. Strafrechtlich ist das von der Meinungsfreiheit gedeckt, allerdings gibt es in diesem Zusammenhang noch ein zivilrechtliches Verfahren gegen Klar. Der konkrete Ausgang ist noch nicht gewiss.

Bemerkenswert in diesem zivilrechtlichen Verfahren ist die anwaltliche Vertretung von Christian Klar. Sein Rechtsbeistand ist der Rechtsanwalt Detlev Funke genannt Kaiser, ein Geraer Anwalt mit einem exzellenten Ruf innerhalb der extremen Rechten. Bekannte Geraer Nazis wie Jörg Krautheim empfehlen ihn ausdrücklich, beispielsweise weil er die notorische Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck 2017 vor Gericht zu ihrer Zufriedenheit vertreten hat.

Christian Klar und sein Anwalt Detlev Funke am 31.08.2022 in Gera
Christian Klar und sein Anwalt Detlev Funke gen Kaiser am 31.08.2022 in Gera. [Bild: Screenshot youtube]
Detlev Funke gen Kaiser als Rechtsanwalt der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck 2017 vor Gericht
Detlev Funke gen Kaiser als Rechtsanwalt der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck 2017 vor Gericht. [Foto: Westfalen-Blatt]
Das andere strafrechtliche Verfahren bezieht sich auf schweren Diebstahl, Hehlerei und – na klar – Fahren ohne Führerschein. Christian Klar hat Baumaschinen von Baustellen gestohlen und diese zu verkaufen versucht. Dabei ist er zusätzlich am Steuer ohne gültigen Führerschein (den er schon eine ganze Weile nicht mehr besitzt) erwischt worden. In der Berufungsverhandlung am Geraer Landgericht wurde das erstinstanzliche Urteil gegen Klar am 28.7.2022 mit zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis bestätigt. Gegen dieses Verfahren hat Klar einen Antrag auf Zulassung zur Revision beim OLG Weimar eingereicht. Der aktuelle Stand des Verfahrens ist unklar. Wenn die Revision jedoch nicht zugelassen wird, ist davon auszugehen, dass Christian Klar erneut in den Knast muss.

Was macht eigentlich… Kevin Schulhauser?

Unter der Rubrik Was macht eigentlich…? stellen wir in unregelmäßigen Abständen Personen vor, die versuchen, es sich in der Mitte der Gesellschaft gemütlich zu machen.
Durch die langjährige Aktivität in der extrem rechten Szene und ihren ausbleibenden Ausstieg stellen diese Personen mit ihrem Wissen, ihren Kontakten und Netzwerken eine schwer einzuschätzende Gefahr besonders für diejenigen dar, die ihnen ausgesetzt sind.


Kevin Schulhauser am 06.08.2012 auf einer Kundgebung der NPD in Gera.
Kevin Schulhauser am 06.08.2012 auf einer Kundgebung der NPD in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Kevin Schulhauser (29.08.1989) kommt aus Ronneburg bei Gera, wo er die Friedrich-Schiller-Regelschule besuchte. Bereits als 17-jähriger Teenager nahm er an Kundgebungen der NPD teil, so beispielsweise am 04.11.2007 auf dem Kornmarkt in Gera, wo der verurteilte NSU-Helfer Ralf Wohlleben einen Redebeitrag hielt.

Seine Freizeit verbrachte Schulhauser schon als Schüler in einem Freundeskreis, der sich selbst als Division Ronneburg bezeichnete und aus jugendlichen Neonazis bestand, die bis heute tief in der Naziszene verankert sind, darunter Josef Höschler, Daniel Steinmüller, die Brüder Alex und Max Onoszko, Stefan Polley, Tino Mutschmann, Robert Bernhardt und Christian Sohra:
Höschler nannte sich in der Zeit der Division Ronneburg in sozialen Medien abwechselnd „Politischer Soldat“ oder „El Duce“ (dt.: der Führer) und lud Fotos seiner Waffen- und NS-Militaria-Sammlung hoch. Er brachte es in der Zwischenzeit zum erfolgreichen und international vernetzten Veranstalter von konspirativen NS-Black-Metal-Konzerten, oftmals auf seinem Grundstück in Ronneburg. Daniel Steinmüller gehört Recherchen zufolge zu den zahlenden Mitgliedern der Vereinigung Combat 18, dem bewaffneten Arm der verbotenen Blood-&-Honour-Struktur.

 Kevin Schulhauser (2. v.l. mit Zigarette) und Teile der “Division Ronneburg”: 1. v.l.: Josef Höschler, 3. v.l. Daniel Steinmüller, 4. v.l. (mit Stahlhelm) Stefan Polley, 1. v.r.: Robert Bernhardt, unten rechts kniend Christian Sohra.
Kevin Schulhauser (2. v.l. mit Zigarette) und Teile der Division Ronneburg: 1. v.l.: Josef Höschler, 3. v.l. Daniel Steinmüller, 4. v.l. (mit Stahlhelm) Stefan Polley, 1. v.r.: Robert Bernhardt, unten rechts kniend: Christian Sohra. [Foto: Screenshot schuelervz]
Schulhauser gründete in dieser Zeit mehrere „Kameradschaften“, die aber allesamt Rohrkrepierer blieben und keine Außenwirkung erzielten.
Bis 2014 nahm Schulhauser an fast jeder Kundgebung, Demonstration und Veranstaltung der NPD im Raum Gera und Greiz teil. So war er in dieser Zeit Helfer beim Aufbau, regelmäßiger Besucher und Redner des NPD Open Airs Rock für Deutschland in Gera.
Zur Bundestagswahl 2013 war er Kandidat der NPD im Wahlkreis 195 Greiz Altenburg Land und erreichte 3,7% der Erststimmen.

Kevin Schulhauser (1. v.l.) als Ordner auf dem Rock für Deutschland am 11.07.2009 in Gera. 1. v.r.: Max Onoszko, 2. v.r. Christian Sohra.
Kevin Schulhauser (1. v.l.) als Ordner auf dem Rock für Deutschland am 11.07.2009 in Gera. 1. v.r.: Max Onoszko, 2. v.r. Christian Sohra. [Foto: Infothek Dessau]
Kevin Schulhauser (mittig) am 17.11.2013 bei einer Veranstaltung der NPD am Volkstrauertag in Gera.
Kevin Schulhauser (mittig, über der Fackel) am 17.11.2013 bei einer Veranstaltung der NPD am Volkstrauertag in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Anfang 2013 gründete er das Nationale Bildungswerk Ronneburg. Hier inszenierte er sich als „nationaler Schulungsleiter“ und bot Vorträge, Seminare und Workshops an. Themen waren dabei z.B. „Dem Inklusionswahn entgegen – Ethik und Moral – Rechtsschulungen – Kreativer Aktionismus“.
Kurzzeitig avancierte Schulhauser damit zum Schulungsleiter des Landesverbandes der Thüringer NPD. Sein Projekt versuchte Schulhauser unter anderem auf extrem rechten Festivals oder Veranstaltungen wie dem Eichsfeldtag 2013 in Leinefeld mit Infoständen zu bewerben.
Insgesamt entfaltete das Bildungswerk allerdings nur wenig Wirkung, öffentlich angekündigte „Seminare“ wurden von der Polizei aufgelöst oder untersagt.

Flyer des Nationalen Bildungswerks Ronneburg von Kevin Schulhauser
Flyer des Nationalen Bildungswerks Ronneburg von Kevin Schulhauser

Nach dem enttäuschendem Wahlkampf der NPD 2014 sägte Schulhauser im internen Machtkampf des Thüringer Landesverbandes mit am Stuhl von Patrick Wieschke. In der teilweise öffentlich geführten Schlammschlacht schien Schulhauser aber eher zu unterliegen.
Nach Missbrauchsvorwürfen gegen ihn und öffentlichen Angriffen anderer damaliger NPD-Politiker wandte sich Schulhauser Ende 2014 von der NPD ab und ab Sommer 2015 der Identitären Bewegung zu.

Schulhauser im Shirt der Identitären Bewegung auf einer Demo der AfD in Erfurt.
Schulhauser im Shirt der Identitären Bewegung auf einer Demo der AfD in Erfurt. [Foto: thueringenrechtsaussen]
Beim Aufbau des Thüringer Ablegers der Identitären Bewegung nahm Schulhauser eine führende Rolle ein.
In der Folge kommt es zu eher peinlichen Auftritten Schulhausers: So „besetzten“ sie aus rassistischer Motivation gegen die Unterbringung von geflüchteten Menschen ein Haus im Unstrut-Hainich-Kreis in Thüringen (das falsche).
Aufgrund solcher Aktionen und vielleicht aufgrund des Rufs von Schulhauser als Querulant bleibt die Identitäre Bewegung in Thüringen eher eine Randerscheinung.
Bis mindestens 2017 war Schulhauser in den vordersten Reihen bei Demonstrationen der IB beteiligt. 2020 wählte er für sein KfZ-Kennzeichen das Kürzel der Identitären Bewegung.

Kevin Schulhauser (rechts unten) auf einer Demonstration der Identitären am 17.06.2016 in Berlin.
Kevin Schulhauser (rechts unten) auf einer Demonstration der Identitären am 17.06.2016 in Berlin. [Foto: Sören Kohlhuber]
Heute arbeitet Kevin Schulhauser im Vodafone Shop in der Teepassage (Sorge 8) in Gera. Also Augen auf beim Abschluss von Telekommunikationsverträgen bei Vodafone in Gera!

Kevin Schulhauser als Mitarbeiter des Vodafone Shops Sorge 8 in Gera
Kevin Schulhauser als Mitarbeiter des Vodafone Shops Sorge 8 in Gera. [Foto: Recherche Gera]

„Wer mit Nazis spaziert, hat nichts kapiert“ – Coronaproteste in Gera

Während Rechercheportale und Twitteraccounts (bspw. Querleaks oder Ostthüringer Divan) seit Beginn der Pandemie unermüdlich und mit großem Engagement herausarbeiten, dass die sogenannten „Spaziergänge“ – auch die Geraer „Montagsspaziergänge“ – unter wesentlicher Beteiligung rechter Strukturen stattfinden, wird von Mitlaufenden und Daheimgebliebenen wahlweise so getan als wisse man von nichts oder als sei der Schulterschluss mit rechts im Dienste der Sache unvermeidlich.
Mit einer erneuten Zusammenstellung einiger, die in Gera seit 20.12.2021 mitgelaufen und konstant beteiligt sind, muss noch dem und der Letzten klar werden, dass man auf den „Spaziergängen“ unweigerlich Seite an Seite mit RassistInnen, AntisemitInnen, organisierten VertreterInnen der extremen Rechten und Verschwörungsgläubigen läuft.

Christian Bärthel ist ein seit Mitte der 90iger Jahre aktiver Nazi aus Ronneburg bei Gera. Er war Mitarbeiter des sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Peter Klose in Zwickau. Bärthel ist Verschwörungsgläubiger und Anhänger der Reichsbürgerbewegung. In seine evangelikale Mission mischen sich ein teils aggressiver Antisemitismus und religiös aufgeladener Geschichtsrevisionismus. Wegen Volksverhetzung und Verharmlosung des Holocausts wurde er bereits mehrfach angeklagt und verurteilt. Er ist Mitglied der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen und Vortragsredner zu deren Veranstaltungen.

Christian Bärthel
Christian Bärthel

Beatrice Fischer agiert als Nazi-Aktivistin seit 2010/2011 vor allem im Umfeld der NPD und der Kleinstpartei III. Weg. Von Nazi-Festivals und Konzerten über Demos zur Unterstützung der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck und geschichtsrevisionistische Aufmärsche bis hin zu Veranstaltungen der AfD ist Beatrice Fischer auf einer Vielzahl von Events der extremen Rechten zugegen. Seit deren Beginn nimmt sie an den Protesten der Pandemieleugner*innen in Gera teil. Eine detailliertere Zusammenstellung ihrer Aktivitäten lässt sich hier finden.

Beatrice Fischer
Beatrice Fischer

Christian Gentzsch ist ein seit 2010/11 aktiver Nazi aus Greiz und später Gera. Er nimmt an vielen unterschiedlichen Veranstaltungen der extremen Rechten in der Region, aber auch überregional teil. Darunter fallen Festivals, Aufmärsche von der Kleinstpartei III. Weg, Thügida und Aktionen der NPD. 2014 kandidierte er für die Greizer Kommunalwahlen auf der NPD-Liste. Zwischen 2012 und 2017 übernahm er regelmäßig Helfertätigkeiten und Ordnerfunktionen auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland in Gera. Bei den Protesten der Pandemieleugner*innen in Gera ist er vom Beginn im Frühjahr 2020 an mit dabei.

Christian Gentzsch
Christian Gentzsch

Christian Klar kann auf eine lange Karriere als aktiver Nazi zurückblicken. Er zählte bereits um 2000 zu den Kontakten des Thüringer Blood-&-Honour-Sektionsleiters und NSU-Unterstützers Marcel Degner. Belegen lassen sich sehr viele Teilnahmen an Veranstaltungen und Aufmärschen von extremen Rechten. Ein guter Überblick über seine Aktivitäten lässt sich hier finden. Klar kann getrost als einer der Organisatoren der Geraer „Spaziergänge“ bezeichnet werden; in diversen Telegramposts brüstet sich Klar selbst mit der Planung und Durchführung. Inmitten der Pandemieleugner*innen gibt er sich betont aktivistisch, fordert andere Teilnehmende zum Widerstand gegen Polizist*innen auf oder dirigiert mit „Ansagen“ die eigentlich verbotenen Aufzüge.

Christian Klar
Christian Klar

Marek Hallop aus Gera bezeichnet sich selbst als Reichsbürger. Er tauchte um 2012 bei Geraer NPD-Aufmärschen und später bei etlichen Thügida-Demos des extrem rechten David Köckert auf. Bereits im Frühjahr 2020 beteiligte er sich an den ersten Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. An organisatorischen Fragen scheiterte er aber mit seiner selbst angemeldeten Demo am 16.05.2020. Trotzdem ist er weiter bei allen Aktionen und Protesten der Pandemieverharmloser*innen in Gera mit von der Partie. Dabei tritt er manchmal sehr martialisch auf, schreit anwesenden Polizist*innen seinen Hass auf den Staat entgegen und versucht so andere Teilnehmer*innen zum Widerstand zu motivieren.

Marek Hallop
Marek Hallop

Frank Haußner ist ein Dachdecker aus Zeulenroda. Er kann ähnlich wie Christian Klar zum Initiatoren- und Organisatorenkreis der Geraer „Spaziergänge“ gezählt werden. Haußner begann ab 2018 sich mit dem Pegida-Umfeld, dem Kreis um Götz Kubitschek und AfD-VertreterInnen zu vernetzen. Dazu ist er Sprecher der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen. Frank Haußner ist in der Region Ostthüringen Initiator vieler Aktionen von Pandemieverharmloser*innen. Seine Redebeiträge bei diesen Gelegenheiten zeugen von seinem tief verschwörungsgläubigen Weltbild mit deutlich antisemitischen Inhalten.

Frank Haußner
Frank Haußner

Andre Hebestreit ist ein sehr aktiver Nazi aus Gera. Er war regelmäßig Helfer und Ordner auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland in Gera. Er war Mitglied der ehemaligen Geraer Kameradschaften Vollstrecker und Volkszorn. Auf NPD-Demos übernahm Hebestreit immer wieder Ordnerfunktionen. 2014 kandidierte er bei der Kommunalwahl auf der Liste der NPD für den Geraer Stadtrat. Regional fährt Hebestreit sehr gern zu Nazi-Demos oder Festivals.

André Hebestreit
André Hebestreit

Michael Hesse ist ein langjähriger Nazi aus Gera. Er stammt aus dem kameradschaftlichen Umfeld und ist schon als Jugendlicher 1999 bei Aktionen der extremen Rechten zu identifizieren. Anfangs gerierte er sich als Anti-Antifa-Fotograf, mittlerweile betreibt er einen Youtube-Kanal und filmt nahezu jedes Event der Pandemieleugner*innen in Gera. In der Vergangenheit ließ er über NPD-Festivals, geschichtsrevisionistische Trauermärsche oder die Aufmärsche von Thügida keine Gelegenheit aus, zu zeigen welches Geistes Kind er ist. In der Thüringer Naziszene gilt er als gut vernetzt und reist auch überregional zu Nazigroßveranstaltungen in Deutschland.

Michael Hesse
Michael Hesse

Beatrice Koschmieder ist eine Geraer Tätowiererin und die langjährige Freundin von Michael Hesse. Sie arbeitet mit dem äußerst gewaltbereiten rechten Schläger Enrico Koop in einem Studio. Sie nahm in der Vergangenheit regelmäßig am Geraer NPD-Festival teil und lief bei den Thügida-Demos des extrem rechten Greizers David Köckert mit. Gemeinsam mit ihrem Partner Hesse reist sie gern regional und überregional zu einschlägigen Szeneevents wie den Nazifestivals in Themar oder nach Berlin zu rechten Großdemos. Natürlich war Koschmieder bei fast allen Aktionen gegen Corona Schutzmaßnahmen in Gera dabei.

Beatrice Koschmieder
Beatrice Koschmieder

Andreas Thomä ist Mitglied der Patrioten Ostthüringen aus Gera. Er filmt sehr viele Aktionen dieser extrem rechten Vereinigung, betreibt einen gleichnamigen Youtube-Kanal und veröffentlicht dort seine semi-professionell bearbeiteten Videos. Er filmt dabei auch immer wieder Protestierende gegen rechte Aktionen ab und markiert gezielt Journalist*innen, in dem er in extreme Zeitlupe umschaltet, um die Personen besser erkennbar zu machen. Führt man sich vor Augen, wie viele Journalist*innen von Nazis im Rahmen der sogenannten „Spaziergänge“ bundesweit angegriffen wurden und werden, zeigt sich die Perfidie und ideologische Skrupellosigkeit eines solchen Vorgehens.

Andreas Thomä
Andreas Thomä

Josef Höschler ist ein umtriebiger Nazi aus Ronneburg bei Gera. Anfang der 2000er Jahre war er aktiv in Führungspostitionen von Ronneburger Kameradtschaften. Er geriet recht schnell als Sammler von Nazi- und Weltkriegsdevotionalien in das Visier der Polizei, auch weil er Bilder von scharfen Waffen in sozialen Netzwerken postete. Hausdurchsuchungen waren die Folge. Später war er stets fleißiger Helfer sowie Ordner auf dem Geraer NPD-Festival und Teilnehmer an Demonstrationen oder Kundgebungen der Geraer NPD. Die rassistischen Mobiliserungen von Thügida erreichten auch Höschler. Zuletzt versuchte er sich 2019 als extrem rechter Konzertveranstalter in Ronneburg. Wie er selbst im Internet mitteilte, geriet er dabei wiederum ins Visier des Verfassungsschutzes.

Josef Höschler
Josef Höschler

Enrico Kopp ist ein gewaltbereiter und vielfach vorbestrafter Nazi-Schläger. Er betreibt das Tattostudio Köngisklasse in Gera. Vor allem bei der rassistischen Mobilisierung von Thügida zwischen 2015 und 2018 war Kopp aktiv. Thügida wurde in dieser Zeit maßgeblich durch den Greizer Nazi David Köckert initiiert und vorangetrieben. Kopp war auf vielen Aktionen dieser extrem rechten Vereinigung aktiv. Als 2020 die Mobilisierung der Proteste der Pandemieleugner*innen an Fahrt aufnahm, war Kopp ebenfalls von Beginn an dabei.

Enrico Kopp
Enrico Kopp

Steve Krüger ist ein Geraer Nazi, welcher vor allem zwischen 2010 und 2014 in der Geraer Kameradschaft Vollstrecker aktiv war. Diese gebärdete sich sehr aktivistisch und war subsumierbar unter dem Label der autonomen Nationalisten. Ihre Mitglieder waren in Gera für zahlreiche extrem rechte Schmiereien und Übergriffe auf Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten, verantwortlich. Mitglieder der Vollstrecker wie Steve Krüger übernahmen für den örtlichen Kreisverband der NPD auch immer wieder organisatorische Aufgaben. So war Krüger regelmäßig als Ordner auf dem Geraer NPD-Festival, Demonstrationen und anderen rechten Kundgebungen tätig.

Steve Krüger
Steve Krüger

Kay Lange spielte bei dem Geraer Fußballverein BSG Wismut Gera als Torwart in der 1. und 2. Mannschaft. Aufgefallen ist er immer wieder mit eindeutiger Nazikleidung und Symbolik. Außerdem machte Lange mit rassistischen Sprüchen auf dem Fußballplatz und im Umfeld wiederholt unangenehm auf sich aufmerksam. Er ist mit anderen einschlägigen Nazis Mitglied in der Wismut-Fangruppierung Reußenfront, die sich zudem im Umkreis des Motorradclubs Stahlpakt Gera bewegt. Dort sind ebenfalls langjährige Nazis aus rechtsmilitanten Strukturen aktiv. Lange begleitete die Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie von Beginn an.

Kay Lange
Kay Lange

Fabian Matthes ist ein Geraer Nazi aus dem aktionistischen Umfeld diverser Geraer Nazikameradschaften. Er begann sein Engagment in der extrem rechten Szene um das Jahr 2010. Seitdem verankerte er sich immer tiefer in der Szene und festigte sich ideologisch. Er nahm an unzähligen Aufmärschen und Festivals teil und besuchte darüber hinaus Buchlesungen von Udo Voigt in der extrem rechten „Bildungsstätte“ Rittergut Guthmannshausen oder den von Nazis aus ganz Europa abgehaltenen faschistischen „Tag der Ehre“ in Budapest 2019. Auf der ersten spontanen Demo gegen die Auflagen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nahm Fabian Matthes mit einem Solidaritäts-Shirt für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil. Seither taucht er regelmäßig auf den „Spaziergängen“ auf.

Fabian Matthes
Fabian Matthes

Peter Pichl ist ein langjähriger Aktivist der extremen Rechten aus dem Geraer Kameradschaftsmilieu. Viele Jahre war er in der NPD aktiv und übernahm Funktionen bei Aufmärschen, Festivals und Kundgebungen. Bis 2014 saß Pichl für die NPD im Gerarer Stadtrat. Mittlerweile hat er jedoch erfolgreich bei der AfD angedockt und ist Mitarbeiter des Thüringer AfD-Landtagsabgeordneten und unterlegenen Oberbürgermeisterkandidaten Dieter Laudenbach. Über die Hintergründe und Verstrickungen Pichls von der NSU-Geburtsstätte Thüringer Heimatschutz bis zur Geraer AfD berichteten wir an anderer Stelle bereits ausführlich.

Peter Pichl
Peter Pichl

Jens Peisker ist ein Nazi aus dem Umfeld des Geraer Motorradclubs Stahlpakt. Hier tummeln sich etliche Kader von Thüringer Nazi-Organisationen. Im örtlichen Vereinsheim wird jährlich die Wintersonnenwende gefeiert und auch sonst finden sich dort viele Bezüge zum Nationalsozialismus wie zum Beispiel Wehrmachtsnummernschilder und deutsche Dekowaffen aus dem 2. Weltkrieg. Peisker nahm unter anderem 2018 am Thügida-Aufmarsch in Gera teil.

Jens Peisker
Jens Peisker

Felix Staps ist ein Nazi aus dem Umfeld der mittlerweile aufgelösten rechtsoffenen Ultra-Gruppierung Ultras Gera 99 und nach wie vor aktiver Fan der BSG Wismut Gera. Seine Aktivitäten haben sich zuletzt auf die Nazi-Fangruppierung Reußenfront ausgeweitet. Staps beteiligte sich an mehreren regionalen Naziaufmärschen wie bspw. den Thügida-Demonstrationen 2016 in Jena und 2018 in Gera. Bei dem Überfall von Nazis auf Leipzig-Connewitz am 11.01.2016 koordinierten Staps und sein Umfeld die Thüringer Anreise, bevor sie von der Polizei festgesetzt wurden. Staps nimmt seit Ende 2021 regelmäßig an den Aktionen der Geraer Pandemieleugner*innen teil.

Felix Staps
Felix Staps

Lars Weber ist ein Geraer Security-Unternehmer und Nazi-Kampfsportler. Sein Unternehmen (Alpha DSD) bietet Sicherheitsdienste und eine Detektei an. Als Kampfsportler trainierten in seinem Gym verurteilte Holocaustleugner wie Marcel Wöll gemeinsam mit Geraer Nazihools. 2013 wurde Weber kurzzeitig Präsident des Geraer Fußballvereins BSG Wismut Gera. Er musste jedoch bald aufgrund seiner Naziverstrickungen zurücktreten. Da er eine Unterlassungsklage verlor, darf Weber seitdem rechtskräftig als Nazi bezeichnet werden. 2018 besuchte Weber die Veranstaltung Rock gegen Überfremdung in Apolda, die wegen massiver rechter Ausschreitungen mit mehreren Verletzten von der Polizei aufgelöst werden musste. Lars Weber nimmt regelmäßig an Aktionen der Geraer Pandemieleugner*innen teil.

Lars Weber
Lars Weber

Fabian Eller gehört zur extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen, deren Sprecher der verschwörungsgläubige Antisemit Frank Haußner ist. Eller nimmt regelmäßig an Veranstaltungen dieser Vereinigung teil. Zum Volkstrauertag 2020 in Gera legte er auf dem Ostfriedhof bei dem geschichtsrevisionistischen „Heldengedenken“ den Trauerkranz der Patrioten Ostthüringen ab. Neben den Besuchen einschlägiger Nazidemonstrationen (2019 bei der Identitären Bewegung in Halle, 2020 beim jährlichen geschichtsrevisionistischen Aufmarsch in Dresden) ist Eller auch auf AfD-Veranstaltungen häufig Teilnehmer: so zum Beispiel in Gera im Oktober 2020 oder in Weida im Mai 2021. Fabian Eller war von Beginn an bei den pandemieverharmlosenden Protesten dabei.

Fabian Eller
Fabian Eller

Evelyn Gropp ist im Stadtverband der AfD Gera seit 2020 die stellvertretende Sprecherin. Sie ist Rentnerin, studierte Kultur- und Literaturwissenschaftlerin und nach eigener Aussage jahrelang im Kulturbereich der Stadt Gera tätig gewesen. Heute schreibt Sie häufig im kostenlosen Hetzschmierblatt Neues Gera, welches von ihrem Parteikollgen Harald Frank herausgegeben wird. Hier teilt Gropp verschwörungsgläubige Legenden rund um die Coronapandemie, positioniert sich gegen die Aufnahme von geflüchteten Menschen oder bekennt sich, anlässlich des Volkstrauertages, zur Mitgliedschaft in der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen. Dort ist Gropp mit ihren verschwörungsgläubigen, antisemitschen und extrem rechten Postitionen bestens aufeghoben.

Evelyn Gropp
Evelyn Gropp

Eric Vogelgesang war zunächst Mitglied der Jungen Union. Aufgrund extrem rechter Äußerungen auf seinem Twitterkanal, die nicht mehr mit dem Grundgesetz und der Mitgliedschaft in der Jungen Union vereinbar waren, wurde er aus der Jugendvereinigung ausgeschlossen. Aus den selben Gründen kam es kurze Zeit später auch zum Ausschluss aus dem Jugendrat Gera, wie Vogelgesang auf Telegram mitteilte. Inzwischen ist er Mitglied bei der Jugendorganisation der AfD und fühlt sich dort inhaltlich offensichtlich gut aufgehoben und wird akzeptiert. Eric Vogelgesang läuft regelmäßig bei den als spontan inszenierten Aufmärschen mit. Gut gefällt er sich dabei in seiner Rolle als redenschwingender Anheizer. So hielt er am 18.01.2022 von der Terasse des Kultur- und Kongresszentrums Gera eine Rede gespickt mit dreisten Lügen, die bei dem verschwörungsgläubigen Publikum gut ankam.

Eric Vogelgesang
Eric Vogelgesang

Kay-Uwe Rath ist ein Nazi aus Bad Köstritz, der sich schon als Teenager in extrem rechten Kreisen bewegte. Bereits 2007 tauchte er auf Kundegebungen der NPD in Gera auf. Seitdem war er stets Helfer und Ordner auf dem Geraer NPDFestival Rock für Deutschland. Ausgehend vom Umfeld diverser Kameradschaften, welche der Szene der autonomen Nationalisten zugeordnet werden konnten, nahm Rath zwischen 2007 und 2019 an nahezu allen öffentlichen Veranstaltungen von NPD und Kameradschaften in Gera teil.

Kay-Uwe Rath
Kay-Uwe Rath

Ernst Herzum ist ein im Geraer Nazimilieu fest verankerter älterer Herr. Er umgibt sich immer wieder mit etablierten Figuren der extremen Rechten wie Christian Bärthel oder dem Greizer David Köckert. 2015 nahm er in Naumburg/Saale an einer Veranstaltung mit der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil, reiste 2019 zu einer Demonstration der Identitären Bewegung in Halle und besuchte 2020 den geschichtsrevisionistischen Nazi-Trauermarsch in Dresden. Herzum ist auf fast jeder Veranstaltung der Geraer AfD wie dem Volkstrauertag auf dem Ostfriedhof oder Demos gegen die Aufnahme geflüchteter Menschen zu finden. Darüber hinaus besuchte er alle Thügida-Mobilisierungen in Gera.

Ernst Herzum
Ernst Herzum

Jörg Krautheim ist ein seit Anfang der 90iger Jahre in Gera aktiver Nazi. Er war in verschiedenen Organisationen der extremen Rechten wie der im Thüringer Heimatschutz organisierten Kameradschaft Gera, der FAP, der NPD und zuletzt der Partei Die Rechte aktiv. Dabei fungierte er stets als Bindeglied zwischen in Parteien organiserten Nazis und autonomer agierenden sogenannten „freien Kräften“. Seit 2015 nahm Krautheim an rassistischen Mobiliserungen vom Altenburger Bürgerforum und Wir lieben Gera gegen die Aufnahme von geflüchteten Menschen teil. Dabei übernahm er organisatorische Aufgaben. Ralf Wohlleben, verurteilter NSU-Helfer, benennt ihn im Münchner Prozess als Teil der Nazi-Unterstützerstrukturen in Thüringen.

Jörg Krautheim
Jörg Krautheim

Luca Strobel ist ein jugendlicher extrem rechter Aktivist aus Wünschendorf bei Gera. Er wurde 2021 fester Bestandteil der neonazistischen Kleingruppe Freie Jugend, die er maßgeblich koordiniert. Er nahm seither an vielen sogenannten „Coronaprotesten“ in Gera, Greiz und Zeulenroda teil, bei denen man sich mit Fahnen und Pyrotechnick inszenierte. Strobel ist mit seiner Freien Jugend auffällig stark an etablierte Nazinetzwerke wie die Patrioten Ostthüringen, die Neue Stärke Partei und die AfD angebunden. Über den Online-Shop des einschlägig bekannten Hallenser Nazis Sven Liebich vertreibt Strobel unter anderem Bekleidung der Freien Jugend. Mit Beatrice Fischer nahm Luca Strobel am 11.12.2021 an der Kundgebung der extrem rechten Kleinstpartei Neue Stärke in Gera teil.

Luca Strobel
Luca Strobel

Sidney Sambale ist ein auch in Gera sehr aktiver Nazi aus dem Burgenlandkreis. Er war 2010 Beisitzer im NPD-Kreisverband Burgenlandkreis und kandidierte 2014 zu den Kreistagswahlen für die dortige NPD. Sambale ist in den letzten 12 Jahren regional und überregional reger Besucher rechter Demonstrationen und Veranstaltungen, beispielsweise auf dem jährlichen NPD-Festival in Gera, das bis 2017 stattfand, darüber hinaus in Dresden zum Nazitrauermarsch, in Saalfeld am 01.05.2015 oder in Plauen am 01.05.2016. Sambale gehört zu den TäterInnen, die am 11.01.2016 den Leipziger Stadtteil Connewitz überfielen.

Sidney Sambale
Sidney Sambale

Reiko Pflug ist Mitglied im AfD-Stadtverband Gera und Mitarbeiter von Wolfgang Lauerwald, Fraktionsmitglied der AfD im Thüringer Landtag. Der gelernte Koch orientierte sich 2014 zunächst zum Kreisverband der NPD Gera und besuchte mehrere Kundgebungen, so unter anderem am 13.09.2014 zum Wahlkampf in Gera mit dem vorbestraften damaligen „Spitzenkadidaten“ der Thüringer NPD Patrick Wieschke. Seit 2016 hat er sich der AfD angeschlossen und ist von da an auf fast jeder Veranstaltung oder Aktion der Geraer AfD zu finden, stets auch als fleißiger Helfer beim Aufbau von Kundgebungen oder Organisation von Demonstrationen.

Reiko Pflug
Reiko Pflug

Maurice Mischek ist ein Nazi aus Weida, in der Nähe von Gera. Um 2018 schloss er sich der Nazi-Kleinstpartei III. Weg an und besuchte viele Kundegbungen und Demonstrationen, regional und überregional. So war er unter anderem bei Thügida-Aufmärschen in Gera, bei Demonstrationen vom III. Weg in Plauen oder beim geschichtsrevisionistischen Trauermarsch in Dresden dabei. Seit neuestem hat Mischek die Partei III. Weg verlassen und ist ihrer lokalen Alternative Neue Stärke beigetreten. Deren regionaler Verband Neue Stärke Gera läuft auch stets bei den „Montagsspaziergängen” mit.

Maurice Mischek
Maurice Mischek

Bryan Kahnes ist ein seit 2011 aktiver Geraer Nazi aus dem aktionistischen Kameradschafts- und Parteimilieu. Anfangs nahm er an fast allen NPD-Veranstaltungen in Gera teil, auf denen er u.a. Redebeiträge als „unabhängiger Kamerad“ hielt. Seit 2018 orientierte Kahnes sich zur extrem rechten Partei III. Weg. Als es 2020 zum Bruch der Thüringer Nazistrukturen mit dem III. Weg kam, mussten Kahnes und Kameraden sich neu organisieren. In der extrem rechten Kleinstpartei Neue Stärke fand Bryan Kahnes ein neues ideologisches Zuhause. Die Partei gründete am 01.05.2021 die Sektion Gera – mit der Übergabe einer Art „Standarte“ an Bryan Khanes wurde dies offiziell besiegelt. Im November 2021 folgte der erste Bundesparteitag der Nazi-Resterampe, auf dem Kahnes als einer von zwei Bundesvorsitzenden der Neue Stärke Partei (NSP) gewählt wurde. Diese Partei zeichnet sich wie schon der III. Weg durch nationalsozialistische Anleihen in Symbolik und Auftreten ihrer Mitglieder aus.

Bryan Kahnes
Bryan Kahnes

Michel Fischer, ein Nazi aus Tannroda im Weimarer Land, kann eine lange Karriere in der extremen Rechten vorweisen. Seit 2011 bewegt er sich auf unterschiedlichsten Demos in Thüringen und ganz Deutschland. Fischers Weg ging dabei über Kameradschaften wie die Aktionsfront Erfurt aber auch Parteistrutkuren wie Die Rechte und den III. Weg. Aufgrund seiner Persönlichkeit und seines blinden Aktionsismus ist er in der Szene durchaus höchst umstritten und überwarf sich in der Vergangenheit immer wieder mit den Gruppen, in denen er sich organisierte. Symptomatisch für Fischers Horizont ist ein Fall, bei dem er 2013 in Tannroda gemeinsam mit seinem Vater ein Kind verprügelte, von dem er behauptete, dass es Naziaufkleber entfernt hätte. 2013 kommt es durch Inititive der NPD schließlich zu einer Distanzierung fast aller Thüringer Nazigruppen von seiner Person, der „Spalterei“, „Profilneurose“ und „qualitativ minderwertige Veranstaltungen“ vorgeworfen wurden. Michel Fischer jedoch bleibt der Szene treu und ist heute neben Bryan Kahnes der zweite Bundesvorsitzende der Nazipartei Neue Stärke.

Michel Fischer
Michel Fischer

Sabrina Töpfer ist ebenfalls Parteimitglied bei der den Nationalsoziamismus verherrlichenden Partei Neue Stärke. Sie stammt nach eigenen Angaben aus Magdeburg und wohnt offenbar mittlerweile in Erfurt. Auf Veranstaltungen oder Demonstrationen der Neuen Stärke trat Töpfer immer wieder als Rednerin auf, zum Beispiel am 11.09.2021 in Braunschweig und am 11.12.2021 bei der Kundgebung in Gera. Sie lief regelmäßig mit anderen VertreterInnen der Neuen Stärke auf den sogenannten „Spaziergängen“ in Gera mit.

Sabrina Töpfer
Sabrina Töpfer

Florian Rassbach ein Nazi aus Erfurt. Er gehört zum Nachwuchs der Neue Stärke Partei und trat bereits als Redner auf Kundgebungen der Partei in Weimar auf. Zur Kundgebung der Neuen Stärke am 01.05.2021 in Erfurt koordinierte er Anreisende. Rassbach war am versuchten Angriff auf das AJZ in Erfurt in der Nacht zum 03.10.2021 beteiligt. Seit Neuestem beteiligt er sich an Kundegebungen der Neuen Stärke in Gera und an den sogenannten „Spaziergängen“ am Montag.

Florian Rassbach
Florian Rassbach

 

Die Interpretation, dass die Proteste gegen Auflagen zur Eindämmung der Coronapandemie von extremen Rechten unterwandert sei oder dass die Bereitschaft zur Gewalt quasi von außen kommt, ist nicht richtig. Nazis, RassistInnen, Verschwörungsgläubige und AntisemitInnen sind, wie viele umfangreiche Artikel und Recherchen gezeigt haben, von Beginn an Teil dieser „Spaziergänge“ auch in Gera.

Geraer Nazis übernehmen Organisierungs- und Koordinierungsaufgaben. Bestes Beispiel hierfür ist Christian Klar: In Telegramchats kündigt er Feuerwerke und andere Überraschungen an – die vielen illegalen Feuerwerke standen oft als Signal für den Start der „Spaziergänge“. Er behauptete außerdem in Telegramgruppen, sich mit Polizist*innen abzusprechen.

Bei drohenden Auseinandersetzungen wird oft nach den „starken Männern“ gerufen; Konfrontationen mit Polizist*innen werden von einschlägig bekannten Nazis aktiv gesucht. In der (vermeintlichen) Anonymität von Telegram wird insbesondere von Rechten massiv zu Straftaten aufgerufen oder Andersdenkende, Vertreter*innen von staatlichen Institutionen und gewählte Mandatsträger*innen bedroht. Wie das Beispiel Gera zuletzt zeigte, können diese Bedrohungen dann auch in der Anonymität einer größeren Masse ganz real umgesetzt werden:
So zog die als spontan inszenierte Demonstration am 18.01.2022 an der Wohnung des Geraer Oberbürgermeisters vorbei und erzeugte mit Taschenlampen, mit denen die Fenster abgeleuchtet wurden, und unter lautem Gebrüll eine Drohkulisse. Ein weiteres Beispiel aus Gera: Am 14.02.2022 wurden Menschen, die sich zuvor am solidarischen Gegenprotest beteiligt hatten, bis zum Büro der Linken verfolgt. Hier wurde dann mit „Volksveräter“-Rufen und starkem Trommeln an die Scheiben des Büros, den ins innere des Gebäudes Geflüchteten gedroht.

Gewalt gegen Andersdenkende, gegen Vertreter*innen von staatlichen Institutionen oder von Medien wurde immer wieder von Nazis propagiert und letzendlich praktiziert. Wenn „normale Bürger*innen” nun gemeinsam mit diesen auf „spontan“ inszenierten Demonstrationen laufen, wird das gewaltvolle Auftreten der Nazis letztendlich durch die Masse legitimiert. Dass Elemente der menschenverachtenden Ideologie dieser Nazis von Teilen der Bürger*innen übernommen werden, liegt nahe; eine Distanzierung davon findet nicht mehr statt. Sattdessen scheint die bereits seit längerem zu beobachtende verbale Radikalisierung immer mehr in offene Gewalt umzuschlagen.

Die „Bürgerlichkeit“ scheint verroht und der rebellisch-autoritäre Typus kommt vor allem in Ostdeutschland immer mehr zum Vorschein. In den neuen Bundesländern hat extreme rechte Gewalt seit den 90iger Jahren eine lange traurige Tradition: Zur Bürgerlichkeit im Osten gehört der Nazi aus den 90igern mittlerweile fest dazu. Hier wird sich eben nicht distanziert, man kennt sich und teilt auch noch die Erfahrung, wie einst ein verhasstes System durch Protest auf der Straße zusammenbrach.

Eine Pauschalisierung aller Menschen, die bei den sogenannten „Spaziergängen“ mitliefen, als Nazis liegt fern. Wer allerdings Seite an Seite mit Nazis läuft, wer sich nicht von verbaler Radikalisierung und handfesten Angriffen auf Andersdenkende distanziert, macht sich ganz einfach mitschuldig, wenn Nazis ihre menschenverachtende Ideologie mit Gewalt in die Tat umsetzen.

 

Abstandslos durch die Nacht: Pandemieleugner*innen und Neonazis in Ostthüringen

“Spaziergang” in Greiz am 11.12.2021: Bürger*innen und die Neonazi-Partei Neue Stärke
„Spaziergang“ in Greiz am 11.12.2021: Bürger*innen und die Neonazi-Partei Neue Stärke [Bild: Screenshot youtube]

In Mitteldeutschland gehen aktuell flächendeckend Leugner*innen der Corona-Pandemie gemeinsam mit Neonazis auf die Straße. Ihr Protest soll sich nach eigener Aussage gegen die neuerlichen Maßnahmen zum Schutz vor der Ausbreitung des Corona-Virus und gegen die aufkommenden Debatten zur Einführung einer Impfpflicht richten. Doch viele Teilnehmende treten für eine anti-soziale, unsolidarische, wissenschaftsablehnende Gesellschaft ein, vielfach getragen durch den Glauben an im Kern antisemitische Verschwörungsmythen. In Thüringen fanden zuletzt bis zu 25 solcher Aufmärsche gleichzeitig statt. Die Teilnehmendenzahlen reichten dabei von wenigen Dutzend bis zu mehreren Tausend. So marschierten am 04.12.2021 ca. 1500 Menschen durch Greiz und geschätzte 3500 Personen am 03.01.2022 durch Gera. Allerorts gehören organisierte Neonazis zu den Teilnehmer*innen der Proteste, mancherorts gehen auch die Organisation und mediale Begleitung auf Nazistrukturen zurück. Markantestes Beispiel ist ein weiteres Mal Gera, wo ReichsbürgerInnen und Neonazis seit Mitte 2020 Proteste organisieren, denen sich hunderte Menschen anschließen. Bei der jüngsten Aktion des rechten Unternehmers Peter Schmidt verschenkte am 09.12.2021 in Gera ein als Weihnachtsmann verkleideter Neonazi-Aktivist Geschenke an Kinder, während ein verurteilter Shoa-Leugner christlich-fundamentalistische Kalender an Kinder und Nürnberger Kodizes an Erwachsene verteilte, um die Corona-Impfungen mit den NS-Menschenversuchen an KZ-Häftlingen zu vergleichen. Die Presse titelte dazu „Unternehmer überraschen Kinder“. Polizei und Verfassungsschutz verorteten, wie immer fehlinformiert, die Ostthüringer Mobilisierung bei den Freien Sachsen. Antifaschistische Recherche hat schon seit Beginn der Pandemie auf die Ostthüringer Nazistrukturen und ProtagonistInnen hingewiesen (Artikel zu Überschneidungen mit Thügida , Frank Haußner und der AfD, den Patrioten Ostthüringen, der Geraer AfD und den Nazistrukturen der „Miteinanderstadt Gera“), denen sich aktuell erneut hunderte rechte Bürger*innen anschließen. Mit dem folgenden Überblick soll ein weiteres Mal aufgezeigt werden, dass die Proteste keineswegs spontan oder bunt gemischt sind – sie werden überwiegend von organisierten Nazis geplant oder stellen eine Zusammenarbeit aus rechtsoffenen Bürgerlichen und Neonazis dar, die sich in ihrer antisemitischen Verklärung der Corona-Pandemie einig sind.

Jena

An den ersten Protesten gegen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz kamen in Jena Mitte 2020 verschiedene politische Spektren auf dem Holzmarkt zusammen: Eltern mit Kindern der Waldkindergärten oder der Waldorfschule, rechte Verschwörungsgläubige wie Winfried Merkel in Shirts mit „9/11 Inside Job“ oder Marcel Waschek von der neofaschistischen Identitären Bewegung. Die damals noch von „Widerstand 2020“ auch in Jena propagierte Vorstellung einer Meinungsdiktatur bildete das einende Band dieser Spektren. Bald gehörten auch der Neonazi-Hooligan Tilo Webersinke oder der Normannia-Burschenschafter und antisemitische Hetzer Wilhelm Tell (ehemals Die Republikaner) zu den regelmäßigen TeilnehmerInnen. Tell verbreitete Lügenmärchen, dass der antisemitische Attentäter von Halle ein von Behörden gesteuerter Migrant gewesen wäre und nennt Youtube bevorzugt „Judtube“. Webersinke schwadronierte jüngst via Telegram, dass man sich im „Krieg“ befände und er deshalb immer ein Messer bei sich trüge. Mit diesen Neonazis machen sich die Pandemieleugner*innen aus dem eher bürgerlichen Spektrum seither gemein. Auch an den antisemitischen „Ungeimpft“-Davidsternen störten sich die Jenaer Aktivist*innen bisher nicht. Sie stellen auch den bis heute harten Kern der „Freiheitsboten Jena“ mit ihrem Aktionsrepertoire der regelmäßigen Spaziergänge, Gesangsaktionen oder Tänze dar. Die „Freiheitsboten“ sind eine bundesweit agierendes Netzwerk von Pandemieleugner*innen, deren unzählige Lokalgruppen sich ursprünglich zur Verteilung von Flyern mit Desinformation gegründet hatten. Seitdem tauschen sie sich in Facebook- und Telegramgruppen aus und verabreden sich zu Aktionen. Dazu gehören neben der Musikerin Corinna Gehre auch Ivonne Nöhren von „Bürger für Thüringen“. Nöhrens Aktivist*innen waren es, die mit der zunächst erfolgreichen Klage gegen die Maskenpflicht für ihr Kind einem Weimarer Familienrichter eine Hausdurchsuchung einbrachte. Die Klage war inklusive Erfolgsversprechen vorab mit dem Richter über einen internen Kanal von Pandemieleugner*innen abgesprochen worden, der von Nöhren administriert wurde.¹ Der Schulterschluss zwischen Personen wie Nöhren und Gehre mit Antisemiten wie Tell und rechten Schlägern wie Webersinke wird hartnäckig mit ihrem Gerede von „Liebe und Toleranz“ und Weihnachtsliedersingen verschleiert. Mit Jens Thino Friedrich gehört ein weiterer gut vernetzter Rechter zu den Jenaer Organisator*innen der Proteste, der auch dem Reichsbürgerspektrum zugeordnet werden kann. Friedrich schreibt u.a. für das neofaschistische Compact-Magazin und gibt im Selbstverlag rechte Pamphlete heraus. Seit November 2021 kommen zu den wöchentlichen Aktionen auch die Höcke-Vertraute Wiebke Muhsal (AfD) oder der Neofaschist Lars Seyfarth, der zu den früheren politischen Weggefährten des NSU-Helfers Ralf Wohlleben zählt. Seyfarth, der 2016 aus dem Kreis Heilbronn zurück nach Jena zog, suchte zum Jahreswechsel 2011/2012 nach der Verhaftung des NSU-Helfers Kontakt zu dessen Frau, um Unterstützung anzubieten.

Ivonne Nöhren (rot) und Wilhelm Tell (grüne Mütze) bei “Bürger für Thüringen” in Erfurt am 03.11.2020.
Ivonne Nöhren (rot) und Wilhelm Tell (grüne Mütze) bei „Bürger für Thüringen“ in Erfurt am 03.11.2020 [Foto: OTZ]

Kahla

In der Kleinstadt Kahla blieb es im Verlauf der Pandemie zunächst erstaunlich lange ruhig. Wie schon an anderer Stelle resümiert, ist die dortige rechte Szene durch Wegzüge von Führungskadern in einer gewissen Lethargie versunken. Die Kahlaer Aktivisten der neofaschistischen Gruppe Aufbruch & Erneuerung um Ralph Oertel beteiligten sich zwar mit Einzelpersonen an den Protesten von Pandemieleugner*innen in Leipzig oder Weimar, vermeiden es bislang aber, in Kahla offen aufzutreten. Am 03.12.2021 kam es dann zum ersten größeren Protest auf dem Kahlaer Markt, bei dem sich ca. hundert Personen rund um den Weihnachtsbaum versammelten. Aufbruch & Erneuerung verteilten nach Eigenangaben hundert Flyer. Kurz darauf rief die militante Neonazi-Aktivistin Franzy Schulz zu einer Wiederholung am 10.12. auf. Die maßgebliche Mobilisierung lief, wie schon zu früheren Anlässen, über die über 2000 Mitglieder große Facebook-Gruppe „Kahla – eine Stadt, eine Liebe“, zu deren Administrator*innen mit Evelyn Kruppe eine langjährige Rechte und gute Freundin von Schulz zählt. Als am 10.12. der Kahlaer Markt durch eine antifaschistische Kundgebung besetzt war, versammelten sich die Pandemieleugner*innen und Nazis vor der Kirche. Die Polizei stellte hier von 84 Personen Identitäten fest. Unter den Teilnehmer*innen waren neben einem Anhänger der Neonazi-Kleinstpartei Neue Stärke auch Evelyn Kruppe und der Jenaer Neonazi Lars Seyfarth. Seyfarth ist seit Wochen bei allen Aktionen der Pandemieleugner*innen in Jena dabei. Er war während seiner Zeit im württembergischen Enz-Kreis bei Die Rechte aktiv und zählt in Jena zum engen Umfeld der Burschenschaft Normannia. Mit Normannia-Mitgliedern führte Seyfarth 2016 Aktionen im Namen der Jenaer Ortsgruppe der Identitären Bewegung durch. Am 17.12. endete ein erneuter Protestspaziergang in Kahla im Polizeikessel. Hier war mit Marcel Waschek ein weiterer ehemaliger Aktivist der Identitären dabei, der inzwischen zu Aufbruch & Erneuerung gezählt werden kann.

Evelyn Kruppe (m. Becher) und Lars Seyfarth (m. Brille) im Polizei-Kessel in Kahla am 10.12.2021
Evelyn Kruppe (mit Becher) und Lars Seyfarth (mit Brille) im Polizei-Kessel in Kahla am 10.12.2021 [Foto: MDR]

Eisenberg

Schon zu Jahresbeginn formierte sich in Eisenberg ein neues Netzwerk von Pandemieleugner*innen unter dem Titel „Schweigemarsch Eisenberg“. Unter Führung von Heiko Donath, der bis dato noch nicht als politischer Aktivist in Erscheinung getreten war, wurde erstmals am 20.02.2021 demonstriert. Auf dem OTZ-Foto dazu war ein früherer Mitorganisator der neonazistischen Thügida-Aufmärsche mit Protestschild zu sehen. An der Kundgebung beteiligten sich auch der Eisenberger Bürgermeister Michael Kieslich und Thüringer CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Voigt. Voigt meinte, man müsse „im Gespräch bleiben“. Vier Wochen später läuteten Voigts Gesprächspartner*innen dann zusammen mit Hermsdorfer und Stadtrodaer Pandemieleugner*innen die antisemitische „Aktion Kinderschuhe“ ein. Vor öffentlichen Verwaltungen wurden zahlreiche Kinderschuhe abgestellt, um vorgeblich für Kinderrechte zu protestieren. Die Shoa-relativierende Absicht der Aktion wurde danach von Vertreter*innen der jüdischen Gemeinde kritisiert, die daran erinnerten, dass diese Symbolik Teil der Gedenkkultur an jüdische Kinder ist, die in ehemaligen KZs ermordert wurden. Im Juni verkleideten sich Donath und KameradInnen dann für eine Kundgebung in schwarzen Kutten und posierten mit verschwörungsmythischen Schildern: „Zu lange sind wir den falschen Propheten gefolgt“. Am 25.11. stand Donath mit dem Antisemiten und Reichsbürger Frank Haußner vor einer Menge aus Neonazis, Hooligans, AfD-Abgeordneten und Shoa-LeugnerInnen in Gera, um die Menge zum Aufmarsch durch die Innenstadt aufzurufen.

Heiko Donath (Mitte) mit einem verschwörungsmythischen Schauspiel des “Schweigemarsch Eisenberg” am 19.06.2021
Heiko Donath (Mitte) mit einem verschwörungsmythischen Schauspiel des „Schweigemarsch Eisenberg” am 19.06.2021 [Bild: Screenshot youtube]

Hermsdorf

Die Hermsdorfer Fotografin und Grafikdesignerin Annett Bräutigam schloss sich schon im März 2021 der antisemitischen „Aktion Kinderschuhe“ an. Im Herbst initiierte sie dann zusammen mit dem Eisenberger Heiko Donath „Ich mach da nicht mit!“. Gemeinsam organisierten die beiden in den vergangenen Monaten regelmäßige Montagsdemonstrationen in Hermsdorf, bei denen gegen die Pandemieschutzbestimmungen gewettert wird. Annett Bräutigam verkauft inzwischen auch Westen mit dem Schriftzug der Initiative. Am 15.11. gesellten sich zu den Organisator*innen des Protestes auch Frank Haußner aus Zeulenroda und Christian Klar aus Gera. Beide können zu den Patrioten Ostthüringen gezählt werden. Christian Klar ist schon seit über zwanzig Jahren Teil der Neonaziszene, damals noch im Umfeld von Blood & Honour Gera. Er war seit 2016 bei Thügida, dem III. Weg oder Solidaritätsaufmärschen für die Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck dabei und hat sich seit Mai 2020 stark in den Protesten gegen Corona-Schutzmaßnahmen engagiert. Zu den Hermsdorfer Mitorganisator*innen zählt auch Max Thomas, Torwart des SV Hermsdorf. Thomas nahm mit seinem Zwillingsbruder Paul am 1. Mai 2021 an der Kundgebung der Neonazi-Partei Neue Stärke in Erfurt teil. Am 20.11.2021 war Max Thomas auch bei der Kundgebung von Die Basis in Jena.

Christian Klar und Frank Haußner (oben 1. u. 2.v.l.) bei “Ich mach da nicht mit!” in Hermsdorf am 15.11.2021
Christian Klar und Frank Haußner (oben 1. u. 2.v.l.) bei „Ich mach da nicht mit!” in Hermsdorf am 15.11.2021 [Bild: Screenshot youtube]

Stadtroda

Die Jenaer Aktionen werden schon seit vergangenem Jahr stark von Personen aus Stadtroda mitgetragen. Dazu gehört Saskia Graupe von der Pandemieleugner*innen-Partei Die Basis. Die Shoa-relativierende „Aktion Kinderschuhe“ wurde in Stadtroda von Grit Bruna-Schweitzer im Namen der „Freiheitsboten Holzland“ organisiert. Die „Freiheitsboten“ sind eine bundesweite Vernetzung von Pandemieleugner*innen, deren unzählige Lokalgruppen sich ursprünglich zur Verteilung von Flyern mit Desinformation gegründet hatten. Seitdem tauschen sie sich in Facebook- und Telegramgruppen aus und verabreden sich zu Aktionen. Mit Thomas Spreitzer aus Stadtroda wurde ein früherer Besucher des inzwischen abgerissenen Jenaer Wohnprojektes Am Inselplatz, der zeitweise zumindest als bauchlinks beschrieben werden konnte, zu einem der aktivsten Hetzer der Jenaer Pandemieleugner*innen. Spreitzer, Mitglied bei Die Basis, verbreitet auf dem Youtube-Kanal „Liebe & Wahrheit – Blumen der Freiheit“ Handyvideos, die Teilnehmer*innen der verschiedenen Aufmärsche aufnehmen. Darunter war auch die Rede von Frank Haußner in Weimar am 22.02.2021, in der er in seiner bekannten antisemitischen Manier gegen einen „aufgezwungenen Schuldkult wegen zwölf Jahren Geschichte“ hetzte, und von einem Volk schwadronierte, das „sich von dunklen Gestalten (…) mit Lügen in Todesangst versetzen“ und von „unproduktiven Parasiten“ ausbeuten ließe. Thomas Spreitzer verbreitete schon im Frühjahr 2020 im Netz Shoa-relativierende Bilder des Eingangs von Auschwitz mit „Impfen macht frei“ und kommentierte dazu: „Auschwitz gehörte der PHARMA! (…)“. Diese postete er auch in der von ihm administrierten Facebook-Gruppe „Freidenken in Jena…“, wo es keinerlei Widerspruch gab. In derselben öffentlichen Gruppe veröffentlichte er auch ungeschwärzte Screenshots von Chats linker Querdenken-Kritiker*innen, die er aus größeren Jenaer Chatgruppen kopierte.

Von bauchlinks nach ganz rechts: Thomas Spreitzer aus Stadtroda mit antisemitischen Facebook-Posts
Von bauchlinks nach ganz rechts: Thomas Spreitzer aus Stadtroda mit antisemitischen Facebook-Posts [Bild: Facebook]

Rudolstadt

Auf dem Marktplatz kamen am 26.11.2021 hunderte Menschen zusammen, viele davon mit Kerzen. Nachdem Familien mit Kindern ihre Teelichter rund um den Marktbrunnen aufgestellt hatten, marschierte geschlossen eine Gruppe jüngerer Neonazis, darunter Anhänger der Neue Stärke Erfurt mit Fackeln auf den Markt und nahm Aufstellung rund um den Marktbrunnen. In der Menge der Pandemieleugner*innen standen u.a. der Thügida-Mitgründer Ralf Gabel aus Kamsdorf und der frühere NPD-Politiker Matthias Brandt, Onkel des früheren Schwarzaer Neonazi-Kaders und NSU-Helfers Tino Brandt. Als die Polizei einen Teilnehmer zur Personalienfestellung abführte, bildete sich ein pöbelnder Mob, zu dem auch der Rudolstädter Neonazi Sebastian Hoffmann gehörte. Hoffmann ist Teil der militanten Naziszene und gehört zum engen Umfeld der Neonazi-Mafia Turonen – Garde 20. Wohlgemerkt ist es Rudolstadt gewesen, von wo aus der katastrophale Tod von bislang 28 Bewohner*innen infolge eines Corona-Ausbruchs in einer Pflegeeinrichtung bundesweite Aufmerksamkeit erreichte. Die Mehrheit der Verstorbenen war ungeimpft und darin auch massiv von ihren Angehörigen bestärkt worden. Hoffmann und Brandt gehörten auch im Neujahr zu den Teilnehmer*innen eines neuerlichen Aufmarsches am 03.01.2022. Bei allen Rudolstädter Aufmärschen seit Dezember 2021 liefen vermummte Anhänger der Neuen Stärke Partei mit Fackeln an der Spitze der Aufmärsche. Am 07.01.2022 wurden die lokalen Parteianhänger um Falk Seidl von den Erfurter Anführern der Kleinstpartei um Michel Fischer begleitet.

Ralf Gabel (1.v.l.) und Matthias Brandt (1.v.r., m. Schiebermütze) in Rudolstadt am 26.11.2021
Ralf Gabel (1.v.l.) und Matthias Brandt (1.v.r., mit Schiebermütze) in Rudolstadt am 26.11.2021 [Bild: Screenshot youtube]

Saalfeld

In der Saalfelder Fußgänger*innenzone versammeln sich seit Wochen regelmäßig hunderte Menschen, um bei Kerzenlicht im Gedränge Glühwein zu trinken und damit ihren Protest gegen Gesundheitsschutzmaßnahmen zum Ausdruck zu bringen. Hier standen sie am 01.12.2021 Seite an Seite mit Neonazi-Kadern wie Oliver Eismann aus Krölpa oder dem Neonazi-Hooligan Felix Reck, der für eine Reihe teils lebensgefährlicher Angriffe auf Antifaschist*innen und Fans des Carl-Zeiss-Jena verurteilt wurde. Auch Matthias Brandt und Ralf Gabel waren wieder bei den Saalfelder Versammlungen dabei. Zum 08.12. meldete dann der Landesvorsitzende von „Bürger für Thüringen“, Steffen Teichmann, eine Versammlung in Saalfeld an. Trotz seiner Beteuerungen, alle Auflagen respektieren zu wollen, kamen zu seiner Freude über 300 Menschen, die ohne Masken und Abstände die Fußgängerzone füllten.

Oliver Eismann (1.v.l.) und Kameraden in Saalfeld am 01.12.2021
Oliver Eismann (1.v.l.) und Kameraden in Saalfeld am 01.12.2021 [Bild: Screenshot youtube]

Zeulenroda

In Zeulenroda wurden schon im vergangenen Jahr ausdauernde Proteste vom dort ansässigen Reichsbürger Frank Haußner organisiert. Hier hielten im Dezember 2020 u.a. der AfD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Lauerwald aus Gera und der Shoa-Leugner und Neonazi Christian Bärthel Redebeiträge am selben Pult. In Triptis, Neustadt/Orla und Zeulenroda geht die neuerliche Mobilisierung zu Aktionen gegen die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erneut auch stark von der AfD Saale-Orla-Kreis Hartmut Lucas, Anja Bergneraus, deren Funktionäre Hartmut Lucas, Anja Bergner und Heiko Bergner de facto Teil der neonazistischen Netzwerke der Patrioten Ostthüringen sind. Auch Stadtrat Andreas Staps von Pro Zeulenroda läuft regelmäßig mit Trommeln an der Spitze der Aufmärsche. Staps verbreitet nicht nur jegliche rechte Verschwörungserzählung in Messenger-Diensten, sondern hat sich auch eine Reichsflagge und die Fahne der Patrioten Ostthüringen seines Zeulenrodaers Kameraden Frank Haußner in den Vorgarten gehängt. Weiterhin ist in diesem Kreis die 2021 entstandene neonazistische Kleingruppe Freie Jugend aktiv. Deren Protagonist Luca Strobel aus Wünschendorf/Elster verbreitete vom unangemeldeten Aufmarsch in Zeulenroda am 07.12.2021 Videos einer Pyrotechnik-Aktion. Strobel wuchs im Verlauf des Jahres 2021 vom Schüler-Aktivisten fest in die Netzwerke der AfD, Patrioten Ostthüringen und Neue Stärke Partei hinein. Am 11.12. beteiligte er sich dann neben der Neonazi-Aktivistin Beatrice Fischer an der Kundgebung der Neonazi-Kleinstpartei Neue Stärke in Gera. Die Freie Jugend vertreibt inzwischen auch eigene Kleidung über den Onlineshop des Hallenser Neonazis Sven Liebich. Am 15.1.2022 lief die Freie Jugend neben vermummten Anhängern von Neue Stärke an der Spitze des Aufmarschs durch Zeulenroda.

Die “Freie Jugend” (Luca Strobel links am Transparent) in Zeulenroda am 07.12.2021 und rechts Luca Strobel (blaue Jacke) bei der “Neuen Stärke Partei” in Gera am 11.12.2021; außerdem rechts (mit Brille): Olaf Wilke aus Gera
Die Freie Jugend (Luca Strobel links am Transparent) in Zeulenroda am 07.12.2021 und rechts Luca Strobel (blaue Jacke) bei der Neuen Stärke Partei in Gera am 11.12.2021; außerdem rechts (mit Brille): Olaf Wilke aus Gera [Bild: Screenshot Telegram; Foto: Micha Weiland]

Greiz

Schon der Aufmarsch von Pandemieleugner*innen und Neonazis am 04.12.2021 in Greiz machte Schlagzeilen, weil er von den dutzenden Aktionen in Thüringen mit geschätzten 1500 Teilnehmer*innen zu diesem Zeitpunkt der größte Aufmarsch war. Hier liefen bereits zahlreiche Neonazis mit, wie an Jacken von Thor Steinar, Mützen in den Farben des deutschen Reichs oder Jacken der rechtsterroristischen Rockergruppe Brigade 8 zu erkennen war. Von der rechten Kleingruppe Freie Jugend, die sich aus den Ostthüringer Protesten gegen die Gesundheitsschutzmaßnahmen heraus gründete, wurde Pyrotechnik gezündet. Aus Westsachsen waren Aktivisten der militanten Kaderpartei Der III. Weg dabei. Reichsbürger Frank Haußner feierte die Protestierenden dafür, dass sie „… den BRD-Bütteln die Stirn bieten“.
Als sich am 11.12.2021 ein ähnlicher Aufmarsch in Bewegung setzte, blockierte die Polizei teilweise Straßen und wurde dafür von den Teilnehmer*innen mit Fäusten und Flaschen angegriffen. Vorneweg marschierte der Saalfelder Neonazi Ralf Gabel in einem Pulk von vermummten Anhängern der Neue Stärke Partei um Bryan Kahnes, die am Mittag noch in Gera eine kleine Kundgebung abgehalten hatten. Aus der Gruppe heraus wurde vielfach Pyrotechnik gezündet.

“Neue Stärke” mit Maurice Mischek (2.v.l.), Bryan Kahnes (Mitte 2. Reihe) und dem Thügida-Mitgründer Ralf Gabel (braune Jacke) in Greiz am 11.12.2021
Neue Stärke mit Maurice Mischek (2. v.l.), Bryan Kahnes (Mitte 2. Reihe) und dem Thügida-Mitgründer Ralf Gabel (braune Jacke) in Greiz am 11.12.2021 [Bild: Screenshot youtube]

Gera

In Gera hatten bereits ab Mai 2020 die ersten größeren Aufmärsche von Bürgerlichen, Esoteriker*innen und Neonazis gegen die Corona-Schutzmaßnahmen stattgefunden. In unterschiedlicher Intensität und Zusammenstellung setzte sich dieses Geschehen über den Sommer und Winter 2020 fort. Ab Frühjahr 2021 etablierten sich dann die ReichsbürgerInnen und Neonazis aus den Kreisen der Patrioten Ostthüringen als HauptorganisatorInnen. An den insgesamt vier Autokorsos im April/Mai 2021 nahmen bis zu 150 Autos teil, teilweise mit schwarz-weiß-roten Fahnen verunziert. Als Hauptorganisator und Redner trat hier der verschwörungsideologische Antisemit Frank Haußner aus Zeulenroda auf, der kaum verschleiert zum Umsturz der staatlichen Verwaltung aufrief. Unter den Teilnehmer*innen waren Michael Hesse, der früher zur Kameradschaft Gera und damit dem Thüringer Heimatschutz gehörte, die III.Weg-Anhängerin Beatrice Fischer, aber auch AfD-Kommunalpolitiker wie Hartmut Lucas aus Burgk (Saale-Orla-Kreis). Nachdem im Sommer 2021 die Zahlen wieder auf nur 10-20 Teilnehmende sanken, bekamen die Geraer Aufmärsche ab November 2021 neuen Schwung. Unter dem Vorwand von vorweihnachtlichen „Lampionumzügen“ wurden in einer Kooperation des rechten Geraer Unternehmers Peter Schmidt, dessen neonazistischem Freund Christian Klar, Frank Haußner und dem Reichsbürger Marek Hallop mehrere Fackelmärsche abgehalten, an denen einige Hundert Menschen teilnahmen. Am 25.11. setzte diese Melange ihren Aufmarsch trotz eines landesweiten Demonstrationsverbots nach Verhandlungen mit der Polizei durch. Christian Klar lief als Weihnachtsmann verkleidet vorne weg, während ihm u.a. der bundesweit vernetzte Neonazi-Kampfsportler Martin Langner aus Schmölln, der verurteilte Shoa-Leugner Christian Bärthel aus Ronneburg, der Geraer Neonazi-Hooligan Felix Staps oder der AfD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Lauerwald folgten.

Shoa-Leugner Christian Bärthel (1.v.l.), Kameradschafter Fabian Matthes (2.v.l.), Neonazi-Kampfsportler Martin Langner (mittig halb verdeckt) und Protest-Koordinator Frank Haußner (1.v.r.) von den Patrioten Ostthüringen beim “Lampionumzug für Kinder” am 25.11.2021.
Shoa-Leugner Christian Bärthel (1. v.l.), Kameradschafter Fabian Matthes (2. v.l.), Neonazi-Kampfsportler Martin Langner (mittig halb verdeckt) und Protest-Koordinator Frank Haußner (1. v.r.) von den Patrioten Ostthüringen beim „Lampionumzug für Kinder” am 25.11.2021 [Bild: Screenshot youtube]

Am 09.12.2021 erreichte die Instrumentalisierung der Vorweihnachtszeit und von Kindern ihren vorläufigen Höhepunkt, als Peter Schmidt und seine inzwischen etablierte Neonazi-Struktur auf dem Hofwiesenparkplatz eine Weihnachtsmann-Geschenke-Aktion für Kinder organisierte. Christian Bärthel verteilte in Shoa-relativierender Absicht antisemitische Nürnberger Kodizes und die Neonazistin Beatrice Fischer schenkte Glühwein aus. Stargast war an diesem Abend der Chef der Thüringer AfD, Landolf Ladig alias Björn Höcke. Begleitet wurde Höcke von seinen zwei Mitarbeitern Martin Schieck und Robert Teske, die aus den Netzwerken der Identitären Bewegung kommen. Im Dezember entfaltete die Tätigkeit der Nazistruktur um die Patrioten Osthüringen ihre volle Wirkung, als am 21.12.2021 und 27.12.2021 jeweils 2000-4000 Menschen angeführt von regionalen Nazis und Rufen nach „Freiheit“ durch Gera zogen. Selbst aus Erfurt kam eine ganze Abordnung der Neonazi-Partei Neue Stärke nach Gera, denen die Erfurter Polizei Betretungsverbote für die Landeshauptstadt erteilt hatte. An vielen Orten in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen knüpften diese Proteste in revanchistischer Manier an Montagsproteste der DDR an. Staatliche Autoritäten bekamen die Veranstaltungen kaum unter Kontrolle und an vielen Orten in Thüringen konnten sich aggressive Neonazis und Bürgerliche ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei liefern. In Gera beschränkte sich die Polizei überwiegend auf das Regeln des Verkehrs um den Aufzug herum, statt gegen die massenhaften Verstöße gegen geltende Auflagen vorzugehen. Es bot sich ein düsteres Bild: Inmitten einer globalen Pandemie mit einem hochansteckenden Virus versammelten sich viele Personen überwiegend ohne Schutzmaßnahmen und trugen ihren Hass, gespeist aus antisemitischen Verschwörungsmythen, extrem rechten und anti-modernen Weltbildern und Ablehnung solidarischer Rücksichtnahme auf ihre Mitmenschen auf die Straße.
Die dadurch erfahrene Ermächtigung nutzten die Organisator*innen um den Neonazi Christian Klar, um am 18.1.2022 Hunderte von Pandemieleugner*innen zum Wohnhaus des Geraer Bürgermeisters zu mobilisieren, wo sie in der Dunkelheit Parolen skandierten und das Haus mit Taschenlampen beleuchteten. Klar steht symbolisch für die Verhältnisse in Gera, wo das Umfeld des NSU weiterhin politisch aktiv ist und kaum Widerstand aus der Gesellschaft erfährt. Christian Klar gehörte selbst zur Jahrtausendwende zu den Weggefährten des V-Mannes „Hagel“ und Sektionsleiters von Blood & Honour Thüringen, Marcel Degner. Klar zählte zu Degners näherem Umfeld und stand entsprechend auch mit seiner damaligen Handynummer in Degners Telefonbuch. Marcel Degner ließ nach dem Untertauchen des NSU-Kerntrios 1998 Einnahmen aus Rechtsrockkonzerten über Jenaer Kontakte an das Trio weiterleiten.

Organisator Christian Klar (r.) beim Aufmarsch am 3.1.2022 in Gera
Organisator Christian Klar (r.) beim Aufmarsch am 3.1.2022 in Gera [Bild: Screenshot youtube]
Gewalt mit Ansage

Infolge der Angriffe auf Polizist*innen in Greiz am 11.12.2021 meldete sich sogar die frischgebackene Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu Wort. Und auch in Thüringen zeigten sich Öffentlichkeit und Politik überrascht von der Gewalt. Dabei sind solche Angriffe erklärter Teil der Taktik vom Anführer der Ostthüringer Proteste und Netzwerke, Frank Haußner. Haußner hatte mit den Patrioten Ostthüringen bei den Massenprotesten in Leipzig am 07.11.2020 eine Speerspitze mit ihren „Schuldig“-Schildern gebildet, die mehrere Reihen Bereitschaftspolizei durchbrach und so den Aufmarsch auf dem abgeriegelten Stadtring ermöglichte. Dieser Durchbruch hatte speziell auf die ostdeutsche Szene der Pandemieleugner*innen eine ähnlich mobilisierende Wirkung wie es die Belagerung der Bundestagsstufen mit Reichskriegsflaggen im August 2020 auf die gesamte rechte Szene hatte. Denn der mit Gewalt durchgesetzte Marsch auf dem Stadtring konnte in den eigenen Propagandanetzwerken als Anknüpfung an die Leipziger Montagsdemos vor dem Mauerfall 1989 dargestellt und zum Sieg über den mit der DDR gleichgesetzten BRD-Staat verklärt werden. Frank Haußner selbst analysierte diesen strategischen Moment in einem auf Facebook verbreiteten Statement, in dem er auch klarmachte, dass ihm die Querdenken-Organisator*innen zu friedlich sind, da sie bislang nicht zum völkischen Aufstand aufrufen:

Frank Haußner analysiert die Strategie der Patrioten Ostthüringen, am 07.11.2020 als Speerspitze Polizeiketten in Leipzig durchbrochen zu haben
Frank Haußner analysiert die Strategie der Patrioten Ostthüringen, am 07.11.2020 als Speerspitze Polizeiketten in Leipzig durchbrochen zu haben [Bild: Screenshot Facebook]

Die Proteste der Pandemieleugner*innen sind mitnichten erst unter den Vorzeichen der seit dem 25.11.2021 eingeschränkten Versammlungsfreiheit in Gewalt umgeschlagen. Vielmehr ist diese Gewalt ein zentrales Ziel der Ostthüringer Netzwerke um Haußner, den Patrioten Ostthüringen und Teilen der AfD in Gera und dem Saale-Orla-Kreis, die seit Langem völlig offen den Umsturz propagieren. Antifaschistische Recherchen oder die zahlreichen Berichte der von Gewalt betroffenen Journalist*innen oder Gegendemonstrierenden am Rande von Aktionen der Pandemieleugner*innen haben dies von Beginn an bezeugt und analysiert.
Wie offen und kalkuliert die Gewalt der rechten Aufmärsche abläuft, verdeutlich ein Telegram-Post von Luca Strobel im Kanal der Freien Jugend: Ende 2021 verbreitete dieser ein Schaubild, das eine taktische Anleitung zum Durchbrechen von Polizeiketten darstellt. Betitelt als „gewaltfrei“ ruft Strobel dazu auf, mit Menschenmassen physischen Druck bis zum Durchbrechen von Polizeiketten auszuüben, während gleichzeitig links und rechts Teile der Masse ausscheren.

Anleitung zum Durchbruch von Polizeiketten von “Freie Jugend” auf Telegram am 29.12.2021
Anleitung zum Durchbruch von Polizeiketten von Freie Jugend auf Telegram am 29.12.2021 [Bild: Screenshot Telegram]
Autoritäre Freiheitskämpfer*innen

„Keine Diktatur!“ rufen die Gegner*innen von Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 allerorts. Sie berufen sich dabei wahlweise auf die Proteste vor dem Mauerfall 1989 oder auf den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Für die Gegenerzählung von individueller Freiheit werden sich zudem Slogans aus der antirassistischen, anti-Apartheids- oder feministischen Bewegung angeeignet. Hier zeigt sich der zutiefst autoritäre Charakter der Querdenker*innen und Pandemieleugner*innen: Es geht ihnen vor allem darum, dass sie ohne jegliche Rücksicht entscheiden wollen, wie sie sich im Kontakt mit anderen Menschen verhalten. Sie wollen ohne staatliche Vorgaben oder gesellschaftliche Aushandlung entscheiden, welche anderen Menschen sie in welcher Form einem erhöhten Ansteckungsrisiko mit Covid-19 aussetzen. Das Hinwegsetzen über die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen und die Ablehnung von sozialen Aushandlungsprozessen über solche, für viele Menschen existentiellen, Fragen, stellt ihrer Ideologie nach den Kern bürgerlicher Grundfreiheiten dar. Nun basiert die bürgerliche Ideologie tatsächlich auf dem (sozial-)darwinistischen Recht der*des Stärkeren. Wie wenig das mit Freiheit zu tun hat, kommt deren Vertreter*innen jedoch seither nicht in den Sinn. Wer etwa aufgrund einer verminderten Lungenfunktion nicht riskieren will, von hustenden Maskenverweigerer*innen im Zugabteil oder Büro angesteckt zu werden, meidet seit nun bald zwei Jahren das öffentliche Leben. Die absolute Minderheit der selbsternannten „Freiheitskämpfer*innen“ entscheidet somit über die Ausgrenzung dieser Mehrheit aus dem öffentlichen Leben und verschleiert diese autoritäre Haltung mit Schlagwörtern von Individualismus, Liebe und Freiheit.

Verschwörungsglauben – Antisemitismus

Bei weitem sind dies jedoch nicht alles „klassische“ Nazis, welche sich bei den aktuellen Protesten gegen die Pandemiemaßnahmen versammeln. Die Demonstrationen vereinen Teilnehmende aus alternativen, ökologischen bis hin zu bürgerlich-konservativen, aber eben auch völkisch-nationalistischen Gesellschaftsspektren. Langjährig aktive Kader der extremen Rechten nutzen die Mobilisierungsfähigkeit dieses Potentials leidlich aus, in dem sie an vorhandene Einstellungsmuster dieser Bevölkerungsteile anschließen. Dazu haben sie hier natürlich auch ein an Größe nicht zu unterschätzendes Publikum für ihr antisemitisches, verschwörungsgläubiges und extrem rechtes Weltbild. Zu überlegen wäre, was dieses Publikum nun derart eint in dieser Zahl auf die Straße zu gehen und eben kein Problem mit diesen „klassischen“ Nazis zu haben. Zu nennen ist hier eine gewisse Wissenschaftsfeindlichkeit unter einer Art Reflex der Antimoderne. Am ehesten äußert sich das vielleicht in der Ablehnung von Impfungen. Bündnisse mit völkischen und reaktionären Weltbildern liegen da auch historisch nicht so fern. Es ist in aktuellen soziologischen Debatten unbestritten, dass in Zeiten von existenziellen Krisen antisemitische und verschwörungsideologische Erklärungsmuster erheblich an Aufwind erfahren. Verschwörungsgläubige können für so hochkomplexe Fragen einfache „Erklärungen“ finden und statt sich mit gesellschaftlichen Problemen ernsthaft auseinanderzusetzen, wird die Schuld einer kleinen Gruppe zugewiesen. Zudem eint es unglaublich, zu einem quasi auserwählten Kreis zu gehören der die „Wahrheit“ erkannt hat. Die Ursache dafür, dass sich zu solchen „Erklärungs“-mustern nun auch Antisemitismus einfindet, ist wohl in der Vergangenheit zu suchen. Seit Jahrhunderten wird Jüdinnen*Juden die Schuld an Krisen zugewiesen und gleichzeitig unterstellt, sie würden mit dunklen Mächten das Geschehen steuern. Diese „Theorien“ sind nachgewiesenermaßen hunderte von Jahren alt und wurden in der Vergangenheit oft auch konfessionell begründet. Beunruhigend sind auf deutschen Demos von Pandemieleugner*innen unter anderem die gelben Sterne mit der Aufschrift „ungeimpft“ oder „Impfgegner“. Das stellt eine Trivialisierung der Shoah dar. Träger*innen dieser Sterne setzen die deutsche Demokratie mit der Diktatur des Nationalsozialismus und sich mit den Opfern der Nazis gleich. Wäre diese Annahme, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie genauso schlimm wie der Nationalsozialismus sind, stimmig – dann hätte der nationalsozialistische Versuch der physischen Vernichtung der europäischen Juden keine Bedeutung mehr. Der Schluss zu Äußerungen von AfD Funktionären wie „Schuldkult“, „Erinnerungsdiktatur“, „Vogelschiss“ und Forderungen nach einer „geschichtspolitischen Wende“ liegt damit mehr als nahe. Man kann dies auch als Motive des Modernen Antisemitismus sehen. Dies alles lässt sich nun aktuell bei einer Vielzahl von Aktionen und Demonstrationen der Pandemieleugner*innen beobachten.


In Zusammenarbeit mit dem Rechercheportal Jena-SHK.

 

¹ Beruhend auf einer entsprechenden Meldung des MDR hieß es in einer früheren Version fälschlicherweise, dass Nöhren selber Klägerin war.