Verrat, Volksverhetzung, Gewalt – Christian Klar und die „dunklen Flecken“

Christian Dietrich Klar (*07.07.1980) aus Gera gehört zweifellos zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. In einer Zeit, in der eine Krise die nächste jagt, konnte der notorisch kriminelle Neonazi Klar zur öffentlichen Person werden. Mit der Anmeldung eines Sommerfests in Gera am 26.08. und einer Versammlung am 03.10.2022 erreichte er den vorläufigen Zenit der Aufmerksamkeit. Selbst die Tagesschau berichtete über den Protest am Tag der deutschen Einheit in Gera, der bis zu 10.000 Personen auf die Straße brachte. Klar, der mit seinen Unterstützer*innen permanent Zusammenhalt predigt und sich als politisch verfolgter Wohltäter der Stadt präsentiert, ist ein vielfach vorbestrafter Opportunist, der in der Vergangenheit keine Skrupel zeigte, auch durch Verrat an seinen Mittätern den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wir werfen einen Blick auf seine kriminelle Laufbahn, die seine Selbstinszenierung in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Nazidemos, Volksverhetzung, Körperverletzung

Als Christian Klar 2020 zum wöchentlichen Besucher von Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen wurde, verfügte er bereits über eine mehr als zwanzigjährige Erfahrung in Sachen rechter Demonstrationen. Seit Ende der 90er Jahre bewegt er sich in Nazikreisen. Allein 1997, im Jahr als er seinen Realschulabschluss machte, handelte er sich zum einen mit Volksverhetzung und zum anderen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gleich zwei einschlägige Verfahren ein. Im gleichen Jahr stellte er auch seine physische Gefährlichkeit unter Beweis: Klar beging im November 1997 eine Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung.

Christian Klar (links unten mit weißem Poloshirt und Jacke über der Schulter) am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera
Christian Klar (1. v.l. unten mit weißem Poloshirt und Jacke über der Schulter) am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Am 4. September 1999 nahm Klar, der inzwischen seine Lehre zum Gas- und Wasserinstallateur abgebrochen hatte, an einer Großdemonstration der NPD und des Thüringer Heimatschutzes in Gera teil. Der Thüringer Heimatschutz, daran sei erneut erinnert, war diejenige Organisation, aus deren Mitte der u.a. für 10 Morde verantwortliche Nationalsozialistische Untergrund (NSU) hervorging. Auf der gleichen Demonstration waren auch die NSU-Helfer Ralf Wohlleben, André Kapke und Tino Brandt zugegen. Außerdem anwesend war der Blood-&-Honour-Chef Thüringens, Marcel Degner aus Gera, über den wir bereits ausführlich informierten. Dass Christian Klar zum näheren Umfeld des NSU-Unterstützers Degner gehörte, beweist auch der Eintrag von Klars Telefonnummer (0172/4866xxx) in Degners handschriftlichem Telefonbuch, das man bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte.
Die überregional einflussreiche Geraer Blood-&-Honour-Band Legion Ost grüßte im Booklet ihres 1996 erschienenen Albums Ohne Worte neben anderen Geraer Nazis auch „Klari“.

Legion Ost (Daniel Stärz, Raik Schumann, Jens Sattler, Jens Häfer) grüßen auf ihrem Album Ohne Worte neben “Riese” (Spitzname Marcel Degners) auch “Klari”
Legion Ost (Daniel Stärz, Raik Schumann, Jens Sattler, Jens Häfer) grüßen auf ihrem Album Ohne Worte neben „Riese“ (Spitzname Marcel Degners) auch „Klari“. [Bild: discogs]
Neben einem kleineren Delikt (Gestatten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis) hatte Klar 1999 erneut mit den Gerichten zu tun, als er sich wegen Landfriedensbruchs und Nötigung verantworten musste.

Betrug, Diebstahl, Drogenhandel, Verrat

Auch im neuen Jahrtausend beschritt Klar weiter den eingeschlagenen Weg des kriminellen Neonazis. Allein im Jahr 2002 ließ Klar sich drei Mal beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischen, was entweder von mangelnder Lernfähigkeit und Cleverness oder aber von aggressiver Ignoranz zeugen mag.
2003 fingierte Klar mithilfe mehrerer Bekannter einen Autounfall, um die Versicherungssumme zu kassieren. Wegen versuchten Betruges sollte Klar 2007 zunächst eine Freiheitsstrafe bekommen, im Berufungsprozess im Jahr 2008 wurde er dann aber zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt zu 3 Jahren Bewährung verurteilt.
Ebenfalls 2003 mieteten Klar und ein Mittäter ein Fahrzeug bei einer Autovermietung in Gera, zerlegten es, um die Einzelteile gezielt an polnische Staatsangehörige zu verkaufen, und meldeten das Auto dann als gestohlen. Wegen Betrugs und Unterschlagung wurde Klar 2004 zu 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die zu 2 Jahren Bewährung ausgesetzt wurden.
Klar wurde jedoch kurze Zeit später wieder straffällig, weswegen seine Bewährung widerrufen wurde. Klar hat die sechsmonatige Freiheitsstrafe vollständig verbüßt.

In den Jahren 2004 bis 2005 war Klar als selbstständiger Schrotthändler tätig. Die dabei erlangten Kenntnisse setzte er 2005 praktisch um: In drei Fällen von besonders schwerem Diebstahl, zwei davon begangen in Tateinheit mit Sachbeschädigung, entwendete er mehreren lokalen Betrieben Altmetall in großer Menge, um es weiterzuverkaufen – allein im April 2005 stahl er mit Unterstützung weiterer Personen 20 Tonnen Eisenbahnschienen. 2006 musste er deswegen erneut in Haft, diesmal für 2 Jahre und 9 Monate. Im Mai 2008 wurde der zu verbüßende Rest der Freiheitsstrafe zu 4 Jahren Bewährung ausgesetzt.

Nachdem er während seines letzten Gefängnisaufenthalts bereits Crystal konsumierte, dealte er 2008 mit Crystal und Haschisch, um seine Schulden zu begleichen. Als Komplize des Pößnecker Neonazis Norman Strupp versuchte Klar im September 2008, 1,5 Tonnen Kupferdraht von einer Baustelle zu stehlen. Auch wenn Klar und seine Helfer noch vor Ort gestellt wurden, überlebte die Freundschaft zu Norman Strupp. Gemeinsam besuchten Klar, dessen Partnerin Carolin Krietsch und Strupp 2018 gemeinsam eine Solidaritätsdemo für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld.

 Christian Klar, Norman Strupp und Carolin Krietsch (v.l.n.r.) auf einer Demonstration für Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck am 10.05.2018 in Bielefeld.

Christian Klar, Norman Strupp und Carolin Krietsch (v.l.n.r.) auf einer Demonstration für Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck am 10.05.2018 in Bielefeld. [Foto: Recherche Nord]
Im darauffolgenden Prozess stellte Klar seine vermeintliche Loyalität unter Beweis: Um eine Strafminderung nach §31 BtMG für sich zu erreichen, verpfiff er einen in seine Drogendeals involvierten Kollegen. Wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und versuchten Diebstahls wurde Klar 2010 zu 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Profiteur der Pandemie

Seit Christian Klar wieder auf freiem Fuß ist, besucht er beständig extrem rechte Aufmärsche in der ganzen Republik. In der Vergangenheit haben wir bereits mehrfach über Klars Verstrickungen und Teilnahmen an Naziveranstaltungen berichtet (z.B. hier, hier, hier und hier).

Mit Beginn der Corona-Pandemie schloss sich Klar den stets von Rechten orchestrierten Protesten gegen die Maßnahmen zunächst als Teilnehmer an.

Christian Klar (mittig mit blauem Cap) am 02.05.2020 auf einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen.
Christian Klar (mittig mit blauem Cap) am 02.05.2020 auf einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen. [Bild: Screenshot youtube]
Die unangemeldeten und untersagten Demonstrationszüge 2021 organisierte und koordinierte Klar zunehmend selbst, was er mehrfach betonte.

Seine Rücksichtslosigkeit bewies Klar erneut im November 2021, als er das Wurmmittel Ivermectin in einer Telegram-Gruppe ohne Kenntnis der Risiken als Medikament gegen Corona-Infektionen anpries und erklärte, schon 9 Personen in seinem Umfeld mit dem rezeptpflichtigen, nicht als Covid-Medikament zugelassenen, Arzneimittel „behandelt bzw. versorgt“ zu haben.

Christian Klar gefährdet auf Telegram mit unseriösen Gesundheitstipps andere.
Christian Klar gefährdet auf Telegram mit unseriösen Gesundheitstipps andere. [Bild: Screenshot Telegram]
Am 20.06.2022 trat Christian Klar erstmals als Anmelder der Montags-Proteste auf, die inzwischen eine wilde Melange aus Reichsbürgermilieu, Putin-Freund*innen und -Apologet*innen, Impfgegner*innen und militanten Nazis versammeln. Klar nutzt die Plattform der Demos und Feste vor allem, um über sich selbst zu sprechen; die Menge jubelt dem Selbstdarsteller dafür zu. Seine Höhenflüge verleiten ihn sogar dazu, bei der Demonstration am 22.08.2022 seinen Anhänger*innen gegenüber zu behaupten, dass „es sich lohnt“, ihm „hinterherzulaufen“ und dass man das „guten und ruhigen Gewissens“ machen könne. In dieser Rede auf dem Geraer Marktplatz will er seinen montäglichen Mitläufer*innen zu seinen laufenden Verfahren „Rede und Antwort“ stehen. Ehrlich zu sein verspricht Klar seinem Publikum und redet schließlich nur noch davon, was er alles nicht getan habe. Bis zu den Dingen, die er aber getan hat, reicht der Wille zur Ehrlichkeit dann doch nicht.

„Schön, dass du mein Freund bist“

Mit Peter Schmidt erhält Christian Klar einen, der trotz allem für seine Aufrichtigkeit bürgt. Schmidt, über den alle Medien immer wieder nur zu sagen haben, er sei „Unternehmer“, als mache einen das allein zum verdienstvollen und guten Menschen, darf sich dabei ohne Probleme gewohnt weit aus dem Fenster lehnen. Bereits zu Beginn behauptet er, dass Klar „in seiner Vergangenheit möglicherweise mal Fehler gemacht hat oder auch Dinge getan hat, die nicht erlaubt sind – das hat doch mit einer politischen Bewegung rein gar nix zu tun“. Bei über zwanzig Jahren in der extrem rechten Szene und mehrfachen politisch motivierten Delikten Klars ist das eine sehr freie Interpretation von „rein gar nix zu tun“. Schmidt spricht davon, Klar sei ihm gegenüber „von Anfang an ehrlich“ gewesen, dass es in Klars Vergangenheit auch „dunklere Flecken gab“. Bei all den Straffälligkeiten Klars drängt sich jedoch die Frage auf, wo die helleren Flecken zu finden sind. Schmidt weiß es: In Christian Klars gesellschaftlichem Engagement für die Stadt – das im Wesentlichen aus Demoorganisation mit Feuerwerk und dubiosen Spendensammlungen besteht.

Schmidt betont als Reaktion auf die Aufforderung, sich von Klar zu distanzieren, dass in Deutschland immer noch die „juristische Unschuldsvermutung“ gelte. Wie ein Ertrinkender an den Rettungsring klammert sich der Unterstützer*innenkreis Klars an die Hoffnung, dass man das Gesicht trotz eindeutiger Faktenlage wahren könne. Umso absurder wird das Schauspiel, wenn man sich vor Augen führt, dass Schmidt sein pathetisches Plädoyer für die Unschuldsvermutung auf einer Veranstaltung hält, die regelmäßig von Plakaten gesäumt ist, auf denen Politiker*innen und Journalist*innen in Sträflingskleidung abgebildet sind, und denen die Hobbyjurist*innen der Montagsdemos das eigene Urteil „SCHULDIG“ aufgepinselt haben – und dass eines dieser Plakate überhaupt erst zu den Verfahren gegen Klar geführt hat.
Seinen als spontan inszenierten Beitrag beendet Peter Schmidt mit den Worten: „Den Christian, den ich seit zwei Jahren kenne… Da sage ich mit Stolz: Schön, dass du mein Freund bist.“ Die rührende Männerfreundschaft beruht nicht nur auf der gleichen Gesinnung, sondern offensichtlich auch auf dem gleichen pragmatischen Verhältnis zur Wahrheit.

Innige Freundschaftsbekundung zwischen Christian Klar (l.) und Peter Schmidt (r.), dem „Unternehmer mit Herz“ für kriminelle Neonazis, am 22.08.2022 auf dem Geraer Marktplatz.
Innige Freundschaftsbekundung zwischen Christian Klar (l.) und Peter Schmidt (r.), dem „Unternehmer mit Herz“ für kriminelle Neonazis, am 22.08.2022 auf dem Geraer Marktplatz. [Bild: Screenshot youtube]
Aktuelle Gerichtsverfahren gegen Christian Klar

Derzeit laufen zwei Gerichtsverfahren gegen Christian Klar. Das eine bezieht sich auf eine Verunglimpfung des Geraer Polizeidirektors Michael Zimmermann. Klar hat am 02.05.2022 zum „Spaziergang“ eines der „Schuldig“-Schilder mit dem Bild des Polizisten in Sträflingskleidung mitgeführt. Strafrechtlich ist das von der Meinungsfreiheit gedeckt, allerdings gibt es in diesem Zusammenhang noch ein zivilrechtliches Verfahren gegen Klar. Der konkrete Ausgang ist noch nicht gewiss.

Bemerkenswert in diesem zivilrechtlichen Verfahren ist die anwaltliche Vertretung von Christian Klar. Sein Rechtsbeistand ist der Rechtsanwalt Detlev Funke genannt Kaiser, ein Geraer Anwalt mit einem exzellenten Ruf innerhalb der extremen Rechten. Bekannte Geraer Nazis wie Jörg Krautheim empfehlen ihn ausdrücklich, beispielsweise weil er die notorische Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck 2017 vor Gericht zu ihrer Zufriedenheit vertreten hat.

Christian Klar und sein Anwalt Detlev Funke am 31.08.2022 in Gera
Christian Klar und sein Anwalt Detlev Funke gen Kaiser am 31.08.2022 in Gera. [Bild: Screenshot youtube]
Detlev Funke gen Kaiser als Rechtsanwalt der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck 2017 vor Gericht
Detlev Funke gen Kaiser als Rechtsanwalt der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck 2017 vor Gericht. [Foto: Westfalen-Blatt]
Das andere strafrechtliche Verfahren bezieht sich auf schweren Diebstahl, Hehlerei und – na klar – Fahren ohne Führerschein. Christian Klar hat Baumaschinen von Baustellen gestohlen und diese zu verkaufen versucht. Dabei ist er zusätzlich am Steuer ohne gültigen Führerschein (den er schon eine ganze Weile nicht mehr besitzt) erwischt worden. In der Berufungsverhandlung am Geraer Landgericht wurde das erstinstanzliche Urteil gegen Klar am 28.7.2022 mit zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis bestätigt. Gegen dieses Verfahren hat Klar einen Antrag auf Zulassung zur Revision beim OLG Weimar eingereicht. Der aktuelle Stand des Verfahrens ist unklar. Wenn die Revision jedoch nicht zugelassen wird, ist davon auszugehen, dass Christian Klar erneut in den Knast muss.

„Wer mit Nazis spaziert, hat nichts kapiert“ – Coronaproteste in Gera

Während Rechercheportale und Twitteraccounts (bspw. Querleaks oder Ostthüringer Divan) seit Beginn der Pandemie unermüdlich und mit großem Engagement herausarbeiten, dass die sogenannten „Spaziergänge“ – auch die Geraer „Montagsspaziergänge“ – unter wesentlicher Beteiligung rechter Strukturen stattfinden, wird von Mitlaufenden und Daheimgebliebenen wahlweise so getan als wisse man von nichts oder als sei der Schulterschluss mit rechts im Dienste der Sache unvermeidlich.
Mit einer erneuten Zusammenstellung einiger, die in Gera seit 20.12.2021 mitgelaufen und konstant beteiligt sind, muss noch dem und der Letzten klar werden, dass man auf den „Spaziergängen“ unweigerlich Seite an Seite mit RassistInnen, AntisemitInnen, organisierten VertreterInnen der extremen Rechten und Verschwörungsgläubigen läuft.

Christian Bärthel ist ein seit Mitte der 90iger Jahre aktiver Nazi aus Ronneburg bei Gera. Er war Mitarbeiter des sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Peter Klose in Zwickau. Bärthel ist Verschwörungsgläubiger und Anhänger der Reichsbürgerbewegung. In seine evangelikale Mission mischen sich ein teils aggressiver Antisemitismus und religiös aufgeladener Geschichtsrevisionismus. Wegen Volksverhetzung und Verharmlosung des Holocausts wurde er bereits mehrfach angeklagt und verurteilt. Er ist Mitglied der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen und Vortragsredner zu deren Veranstaltungen.

Christian Bärthel
Christian Bärthel

Beatrice Fischer agiert als Nazi-Aktivistin seit 2010/2011 vor allem im Umfeld der NPD und der Kleinstpartei III. Weg. Von Nazi-Festivals und Konzerten über Demos zur Unterstützung der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck und geschichtsrevisionistische Aufmärsche bis hin zu Veranstaltungen der AfD ist Beatrice Fischer auf einer Vielzahl von Events der extremen Rechten zugegen. Seit deren Beginn nimmt sie an den Protesten der Pandemieleugner*innen in Gera teil. Eine detailliertere Zusammenstellung ihrer Aktivitäten lässt sich hier finden.

Beatrice Fischer
Beatrice Fischer

Christian Gentzsch ist ein seit 2010/11 aktiver Nazi aus Greiz und später Gera. Er nimmt an vielen unterschiedlichen Veranstaltungen der extremen Rechten in der Region, aber auch überregional teil. Darunter fallen Festivals, Aufmärsche von der Kleinstpartei III. Weg, Thügida und Aktionen der NPD. 2014 kandidierte er für die Greizer Kommunalwahlen auf der NPD-Liste. Zwischen 2012 und 2017 übernahm er regelmäßig Helfertätigkeiten und Ordnerfunktionen auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland in Gera. Bei den Protesten der Pandemieleugner*innen in Gera ist er vom Beginn im Frühjahr 2020 an mit dabei.

Christian Gentzsch
Christian Gentzsch

Christian Klar kann auf eine lange Karriere als aktiver Nazi zurückblicken. Er zählte bereits um 2000 zu den Kontakten des Thüringer Blood-&-Honour-Sektionsleiters und NSU-Unterstützers Marcel Degner. Belegen lassen sich sehr viele Teilnahmen an Veranstaltungen und Aufmärschen von extremen Rechten. Ein guter Überblick über seine Aktivitäten lässt sich hier finden. Klar kann getrost als einer der Organisatoren der Geraer „Spaziergänge“ bezeichnet werden; in diversen Telegramposts brüstet sich Klar selbst mit der Planung und Durchführung. Inmitten der Pandemieleugner*innen gibt er sich betont aktivistisch, fordert andere Teilnehmende zum Widerstand gegen Polizist*innen auf oder dirigiert mit „Ansagen“ die eigentlich verbotenen Aufzüge.

Christian Klar
Christian Klar

Marek Hallop aus Gera bezeichnet sich selbst als Reichsbürger. Er tauchte um 2012 bei Geraer NPD-Aufmärschen und später bei etlichen Thügida-Demos des extrem rechten David Köckert auf. Bereits im Frühjahr 2020 beteiligte er sich an den ersten Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. An organisatorischen Fragen scheiterte er aber mit seiner selbst angemeldeten Demo am 16.05.2020. Trotzdem ist er weiter bei allen Aktionen und Protesten der Pandemieverharmloser*innen in Gera mit von der Partie. Dabei tritt er manchmal sehr martialisch auf, schreit anwesenden Polizist*innen seinen Hass auf den Staat entgegen und versucht so andere Teilnehmer*innen zum Widerstand zu motivieren.

Marek Hallop
Marek Hallop

Frank Haußner ist ein Dachdecker aus Zeulenroda. Er kann ähnlich wie Christian Klar zum Initiatoren- und Organisatorenkreis der Geraer „Spaziergänge“ gezählt werden. Haußner begann ab 2018 sich mit dem Pegida-Umfeld, dem Kreis um Götz Kubitschek und AfD-VertreterInnen zu vernetzen. Dazu ist er Sprecher der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen. Frank Haußner ist in der Region Ostthüringen Initiator vieler Aktionen von Pandemieverharmloser*innen. Seine Redebeiträge bei diesen Gelegenheiten zeugen von seinem tief verschwörungsgläubigen Weltbild mit deutlich antisemitischen Inhalten.

Frank Haußner
Frank Haußner

Andre Hebestreit ist ein sehr aktiver Nazi aus Gera. Er war regelmäßig Helfer und Ordner auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland in Gera. Er war Mitglied der ehemaligen Geraer Kameradschaften Vollstrecker und Volkszorn. Auf NPD-Demos übernahm Hebestreit immer wieder Ordnerfunktionen. 2014 kandidierte er bei der Kommunalwahl auf der Liste der NPD für den Geraer Stadtrat. Regional fährt Hebestreit sehr gern zu Nazi-Demos oder Festivals.

André Hebestreit
André Hebestreit

Michael Hesse ist ein langjähriger Nazi aus Gera. Er stammt aus dem kameradschaftlichen Umfeld und ist schon als Jugendlicher 1999 bei Aktionen der extremen Rechten zu identifizieren. Anfangs gerierte er sich als Anti-Antifa-Fotograf, mittlerweile betreibt er einen Youtube-Kanal und filmt nahezu jedes Event der Pandemieleugner*innen in Gera. In der Vergangenheit ließ er über NPD-Festivals, geschichtsrevisionistische Trauermärsche oder die Aufmärsche von Thügida keine Gelegenheit aus, zu zeigen welches Geistes Kind er ist. In der Thüringer Naziszene gilt er als gut vernetzt und reist auch überregional zu Nazigroßveranstaltungen in Deutschland.

Michael Hesse
Michael Hesse

Beatrice Koschmieder ist eine Geraer Tätowiererin und die langjährige Freundin von Michael Hesse. Sie arbeitet mit dem äußerst gewaltbereiten rechten Schläger Enrico Koop in einem Studio. Sie nahm in der Vergangenheit regelmäßig am Geraer NPD-Festival teil und lief bei den Thügida-Demos des extrem rechten Greizers David Köckert mit. Gemeinsam mit ihrem Partner Hesse reist sie gern regional und überregional zu einschlägigen Szeneevents wie den Nazifestivals in Themar oder nach Berlin zu rechten Großdemos. Natürlich war Koschmieder bei fast allen Aktionen gegen Corona Schutzmaßnahmen in Gera dabei.

Beatrice Koschmieder
Beatrice Koschmieder

Andreas Thomä ist Mitglied der Patrioten Ostthüringen aus Gera. Er filmt sehr viele Aktionen dieser extrem rechten Vereinigung, betreibt einen gleichnamigen Youtube-Kanal und veröffentlicht dort seine semi-professionell bearbeiteten Videos. Er filmt dabei auch immer wieder Protestierende gegen rechte Aktionen ab und markiert gezielt Journalist*innen, in dem er in extreme Zeitlupe umschaltet, um die Personen besser erkennbar zu machen. Führt man sich vor Augen, wie viele Journalist*innen von Nazis im Rahmen der sogenannten „Spaziergänge“ bundesweit angegriffen wurden und werden, zeigt sich die Perfidie und ideologische Skrupellosigkeit eines solchen Vorgehens.

Andreas Thomä
Andreas Thomä

Josef Höschler ist ein umtriebiger Nazi aus Ronneburg bei Gera. Anfang der 2000er Jahre war er aktiv in Führungspostitionen von Ronneburger Kameradtschaften. Er geriet recht schnell als Sammler von Nazi- und Weltkriegsdevotionalien in das Visier der Polizei, auch weil er Bilder von scharfen Waffen in sozialen Netzwerken postete. Hausdurchsuchungen waren die Folge. Später war er stets fleißiger Helfer sowie Ordner auf dem Geraer NPD-Festival und Teilnehmer an Demonstrationen oder Kundgebungen der Geraer NPD. Die rassistischen Mobiliserungen von Thügida erreichten auch Höschler. Zuletzt versuchte er sich 2019 als extrem rechter Konzertveranstalter in Ronneburg. Wie er selbst im Internet mitteilte, geriet er dabei wiederum ins Visier des Verfassungsschutzes.

Josef Höschler
Josef Höschler

Enrico Kopp ist ein gewaltbereiter und vielfach vorbestrafter Nazi-Schläger. Er betreibt das Tattostudio Köngisklasse in Gera. Vor allem bei der rassistischen Mobilisierung von Thügida zwischen 2015 und 2018 war Kopp aktiv. Thügida wurde in dieser Zeit maßgeblich durch den Greizer Nazi David Köckert initiiert und vorangetrieben. Kopp war auf vielen Aktionen dieser extrem rechten Vereinigung aktiv. Als 2020 die Mobilisierung der Proteste der Pandemieleugner*innen an Fahrt aufnahm, war Kopp ebenfalls von Beginn an dabei.

Enrico Kopp
Enrico Kopp

Steve Krüger ist ein Geraer Nazi, welcher vor allem zwischen 2010 und 2014 in der Geraer Kameradschaft Vollstrecker aktiv war. Diese gebärdete sich sehr aktivistisch und war subsumierbar unter dem Label der autonomen Nationalisten. Ihre Mitglieder waren in Gera für zahlreiche extrem rechte Schmiereien und Übergriffe auf Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten, verantwortlich. Mitglieder der Vollstrecker wie Steve Krüger übernahmen für den örtlichen Kreisverband der NPD auch immer wieder organisatorische Aufgaben. So war Krüger regelmäßig als Ordner auf dem Geraer NPD-Festival, Demonstrationen und anderen rechten Kundgebungen tätig.

Steve Krüger
Steve Krüger

Kay Lange spielte bei dem Geraer Fußballverein BSG Wismut Gera als Torwart in der 1. und 2. Mannschaft. Aufgefallen ist er immer wieder mit eindeutiger Nazikleidung und Symbolik. Außerdem machte Lange mit rassistischen Sprüchen auf dem Fußballplatz und im Umfeld wiederholt unangenehm auf sich aufmerksam. Er ist mit anderen einschlägigen Nazis Mitglied in der Wismut-Fangruppierung Reußenfront, die sich zudem im Umkreis des Motorradclubs Stahlpakt Gera bewegt. Dort sind ebenfalls langjährige Nazis aus rechtsmilitanten Strukturen aktiv. Lange begleitete die Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie von Beginn an.

Kay Lange
Kay Lange

Fabian Matthes ist ein Geraer Nazi aus dem aktionistischen Umfeld diverser Geraer Nazikameradschaften. Er begann sein Engagment in der extrem rechten Szene um das Jahr 2010. Seitdem verankerte er sich immer tiefer in der Szene und festigte sich ideologisch. Er nahm an unzähligen Aufmärschen und Festivals teil und besuchte darüber hinaus Buchlesungen von Udo Voigt in der extrem rechten „Bildungsstätte“ Rittergut Guthmannshausen oder den von Nazis aus ganz Europa abgehaltenen faschistischen „Tag der Ehre“ in Budapest 2019. Auf der ersten spontanen Demo gegen die Auflagen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nahm Fabian Matthes mit einem Solidaritäts-Shirt für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil. Seither taucht er regelmäßig auf den „Spaziergängen“ auf.

Fabian Matthes
Fabian Matthes

Peter Pichl ist ein langjähriger Aktivist der extremen Rechten aus dem Geraer Kameradschaftsmilieu. Viele Jahre war er in der NPD aktiv und übernahm Funktionen bei Aufmärschen, Festivals und Kundgebungen. Bis 2014 saß Pichl für die NPD im Gerarer Stadtrat. Mittlerweile hat er jedoch erfolgreich bei der AfD angedockt und ist Mitarbeiter des Thüringer AfD-Landtagsabgeordneten und unterlegenen Oberbürgermeisterkandidaten Dieter Laudenbach. Über die Hintergründe und Verstrickungen Pichls von der NSU-Geburtsstätte Thüringer Heimatschutz bis zur Geraer AfD berichteten wir an anderer Stelle bereits ausführlich.

Peter Pichl
Peter Pichl

Jens Peisker ist ein Nazi aus dem Umfeld des Geraer Motorradclubs Stahlpakt. Hier tummeln sich etliche Kader von Thüringer Nazi-Organisationen. Im örtlichen Vereinsheim wird jährlich die Wintersonnenwende gefeiert und auch sonst finden sich dort viele Bezüge zum Nationalsozialismus wie zum Beispiel Wehrmachtsnummernschilder und deutsche Dekowaffen aus dem 2. Weltkrieg. Peisker nahm unter anderem 2018 am Thügida-Aufmarsch in Gera teil.

Jens Peisker
Jens Peisker

Felix Staps ist ein Nazi aus dem Umfeld der mittlerweile aufgelösten rechtsoffenen Ultra-Gruppierung Ultras Gera 99 und nach wie vor aktiver Fan der BSG Wismut Gera. Seine Aktivitäten haben sich zuletzt auf die Nazi-Fangruppierung Reußenfront ausgeweitet. Staps beteiligte sich an mehreren regionalen Naziaufmärschen wie bspw. den Thügida-Demonstrationen 2016 in Jena und 2018 in Gera. Bei dem Überfall von Nazis auf Leipzig-Connewitz am 11.01.2016 koordinierten Staps und sein Umfeld die Thüringer Anreise, bevor sie von der Polizei festgesetzt wurden. Staps nimmt seit Ende 2021 regelmäßig an den Aktionen der Geraer Pandemieleugner*innen teil.

Felix Staps
Felix Staps

Lars Weber ist ein Geraer Security-Unternehmer und Nazi-Kampfsportler. Sein Unternehmen (Alpha DSD) bietet Sicherheitsdienste und eine Detektei an. Als Kampfsportler trainierten in seinem Gym verurteilte Holocaustleugner wie Marcel Wöll gemeinsam mit Geraer Nazihools. 2013 wurde Weber kurzzeitig Präsident des Geraer Fußballvereins BSG Wismut Gera. Er musste jedoch bald aufgrund seiner Naziverstrickungen zurücktreten. Da er eine Unterlassungsklage verlor, darf Weber seitdem rechtskräftig als Nazi bezeichnet werden. 2018 besuchte Weber die Veranstaltung Rock gegen Überfremdung in Apolda, die wegen massiver rechter Ausschreitungen mit mehreren Verletzten von der Polizei aufgelöst werden musste. Lars Weber nimmt regelmäßig an Aktionen der Geraer Pandemieleugner*innen teil.

Lars Weber
Lars Weber

Fabian Eller gehört zur extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen, deren Sprecher der verschwörungsgläubige Antisemit Frank Haußner ist. Eller nimmt regelmäßig an Veranstaltungen dieser Vereinigung teil. Zum Volkstrauertag 2020 in Gera legte er auf dem Ostfriedhof bei dem geschichtsrevisionistischen „Heldengedenken“ den Trauerkranz der Patrioten Ostthüringen ab. Neben den Besuchen einschlägiger Nazidemonstrationen (2019 bei der Identitären Bewegung in Halle, 2020 beim jährlichen geschichtsrevisionistischen Aufmarsch in Dresden) ist Eller auch auf AfD-Veranstaltungen häufig Teilnehmer: so zum Beispiel in Gera im Oktober 2020 oder in Weida im Mai 2021. Fabian Eller war von Beginn an bei den pandemieverharmlosenden Protesten dabei.

Fabian Eller
Fabian Eller

Evelyn Gropp ist im Stadtverband der AfD Gera seit 2020 die stellvertretende Sprecherin. Sie ist Rentnerin, studierte Kultur- und Literaturwissenschaftlerin und nach eigener Aussage jahrelang im Kulturbereich der Stadt Gera tätig gewesen. Heute schreibt Sie häufig im kostenlosen Hetzschmierblatt Neues Gera, welches von ihrem Parteikollgen Harald Frank herausgegeben wird. Hier teilt Gropp verschwörungsgläubige Legenden rund um die Coronapandemie, positioniert sich gegen die Aufnahme von geflüchteten Menschen oder bekennt sich, anlässlich des Volkstrauertages, zur Mitgliedschaft in der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen. Dort ist Gropp mit ihren verschwörungsgläubigen, antisemitschen und extrem rechten Postitionen bestens aufeghoben.

Evelyn Gropp
Evelyn Gropp

Eric Vogelgesang war zunächst Mitglied der Jungen Union. Aufgrund extrem rechter Äußerungen auf seinem Twitterkanal, die nicht mehr mit dem Grundgesetz und der Mitgliedschaft in der Jungen Union vereinbar waren, wurde er aus der Jugendvereinigung ausgeschlossen. Aus den selben Gründen kam es kurze Zeit später auch zum Ausschluss aus dem Jugendrat Gera, wie Vogelgesang auf Telegram mitteilte. Inzwischen ist er Mitglied bei der Jugendorganisation der AfD und fühlt sich dort inhaltlich offensichtlich gut aufgehoben und wird akzeptiert. Eric Vogelgesang läuft regelmäßig bei den als spontan inszenierten Aufmärschen mit. Gut gefällt er sich dabei in seiner Rolle als redenschwingender Anheizer. So hielt er am 18.01.2022 von der Terasse des Kultur- und Kongresszentrums Gera eine Rede gespickt mit dreisten Lügen, die bei dem verschwörungsgläubigen Publikum gut ankam.

Eric Vogelgesang
Eric Vogelgesang

Kay-Uwe Rath ist ein Nazi aus Bad Köstritz, der sich schon als Teenager in extrem rechten Kreisen bewegte. Bereits 2007 tauchte er auf Kundegebungen der NPD in Gera auf. Seitdem war er stets Helfer und Ordner auf dem Geraer NPDFestival Rock für Deutschland. Ausgehend vom Umfeld diverser Kameradschaften, welche der Szene der autonomen Nationalisten zugeordnet werden konnten, nahm Rath zwischen 2007 und 2019 an nahezu allen öffentlichen Veranstaltungen von NPD und Kameradschaften in Gera teil.

Kay-Uwe Rath
Kay-Uwe Rath

Ernst Herzum ist ein im Geraer Nazimilieu fest verankerter älterer Herr. Er umgibt sich immer wieder mit etablierten Figuren der extremen Rechten wie Christian Bärthel oder dem Greizer David Köckert. 2015 nahm er in Naumburg/Saale an einer Veranstaltung mit der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil, reiste 2019 zu einer Demonstration der Identitären Bewegung in Halle und besuchte 2020 den geschichtsrevisionistischen Nazi-Trauermarsch in Dresden. Herzum ist auf fast jeder Veranstaltung der Geraer AfD wie dem Volkstrauertag auf dem Ostfriedhof oder Demos gegen die Aufnahme geflüchteter Menschen zu finden. Darüber hinaus besuchte er alle Thügida-Mobilisierungen in Gera.

Ernst Herzum
Ernst Herzum

Jörg Krautheim ist ein seit Anfang der 90iger Jahre in Gera aktiver Nazi. Er war in verschiedenen Organisationen der extremen Rechten wie der im Thüringer Heimatschutz organisierten Kameradschaft Gera, der FAP, der NPD und zuletzt der Partei Die Rechte aktiv. Dabei fungierte er stets als Bindeglied zwischen in Parteien organiserten Nazis und autonomer agierenden sogenannten „freien Kräften“. Seit 2015 nahm Krautheim an rassistischen Mobiliserungen vom Altenburger Bürgerforum und Wir lieben Gera gegen die Aufnahme von geflüchteten Menschen teil. Dabei übernahm er organisatorische Aufgaben. Ralf Wohlleben, verurteilter NSU-Helfer, benennt ihn im Münchner Prozess als Teil der Nazi-Unterstützerstrukturen in Thüringen.

Jörg Krautheim
Jörg Krautheim

Luca Strobel ist ein jugendlicher extrem rechter Aktivist aus Wünschendorf bei Gera. Er wurde 2021 fester Bestandteil der neonazistischen Kleingruppe Freie Jugend, die er maßgeblich koordiniert. Er nahm seither an vielen sogenannten „Coronaprotesten“ in Gera, Greiz und Zeulenroda teil, bei denen man sich mit Fahnen und Pyrotechnick inszenierte. Strobel ist mit seiner Freien Jugend auffällig stark an etablierte Nazinetzwerke wie die Patrioten Ostthüringen, die Neue Stärke Partei und die AfD angebunden. Über den Online-Shop des einschlägig bekannten Hallenser Nazis Sven Liebich vertreibt Strobel unter anderem Bekleidung der Freien Jugend. Mit Beatrice Fischer nahm Luca Strobel am 11.12.2021 an der Kundgebung der extrem rechten Kleinstpartei Neue Stärke in Gera teil.

Luca Strobel
Luca Strobel

Sidney Sambale ist ein auch in Gera sehr aktiver Nazi aus dem Burgenlandkreis. Er war 2010 Beisitzer im NPD-Kreisverband Burgenlandkreis und kandidierte 2014 zu den Kreistagswahlen für die dortige NPD. Sambale ist in den letzten 12 Jahren regional und überregional reger Besucher rechter Demonstrationen und Veranstaltungen, beispielsweise auf dem jährlichen NPD-Festival in Gera, das bis 2017 stattfand, darüber hinaus in Dresden zum Nazitrauermarsch, in Saalfeld am 01.05.2015 oder in Plauen am 01.05.2016. Sambale gehört zu den TäterInnen, die am 11.01.2016 den Leipziger Stadtteil Connewitz überfielen.

Sidney Sambale
Sidney Sambale

Reiko Pflug ist Mitglied im AfD-Stadtverband Gera und Mitarbeiter von Wolfgang Lauerwald, Fraktionsmitglied der AfD im Thüringer Landtag. Der gelernte Koch orientierte sich 2014 zunächst zum Kreisverband der NPD Gera und besuchte mehrere Kundgebungen, so unter anderem am 13.09.2014 zum Wahlkampf in Gera mit dem vorbestraften damaligen „Spitzenkadidaten“ der Thüringer NPD Patrick Wieschke. Seit 2016 hat er sich der AfD angeschlossen und ist von da an auf fast jeder Veranstaltung oder Aktion der Geraer AfD zu finden, stets auch als fleißiger Helfer beim Aufbau von Kundgebungen oder Organisation von Demonstrationen.

Reiko Pflug
Reiko Pflug

Maurice Mischek ist ein Nazi aus Weida, in der Nähe von Gera. Um 2018 schloss er sich der Nazi-Kleinstpartei III. Weg an und besuchte viele Kundegbungen und Demonstrationen, regional und überregional. So war er unter anderem bei Thügida-Aufmärschen in Gera, bei Demonstrationen vom III. Weg in Plauen oder beim geschichtsrevisionistischen Trauermarsch in Dresden dabei. Seit neuestem hat Mischek die Partei III. Weg verlassen und ist ihrer lokalen Alternative Neue Stärke beigetreten. Deren regionaler Verband Neue Stärke Gera läuft auch stets bei den „Montagsspaziergängen” mit.

Maurice Mischek
Maurice Mischek

Bryan Kahnes ist ein seit 2011 aktiver Geraer Nazi aus dem aktionistischen Kameradschafts- und Parteimilieu. Anfangs nahm er an fast allen NPD-Veranstaltungen in Gera teil, auf denen er u.a. Redebeiträge als „unabhängiger Kamerad“ hielt. Seit 2018 orientierte Kahnes sich zur extrem rechten Partei III. Weg. Als es 2020 zum Bruch der Thüringer Nazistrukturen mit dem III. Weg kam, mussten Kahnes und Kameraden sich neu organisieren. In der extrem rechten Kleinstpartei Neue Stärke fand Bryan Kahnes ein neues ideologisches Zuhause. Die Partei gründete am 01.05.2021 die Sektion Gera – mit der Übergabe einer Art „Standarte“ an Bryan Khanes wurde dies offiziell besiegelt. Im November 2021 folgte der erste Bundesparteitag der Nazi-Resterampe, auf dem Kahnes als einer von zwei Bundesvorsitzenden der Neue Stärke Partei (NSP) gewählt wurde. Diese Partei zeichnet sich wie schon der III. Weg durch nationalsozialistische Anleihen in Symbolik und Auftreten ihrer Mitglieder aus.

Bryan Kahnes
Bryan Kahnes

Michel Fischer, ein Nazi aus Tannroda im Weimarer Land, kann eine lange Karriere in der extremen Rechten vorweisen. Seit 2011 bewegt er sich auf unterschiedlichsten Demos in Thüringen und ganz Deutschland. Fischers Weg ging dabei über Kameradschaften wie die Aktionsfront Erfurt aber auch Parteistrutkuren wie Die Rechte und den III. Weg. Aufgrund seiner Persönlichkeit und seines blinden Aktionsismus ist er in der Szene durchaus höchst umstritten und überwarf sich in der Vergangenheit immer wieder mit den Gruppen, in denen er sich organisierte. Symptomatisch für Fischers Horizont ist ein Fall, bei dem er 2013 in Tannroda gemeinsam mit seinem Vater ein Kind verprügelte, von dem er behauptete, dass es Naziaufkleber entfernt hätte. 2013 kommt es durch Inititive der NPD schließlich zu einer Distanzierung fast aller Thüringer Nazigruppen von seiner Person, der „Spalterei“, „Profilneurose“ und „qualitativ minderwertige Veranstaltungen“ vorgeworfen wurden. Michel Fischer jedoch bleibt der Szene treu und ist heute neben Bryan Kahnes der zweite Bundesvorsitzende der Nazipartei Neue Stärke.

Michel Fischer
Michel Fischer

Sabrina Töpfer ist ebenfalls Parteimitglied bei der den Nationalsoziamismus verherrlichenden Partei Neue Stärke. Sie stammt nach eigenen Angaben aus Magdeburg und wohnt offenbar mittlerweile in Erfurt. Auf Veranstaltungen oder Demonstrationen der Neuen Stärke trat Töpfer immer wieder als Rednerin auf, zum Beispiel am 11.09.2021 in Braunschweig und am 11.12.2021 bei der Kundgebung in Gera. Sie lief regelmäßig mit anderen VertreterInnen der Neuen Stärke auf den sogenannten „Spaziergängen“ in Gera mit.

Sabrina Töpfer
Sabrina Töpfer

Florian Rassbach ein Nazi aus Erfurt. Er gehört zum Nachwuchs der Neue Stärke Partei und trat bereits als Redner auf Kundgebungen der Partei in Weimar auf. Zur Kundgebung der Neuen Stärke am 01.05.2021 in Erfurt koordinierte er Anreisende. Rassbach war am versuchten Angriff auf das AJZ in Erfurt in der Nacht zum 03.10.2021 beteiligt. Seit Neuestem beteiligt er sich an Kundegebungen der Neuen Stärke in Gera und an den sogenannten „Spaziergängen“ am Montag.

Florian Rassbach
Florian Rassbach

 

Die Interpretation, dass die Proteste gegen Auflagen zur Eindämmung der Coronapandemie von extremen Rechten unterwandert sei oder dass die Bereitschaft zur Gewalt quasi von außen kommt, ist nicht richtig. Nazis, RassistInnen, Verschwörungsgläubige und AntisemitInnen sind, wie viele umfangreiche Artikel und Recherchen gezeigt haben, von Beginn an Teil dieser „Spaziergänge“ auch in Gera.

Geraer Nazis übernehmen Organisierungs- und Koordinierungsaufgaben. Bestes Beispiel hierfür ist Christian Klar: In Telegramchats kündigt er Feuerwerke und andere Überraschungen an – die vielen illegalen Feuerwerke standen oft als Signal für den Start der „Spaziergänge“. Er behauptete außerdem in Telegramgruppen, sich mit Polizist*innen abzusprechen.

Bei drohenden Auseinandersetzungen wird oft nach den „starken Männern“ gerufen; Konfrontationen mit Polizist*innen werden von einschlägig bekannten Nazis aktiv gesucht. In der (vermeintlichen) Anonymität von Telegram wird insbesondere von Rechten massiv zu Straftaten aufgerufen oder Andersdenkende, Vertreter*innen von staatlichen Institutionen und gewählte Mandatsträger*innen bedroht. Wie das Beispiel Gera zuletzt zeigte, können diese Bedrohungen dann auch in der Anonymität einer größeren Masse ganz real umgesetzt werden:
So zog die als spontan inszenierte Demonstration am 18.01.2022 an der Wohnung des Geraer Oberbürgermeisters vorbei und erzeugte mit Taschenlampen, mit denen die Fenster abgeleuchtet wurden, und unter lautem Gebrüll eine Drohkulisse. Ein weiteres Beispiel aus Gera: Am 14.02.2022 wurden Menschen, die sich zuvor am solidarischen Gegenprotest beteiligt hatten, bis zum Büro der Linken verfolgt. Hier wurde dann mit „Volksveräter“-Rufen und starkem Trommeln an die Scheiben des Büros, den ins innere des Gebäudes Geflüchteten gedroht.

Gewalt gegen Andersdenkende, gegen Vertreter*innen von staatlichen Institutionen oder von Medien wurde immer wieder von Nazis propagiert und letzendlich praktiziert. Wenn „normale Bürger*innen” nun gemeinsam mit diesen auf „spontan“ inszenierten Demonstrationen laufen, wird das gewaltvolle Auftreten der Nazis letztendlich durch die Masse legitimiert. Dass Elemente der menschenverachtenden Ideologie dieser Nazis von Teilen der Bürger*innen übernommen werden, liegt nahe; eine Distanzierung davon findet nicht mehr statt. Sattdessen scheint die bereits seit längerem zu beobachtende verbale Radikalisierung immer mehr in offene Gewalt umzuschlagen.

Die „Bürgerlichkeit“ scheint verroht und der rebellisch-autoritäre Typus kommt vor allem in Ostdeutschland immer mehr zum Vorschein. In den neuen Bundesländern hat extreme rechte Gewalt seit den 90iger Jahren eine lange traurige Tradition: Zur Bürgerlichkeit im Osten gehört der Nazi aus den 90igern mittlerweile fest dazu. Hier wird sich eben nicht distanziert, man kennt sich und teilt auch noch die Erfahrung, wie einst ein verhasstes System durch Protest auf der Straße zusammenbrach.

Eine Pauschalisierung aller Menschen, die bei den sogenannten „Spaziergängen“ mitliefen, als Nazis liegt fern. Wer allerdings Seite an Seite mit Nazis läuft, wer sich nicht von verbaler Radikalisierung und handfesten Angriffen auf Andersdenkende distanziert, macht sich ganz einfach mitschuldig, wenn Nazis ihre menschenverachtende Ideologie mit Gewalt in die Tat umsetzen.

 

Unter UNS – Das Netzwerk des NSU in Gera

FreundInnen, UnterstützerInnen, SympathisantInnen der nationalsozialistischen Terrorgruppe NSU leben seit Jahrzehnten unbehelligt in Gera, führen ein ungestörtes, behagliches Leben und florierende Betriebe.

Es ist wesentlich den Untersuchungsausschüssen der Länder, den Hinterbliebenen der Opfer, Recherchegruppen und unabhängigen Initiativen zu verdanken, dass die Geschichte vom NSU, der nur zu dritt gewesen sei, in die Kategorie „Deutsche Märchenerzählungen“ gehört. Damit Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt als Kerntrio über ein Jahrzehnt hinweg unentdeckt und mordend durch das Land ziehen konnten, brauchte es ein gut funktionierendes Netzwerk von UnterstützerInnen, FreundInnen und SympathisantInnen.

Gera hat in diesem Netzwerk seinen besonderen Platz: Dabei ist nicht nur die geografische Nähe etwa zu Jena und Zwickau interessant; mit bedeutenden Protagonisten der Kameradschaftsszene, der militanten Nazi-Vereinigung Blood & Honour und als Ballungsgebiet in der NS-Musiklandschaft konnte den ausführenden Organen des NSU von Gera aus besonders gut Vorschub, Unterstützung und Hilfe geleistet werden. Von hier aus konnten auch die Ideen, die dann in ihre mörderische Tat umgesetzt wurden, verbreitet werden.

10 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU 2011 liegt auch in Gera (noch und wieder) vieles im Dunkeln. In der Stadt, in der es für alte und neue Kameraden so gemütlich ist, ist bisher niemand ernsthaft den Spuren nachgegangen, die nicht nur sehr dicht an die mordenden Nazis führen, sondern die außerdem zum Verständnis des gesamten NSU-Komplexes beitragen können.
10 Jahre und länger konnten sich die AkteurInnen in Gera bewegen, ohne der Szene den Rücken kehren oder Stellung zu ihrer Vergangenheit beziehen zu müssen. Eine lokale journalistische Aufarbeitung hat es ebensowenig gegeben wie eine gesellschaftliche.
Um den Namen aus dem NSU-Prozess ihr Gesicht zu geben und um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Beteiligten und UnterstützerInnen des NSU mitten unter uns sind, wollen wir eine Auswahl dieser Personen vorstellen.
Damit wollen wir einen Teil zu der Reihe an Artikeln und Recherchen beitragen, die in diesem Jahr dafür gesorgt haben, dass das Thema NSU-Komplex nicht in Vergessenheit gerät.

Marcel Degner

Der Geraer Marcel Degner (*05.05. 1975) gilt als eine der wichtigsten Personen im Aufbau des Blood & Honour-Netzwerks in Deutschland.

Thorsten Heise und Marcel Degner am 12.02.2000 auf einer Demo des THS und der NPD in Gera
Thorsten Heise und Marcel Degner (v.l.n.r.) am 12.02.2000 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera [Foto: Recherche Gera]

Seit den frühen 90er Jahren bewegte sich Degner mit dem Spitznamen „Riese“ in der Naziszene. Im Jahr 1994 organisierte Degner eine Busreise von Nazi-Skinheads zur Gedenkstätte Buchenwald, unter ihnen die Mitglieder der Geraer Band Oithanasie. Auf der Hinfahrt überfielen und verletzten die Nazis einen türkischen Verkäufer an einer Raststätte, bevor sie nach ihrer Ankunft in der Gedenkstätte randalierten.

In der darauf folgenden Zeit füllte Degner seine Polizeiakte: Ermittelt wurde gegen ihn wegen Landfriedensbruchs, Beleidigung, Verwendens und Erwerbs von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Bedeutung in der Szene erlangte er auch als Organisator von Nazikonzerten in Thüringen und Sachsen.
1997 nahm Degner eine entscheidende Rolle im Zusammenschluss der deutschen Blood & Honour-Vereinigung ein: er wurde zum bundesweiten Kassenwart von Blood & Honour und Leiter der Sektion Thüringen. Die Thüringer-Blood & Honour-Sektion wurde im Wesentlichen von Gera aus koordiniert. Neben Degner waren Roberto „Matzo“ Graf, Silvio „Hotte“ Jordan, Daniel „Kurti“ Porsche und Anja Burian wichtige ProtagonistInnen. Ebenfalls in Gera wurde mit der White Youth die Jugendorganisation von Blood & Honour gegründet und unter Beteiligung von Mike Bär, Sven „Zimbo“ Zimmermann und dem NS-Musiker Jens Fröhlich geführt.

Roberto “Matzo” Graf und Marcel Degner am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD
Roberto „Matzo“ Graf (1. v.l. unten) und Marcel Degner (2. v.l. mit Zigarette) am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera [Foto: Recherche Gera]

Marcel Degner organisierte am 13.11.1999 ein Blood & Honour-Konzert im thüringischen Schorba bei Jena, bei dem auch die NSU-Unterstützer Carsten Schultze und Thomas Starke anwesend waren. Degner bot bei dieser Gelegenheit Thomas Starke, dem Ex-Partner Beate Zschäpes und V-Mann für den Verfassungsschutz, mehrere tausend Euro für das untergetauchte NSU-Trio an. Starke lehnte das Angebot jedoch ab, da Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe „jobben“ würden, was de facto hieß, dass sie in dieser Zeit Banküberfälle durchführten.
Schon auf früheren Konzerten der Thüringer B&H-Sektion sammelte Degner Spendengelder für das Trio, die z.B. an André Kapke gingen. Nachdem bei den Untergetauchten in Chemnitz nichts von diesem Geld ankam, warf man Kapke vor, Geld veruntreut zu haben.

Als am 12.09.2000 durch das Bundesministerium des Innern sowohl Blood & Honour Division Deutschland als auch deren Jugendorganisation White Youth verboten wurden, stand Marcel Degner im Verbotsbescheid direkt an zweiter Stelle. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung war Degner nicht anwesend, Verwertbares fand sich nicht.
Das ist umso frappierender als die Thüringische Landeszeitung im Mai 2001 Informationen veröffentlichte, nach denen Degner als V-Person für das Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen tätig war und vor der Razzia im September 2000 vom Thüringer Verfassungsschutz vorgewarnt worden sei.
Im NSU-Prozess gab der ehemalige V-Mann-Führer Degners Jürgen Zweigert an, dass der als „Quelle 2100“ unter dem Tarnnamen „Hagel“ firmierende Marcel Degner zwischen 1997 und 2000 in rund 150 wöchentlichen Treffen Informationen lieferte und dafür jeweils mit 400 bis 500 DM vergütet wurde – Gelder, die Dank besonderer Auslagen des VS, etwa für Eintrittsgelder für Konzerte oder Spendengelder, auch auf direktem Wege in den Aufbau und Erhalt der militanten Naziszene flossen oder, wie im Falle der Spendensammlungen für Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, eine mordend durch das Land ziehende Terrorvereinigung finanzierten.
Abgeschaltet wurde die „zuverlässige Quelle“ Degner dann unmittelbar vor dem Verbot von Blood & Honour 2000, offiziell wegen eigenmächtigen Vorgehens gegen das B&H-Verbot, das Degner nicht mit dem Landesamt für Verfassungsschutz abgesprochen habe.
In der Tat klagte Degner, wie auch Mike Bär, privat mit eigenem Anwalt gegen das Verbot, das Gericht wies die Klage jedoch als verspätet zurück.

Vor Gericht bestritt Degner hartnäckig, als V-Mann für das TLfV tätig gewesen zu sein, und das, obwohl er eine amtliche Aussagegenehmigung der Behörde hatte. Degners Auffassung nach seien ihm die Spitzel-Vorwürfe erst durch die Presseberichte bekannt geworden, weswegen er erfolgreich die Ostthüringer Zeitung verklagte.
Dass Degner mit seiner Version, wonach er sich mit dem TLfV nie eingelassen habe, durchkam, hatte auch damit zu tun, dass alle Treffberichte des TLfV mit „Hagel“ spätestens seit 2003 verschollen waren, wie durch einen Geheimdienstmitarbeiter bemerkt wurde.

Degners frühere Kameraden witzelten noch 2016 auf facebook über sein Image. Der Account der dereinst einflussreichen Geraer Blood & Honour-Band Legion Ost, betrieben vom Sänger Daniel Stärz, kommentierte, dass man auf der Suche nach alten Eintrittskarten und anderen Erinnerungsstücken den „V mann“ fragen könne; Silvio „Hotte“ Jordan sprang ihm bei: „Hagel hat bestimmt auch noch einiges…….“

Auf der Seite der Band Legion Ost witzeln Daniel Stärz und Silvio "Hotte" Jordan über den V-Mann "Hagel" Marcel Degner
Über den Ruf Degners können sie lachen: Legion Ost (Daniel Stärz) und Silvio „Hotte“ Jordan schwelgen in Erinnerung und witzeln 2016 über den V-Mann „Hagel“ Marcel Degner [Bild: Screenshot Facebook]

Die alte Nazi-Clique hielt den Kontakt zu Degner – dazu könnten Erklärungen beigetragen haben, wie sie etwa im Verschwörungsblog nsu-leaks verbreitet werden. Deren Erzählung zufolge wurde Degner belastet, um eine andere Quelle des Verfassungsschutzes (denkbar wären demnach etwa der Ostthüringer Nazi Thomas Gerlach oder das „Justizwunder“ Thorsten Heise) zu decken. Eine Sicht auf die Dinge, die sicher auch Degners Kameraden glaubhaft gemacht werden konnte, zumal diese in den Folgejahren nie mit ernsthaften negativen Konsequenzen konfrontiert waren.

Degner kehrte der Szene nach den V-Mann-Vorwürfen gegen ihn allerdings nicht endgültig den Rücken (auch wenn sich, seiner Aussage nach, ab 2001 einige verunsichert von ihm abwandten): 2010 tauchte seine Adresse im Hack der Nazi-Bekleidungsmarke Thor Steinar auf, dort nutze er die Mailadresse riese33@gmx.de, die er heute immer noch für die gewerbliche Kommunikation verwendet. Bis heute trägt Degner mit Vorliebe Kleidung von Thor Steinar.
Seine andauernde Verbundenheit mit Naziideologie stellt Degner auch beim Paintball-Spielen zur Schau. Seine Rückennummer auf dem Trikot des Eastside Paintball e.V. ist die 88.

Marcel Degner im Paintball-Trikot mit der Rückennummer 88 bei einem Ausflug von Mitgliedern des Sportforums Gera am 20.08.2016
Marcel Degner im Paintball-Trikot mit der Rückennummer 88 bei einem Ausflug von Mitgliedern des Sportforums Gera am 20.08.2016 [Foto: Homepage Sportforum]

Degner trainiert im Fitnessstudio Sportforum in der Reichsstraße 16 in Gera und nahm in der Vergangenheit zusammen mit anderen Mitgliedern des Studios an verschiedenen Events wie Go-Kart-Fahren oder Paintball-Spielen teil.

Marcel Degner mit seinem Go-Kart-Team Frank M. und Johannes T.
Marcel Degner mit seinem Go-Kart-Team Frank M. und Johannes T. (v.l.n.r.) [Bild: Homepage Sportforum]
Degner (2. v.r.) bei einem Paintball-Turnier im September 2018.
Degner (2. v.r.) bei einem Paintball-Turnier im September 2018 [Foto: Screenshot Facebook]

Dass Degner trotz seiner herausragenden Rolle für den Aufbau und die Organisation von Blood & Honour-Strukturen in Deutschland, trotz seiner Verstrickungen in den NSU-Komplex und trotz seines Rufs als Verfassunsgsschutzspitzel weiter in Gera unter seinem alten Namen lebt, spricht dafür, dass er einen „Neuanfang“ (wie etwa andere enttarnte Quellen des VS oder bekanntgewordene Nazis in anderen Städten) nicht nötig hatte und sich hier offenbar sicher und einigermaßen willkommen fühlt.

Marcel Degner ist derzeit mit einer Firma für Baudienstleistungen selbstständig. Degner wohnt aktuell in der Karl-Wetzel-Straße im Stadtteil Gera-Lusan.

Mike Bär

Mike Bär (*07.07.1972) aus Kauern bei Gera nahm neben Marcel Degner eine maßgebliche Rolle bei der Etablierung und Führung von Blood & Honour ein und war ein guter Bekannter des NSU-Kerntrios.

Mike Bär, Jens Fröhlich und Denis Schoner (v.l.n.r.) auf einer NPD-Demo am 10.11.2001 in Gera
Mike Bär, Jens Fröhlich und Denis Schoner (v.l.n.r.) auf einer NPD-Demo am 10.11.2001 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Bär machte seine Ausbildung zum Fliesenleger in den Neunzigerjahren in Jena und knüpfte dort zahlreiche Kontakte in die örtliche Naziszene, insbesondere zur Kameradschaft Jena. Mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe war Mike Bär eng vertraut.
Nachdem in Jena 1997 eine Reihe von Bombenattrappen als Briefe versendet wurden und eine mit TNT gefüllte Bombe ohne Zünder vor dem Jenaer Theaterhaus aufgefunden wurde, durchsuchte die Polizei am 26.01.1998 Garagenzellen in der Nähe von Böhnhardts Wohnung in seiner Anwesenheit, weil das TLfV davon ausging, dass die Bombenattrappen dort hergestellt wurden. Da in den ersten zwei der drei in Frage kommenden Garagen nichts von Bedeutung gefunden wurde, erlaubte man Böhnhardt, mit dem Auto wegzufahren. Bei der Öffnung der dritten Garage fand die Polizei neben NS-Propagandamaterial auch funktionsfähige Bomben mit 1,4 kg Sprengstoff. Außerdem tauchte dort eine Liste („Garagenliste“) auf, die die Kontaktdaten bedeutender Neonazis aus ganz Deutschland enthielt. Auf dieser Liste Böhnhardts stand auch der Geraer Kamerad Mike Bär. Im NSU-Prozess wird auf ein Foto verwiesen, das Mike Bär Arm in Arm mit Beate Zschäpe zeigt.

Mike Bär trat Mitte der Neunziger der Kameradschaft Gera um Gordon Richter und Jörg Krautheim bei und zahlte regelmäßig Mitgliedsbeiträge. Die Führungsfiguren der Kameradschaft Gera gingen zum größten Teil in den Kreisverband der NPD Gera auf und organisierten das Nazifestival Rock für Deutschland, das auch Bär regelmäßig besuchte.

Frank Schwerdt, Malte Redeker (Europa-Chef der Hammerskins), André Kapke und Mike Bär (v.l.n.r.) beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera
Frank Schwerdt, Malte Redeker (Europa-Chef der Hammerskins), André Kapke und Mike Bär (v.l.n.r.) beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Gordon Richter, Mike Bär und Denis Schoner am 10.07.2010 auf dem Rock für Deutschland in Gera
Gordon Richter, Mike Bär und Denis Schoner (v.l.n.r.) am 10.07.2010 auf dem Rock für Deutschland in Gera [Foto: Infothek Dessau]

Im Laufe des NSU-Prozesses wurde immer wieder betont, dass Bär neben Marcel Degner die wichtigste Personalie für Blood & Honour in Thüringen war.
Bär war nicht nur Gründungsmitglied der Thüringer Blood & Honour-Sektion, sondern hob 1997 auch deren Jugendorganisation White Youth aus der Wiege. Im Neonazi-Fanzine Der Kreuzritter berichtet ein Kamerad 1998:

„Die Idee für diese Bewegung hatte ein Kamerad aus Gera, Mike Bär […] Er sammelte einige Leute aus ganz Thüringen im Dezember 1997 zu unserem 1. Treffen und unterbreitete seine Ziele. Die lauteten: Junge Leute zu organisieren und sie an die ,älteren‘ Kameraden zu binden. Fähige zu unterstützen und Spinner auszusortieren.“ (1)

Nach dem Verbot von Blood & Honour im Jahr 2000 war Mike Bär die zweite Person neben Marcel Degner, die eigenständig gegen das Verbot klagte.

2004 war Bär einer der Helfer bei einem von André Kapke organisierten Konzert in Wichmar.

Seit 2004 betreibt Mike Bär die Firma Bauservice Bär (BSB), die bis heute mit mehreren Mitarbeitern besteht. Anfang 2021 war der BSB beispielsweise mit dem Ausbau eines Restaurants in der Fußgängerzone in der Geraer Schlossstraße am Kultur- und Kongresszentrum beauftragt.

Bauservice Bär (Mike Bär mittig) 2018.
Bauservice Bär (mittig Mike Bär) 2018 [Foto: Screenshot Facebook]

Mike Bär wohnt in der Ernst-Busse-Straße in Kauern.

Jens Fröhlich

Jens Fröhlich (*08.04.1978), der auch unter seinem Pseudonym „Asemit“ bekannt ist, ist ein bundesweit vernetzter Musiker und Geschäftsmann im Genre des National Socialist Black Metal (NSBM).

Jens Fröhlich Ender der Neunzigerjahre mit einem Shirt der Blood & Honor-Jugendorganisation White Youth
Jens Fröhlich Ender der Neunzigerjahre mit einem Shirt der Blood & Honour-Jugendorganisation White Youth [Foto: haskala]
Fröhlich wuchs in Gera auf und begann mit Raub, Diebstahl und Sachbeschädigung früh eine kleinkriminelle Karriere im Geraer Naziumfeld. Seine Strafakte wuchs seit Mitte der Neunziger kontinuierlich an und verzeichnet Landfriedensbruch, Diebstahl, besonders schweren Diebstahl, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Fahrerflucht, Bedrohung, Verleumdung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung,

1996 gründete Fröhlich mit Marcel Niebuhr, David Nonn und Robert Wunderlich die Nazi-Oi!-Band Oigenik. Als man sich musikalisch zum Pagan-Metal umorientierte, wechselte man den Namen zu Eugenik. Ihr erstes Konzert spielten sie 1997 im Treffpunkt des Thüringer Heimatschutzes in Heilsberg. Nach der Gründung der Blood & Honour-Jugendorganisation White Youth in Gera durch Mike Bär, wurde Jens Fröhlich zu einem ihrer führenden Aktivisten. Auch die anderen Mitglieder der Band Eugenik gaben an, Mitglieder bei White Youth zu sein. Bis zum Ende der Neunziger erspielte sich Fröhlich mit Eugenik überregionale Bekanntheit. Bei einer Razzia des Proberaums 1998 fanden die Behörden eine Sammlung von Nazidevotionalien und Liedtexten, die zu einem §86a-Verfahren führten. Die vor allem als Liveband agierende Gruppe spielte mehrmals auf dem Geraer Festival Rock für Deutschland, gab Konzerte aber auch über die Landesgrenzen hinaus, beispielsweise 2008 in Wimmis in der Schweiz zusammen mit der Szenekultband Kraftschlag. 2009 traten Eugenik beim Wahlkampfauftakt der sächsischen NPD in Rothenburg auf.

David Nonn, Jens Fröhlich und Marcel Niebuhr (v.l.n.r.) als Eugenik live beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera
David Nonn, Jens Fröhlich und Marcel Niebuhr (v.l.n.r.) als Eugenik live beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Zur 1998 um den Geraer NSBM-Musiker Denis Schoner formierten Band Totenburg kam Fröhlich 2004 als Sänger hinzu. Die Band spielte gemeinsam das Album Pestpogrom ein, dessen Cover eine mittelalterliche Judenverbrennung zeigt. Im gleichen Jahr folgten Konzerte sogar in Griechenland und Belgien.
2020 erschien Jenseits des Grabes, das jüngste Album der Band.

Jens "Asemit" Fröhlich mit der Band Totenburg bei einem Blood & Honour Konzert in Belgien 2004
Jens “Asemit” Fröhlich mit der Band Totenburg bei einem Blood & Honour Konzert in Belgien 2004 [Foto: Broschüre RechtsRock made in Thüringen]

Jens Fröhlich übernahm außerdem ab Mitte der 2000er gelegentlich die zweite Stimme bei der NS-Black-Metal-Band Absurd; gemeinsam mit Denis Schoner beteiligte er sich auch an deren Studioproduktionen. Absurd haben ihren Kultstatus in der Naziszene damit begründet, dass die Mitglieder Hendrik Möbus, Sebastian Schauseil (heute: Sebastian Förster) und Andreas K. 1993 gemeinschaftlich ihren Mitschüler Sandro Beyer ermordeten. Noch nach der Haft verunglimpfte Hendrik Möbus das Opfer als „unwertes Leben“ und stellte damit seine manifeste nationalsozialistische Ideologie zur Schau. Sebastian Förster (geb. Schauseil) nahm auch nach der Zeit im Gefängnis Musik mit Absurd auf, spielte später mit anderen NS-Black-Metal-Musikern in verschiedenen Bands und arbeitet heute im Schulamt Ostthüringen mit Sitz in Gera.

Nach dem Verbot von Blood & Honour und der White Youth beteiligte Fröhlich sich an der Fortführung der Bewegung aus dem Untergrund heraus. Zum in Thüringen produzierten Blood & Honour-Sampler Trotz Verbot nicht tot steuerten Fröhlichs Bands Eugenik und Totenburg jeweils Lieder bei. 2003 fanden deshalb unter Leitung des Thüringer Landeskriminalamts Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts auf Fortführung von Blood & Honour-Strukturen unter anderem bei Fröhlich und Schoner statt.

Fröhlich und Totenburg-Bandkollege Schoner zählen zu den bundesweit umtriebigsten Personen in der NSBM-Szene. Neben ihren Musikprojekten verlegen und vertreiben beide vor allem NS-Black-Metal. Fröhlich betreibt das Label Ewiges Eis Records und den Methorn Versand, Schoner ist Inhaber des Labels Hammerbund.

Im Zusammenhang der Ermittlungen zum NSU geriet Fröhlich ins Visier der Polizei nachdem NSU-Freund und -Helfer André Eminger festgenommen wurde. Auf Emingers Mobiltelefon war die Nummer Fröhlichs gespeichert. Fröhlich gab bei einer Vernehmung an, regelmäßigen Kontakt zu Eminger gepflegt zu haben; Eminger kam öfter nach Gera, um Bestellungen von Fröhlich abzuholen. In der Zwickauer Wohnung des NSU-Kerntrios wurde außerdem ein gefälschter Reisepass auf den Namen „Michael Fröhlich“ gefunden. Die ermittelnden Beamten spekulierten, dass für den Pass entweder der Zwickauer Neonazi Eric Fröhlich oder Jens Fröhlich aus Gera eine Legende geliefert haben könnten.
Fröhlich ist Mitglied des rechten Motorradclubs Stahlpakt MC (Rang Sergeant at arms), die nach André Emingers Verhaftung eine Solidaritätswebsite aufsetzten und für Spenden warben.

Jens Fröhlich auf einer NPD-Demo am 09.04.2011 in Gera. 1. v.l.: Christian Kresse, 2. v.l.: Marcel Niebuhr (Eugenik), 1. v.r.: Beatrice Fischer
Jens Fröhlich (Mitte mit Aryans-Pullover) auf einer NPD-Demo am 09.04.2011 in Gera. 1. v.l.: Christian Kresse, 2. v.l.: Marcel Niebuhr (Eugenik), 1. v.r.: Beatrice Fischer [Foto: Recherche Gera]

Fröhlich ist in die elterliche Firma KARE Immobilien in Gera involviert, die mittlerweile über seinen Bruder Janos Fröhlich läuft. Janos ist ebenfalls Musiker im NSBM-Genre bei der weitaus unbekannteren Band Isolfur. Jens Fröhlich ist bei KARE als Hausmeister angestellt, tritt allerdings auch als Hausverwalter auf, wie etwa im Zuge der Berichterstattung zu Hochwassergeschädigten im ZDF Morgenmagazin zu sehen war.

Jens Fröhlich als Hochwasseropfer im ZDF Morgenmagazin 2013
Jens Fröhlich als Hochwasseropfer im ZDF Morgenmagazin 2013 [Bild: Twitter]

Fröhlich wohnt in der Dr.-Friedrich-Wolf-Straße im Geraer Zentrum.

Silvio Jordan

Cornelia Jacob, Jörg Brehski, Silvio Jordan (in Jacke der Blood&Honour Sektion Thüringen) 1997 bei einem Rechtsrock-Konzert
v.l.n.r.: Cornelia Jacob, Jörg Brehski, Silvio Jordan (in Jacke der Blood & Honour-Sektion Thüringen) bei einem Rechtsrock-Konzert 1997. [Foto: Archiv]

Silvio „Hotte“ Jordan (*07.11.1977) stieß Mitte der Neunzigerjahre zur rechten Skinheadszene in Gera. Er fuhr sehr rege durch das ganze Bundesgebiet zu Rechtsrockkonzerten und fiel dabei regelmäßig mit verbotenen Nazi-Symboliken oder durch die Beteiligung an Ausschreitungen auf. Schon 1995 war er an einem Angriff auf das damalige linke Projekt in der Hohen Straße in Gera beteiligt. 1996 wurde er in Bayern mit einer Triskele auf der Kleidung festgestellt, einer dreizackigen Abwandlung des Hakenkreuzes, die ein Jahr darauf als Symbol in den Schriftzug von Blood & Honour Deutschland integriert wurde. 1997 beteiligte sich Jordan an Krawallen im thüringischen Tautenhain und in Triptis, 1998 wurde er nach der Auflösung eines Konzertes in Brandenburg polizeilich aufgenommen.
Nach der Gründung von Blood & Honour Deutschland im Jahr 1997 wurde Jordan unter Marcel Degner der stellvertretende Führer der thüringischen Sektion. In dieser Funktion war er auch an bundesweiten Treffen des militanten Netzwerks beteiligt. Bei einem dieser Treffen 1998 kam er unter anderem mit dem gesamten UnterstützerInnenkreis des untergetauchten späteren NSU-Kerntrios von Blood & Honour Sachsen zusammen: Antje Probst, Jörg Winter, Andreas Graupner, Jan Werner und Thomas Starke. Jordans Thüringer Sektion sammelte außerdem mit Konzerten Spendengelder für die Untergetauchten. Diese Gelder waren laut Aussagen des Brandenburger V-Mann Carsten Szczepanski explizit für die Beschaffung von Waffen bestimmt.

Jordan blieb auch nach dem Blood & Honour-Verbot 2000 aktiver Neonazi in Gera. Die frühere Kameradschaft Gera und die Blood & Honour-Aktivisten sammelten sich mit der Zeit in der Geraer NPD und im Organisationskreis des ab Mitte der 2000er stetig anwachsenden Rechtsrockfestivals Rock für Deutschland. Jordan gehörte zu den Helfern des jährlichen Events und beteiligte sich u.a. am Aufbau. Noch 2013 war Jordan mit seinem früheren Blood & Honour-Kameraden Roberto Graf einer der Organisatoren des Festivals, das seit 2012 vor dem Geraer Hauptbahnhof stattfand.

Silvio "Hotte" Jordan (1. v.r.) und Roberto "Matzo" Graf (mit Sonnenbrille und Becher) auf dem Rock für Deutschland am 06.07.2013 in Gera
Silvio „Hotte“ Jordan (1. v.r.) und Roberto „Matzo“ Graf (daneben mit Sonnenbrille und Becher) auf dem Rock für Deutschland am 06.07.2013 in Gera [Foto: Recherche Gera]
2014 kandidierte Jordan auf Listenplatz 7 für die NPD zur Geraer Stadtratswahl. Er beteiligte sich in all den Jahren, bis mindestens 2018, an NPD-Aufmärschen in Gera, am Nazi-Gedenken zum Volkstrauertag und bringt zu Kneipenabenden in Totos Treff in Gera oder zu Grillabenden immer wieder auch die alten Blood & Honour-Kader zusammen. Hierzu brachte André Groth aus Apolda, der Ender der Neunziger bereits zur Thüringer Sektion zählte und auch nach dem Verbot die Organisation weiter unterstützte, 2016 den Apoldaer Rechtsrock-Händler Fabian Kellermann und den heutigen Unterstützer des verbotenen Blood & Honour-Netzwerks, Robert Hoyer, mit zu einem Treffen mit Silvio Jordan und weiteren älteren Kadern aus Gera.

Blood & Honour-Reunion 2016: Roberto Graf (oben 2.v.l.), André Groth (Apolda, oben 3.v.l.), Silvio Jordan (oben 4.v.l.) und Fabian Kellermann (Apolda, oben 2.v.r.), Raik Schumann (Legion Ost, unten 1.v.l.) und Robert Hoyer (Apolda, unten mittig)
Blood & Honour-Reunion 2016: Roberto Graf (oben 2. v.l.), André Groth (Apolda, oben 3. v.l.), Silvio Jordan (oben 4. v.l.) und Fabian Kellermann (Apolda, oben 2. v.r.), Raik Schumann (Legion Ost, unten 1. v.l.) und Robert Hoyer (Apolda, unten mittig) [Foto: Screenshot Facebook]
Silvio "Hotte" Jordan (1. v.l.) in Begleitung von Raik Schumann (1. v.r.) beim Rock gegen Überfremdung in Themar im Juli 2017. Im Hintergrund: Roberto "Matzo" Graf (li.) und Christian Kresse (re.) aus Gera
Silvio „Hotte“ Jordan (1. v.l.) in Begleitung von Raik Schumann (3. v.r.) beim Rock gegen Überfremdung in Themar im Juli 2017. Im Hintergrund: Roberto „Matzo“ Graf (li.) und Christian Kresse (re.) aus Gera [Foto: Lukas Beyer]

Jordan arbeitete vor einigen Jahren noch als selbstständiger Schrottsammler in Gera. Jordan wohnt in der Eiselstraße in Gera-Debschwitz.

Roberto Graf

Roberto Graf (1. v.l.) und Jens Fröhlich (1. v.r.) bei einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD am 12.02.2000 in Gera
Roberto Graf (1. v.l.) und Jens Fröhlich (1. v.r.) bei einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD am 12.02.2000 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Der am 20.11.1970 in Saalfeld geborene Roberto „Matzo“ Graf war schon um die Wendezeit als Neonazi-Skinhead in Gera aktiv. Aufgrund zahlreicher Straftaten, darunter Diebstähle, Sachbeschädigungen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Landfriedensbruch musste er 1992 eine Haftstrafe antreten. Während dieser Zeit setzten ihn seine Geraer Kameraden auf eine Gefangenenliste „weißer Kriegsgefangener“ („White Prisoners of War“), die von der selbsterklärten US-amerikanischen Nachfolgeorganisation der NSDAP, der „NSDAP/AO“, in deren Zeitschrift The New Order veröffentlicht wurde. Auf dieser Liste stand zur gleichen Zeit auch der niedersächsische FAP-Funktionär Thorsten Heise, der wie Graf später Kader des militanten Blood & Honour-Netzwerks wurde.

1992_93 Graf The New Order
Roberto Graf auf der Liste “White P.O.W.’s” der amerikanischen NSDAP/AO in The New Order

Als sich nach Grafs Haftentlassung die Kameradschaft Gera organisierte, zählte er zu den Mitgliedern der ersten Stunde und zahlte regelmäßige Mitgliedsbeiträge. Die Liste über Beitragszahler wurde von Graf selbst verwaltet. 1997 kam Graf erneut in Haft, als er einen Neonazi-Kameraden im Krankenhaus in Bayern besuchte und bei einer Personenkontrolle festgestellt wurde, dass er per Haftbefehl aus Hessen gesucht wurde. Gegen Graf waren u.a. neue Verfahren wegen Betrugs, Erschleichens von Leistungen und Volksverhetzung hinzugekommen. Um die Jahrtausendwende zählte Graf dann ebenfalls zur thüringischen Blood & Honour-Sektion um den Sektionsleiter Marcel Degner aus Gera.
2003 eröffnete Roberto Graf in der Leipziger Straße den Neonaziladen Inside, der sich jedoch nur kurze Zeit hielt, nachdem Antifaschist*innen u.a. mit einer Kampagne und mehrfachem Glasbruch das Geschäft gestört hatten.

Graf beteiligte sich ununterbrochen an den Aktivitäten der Geraer Naziszene: Er unterstützte jahrelang die Organisation des Rock für Deutschland, nahm an unzähligen NPD-Veranstaltungen teil und besuchte regelmäßig die revisionistischen Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag.

Roberto Graf, Gordon Richter und André Berghold beim Aufbau des Rock für Deutschland am 05.07.2013
Roberto Graf, Gordon Richter und André Berghold (v.l.n.r.) beim Aufbau des Rock für Deutschland am 05.07.2013 [Foto: Recherche Gera]
Roberto Graf (re. mit Sonnenbrille) bei einer Demo des III.Wegs am 1. Mai 2017 in Gera
Roberto Graf (re. mit Sonnenbrille) bei einer Demo des III.Wegs am 1. Mai 2017 in Gera [Foto: Sören Kohlhuber]

Zur Stadtratswahl 2014 kandidierte Graf in Gera für die NPD. 2017 fuhr er mit seinen alten Blood & Honour-Kameraden, darunter Silvio Jordan und Raik Schumann von Legion Ost, zum Rock gegen Überfremdung in Themar.

Roberto Graf (1. v.l.) und Christian Kresse (1. v.r.) beim Neonazi-Großfestival in Themar am 15.7.2017
Roberto Graf (1. v.l.) und Christian Kresse (1. v.r.) beim Neonazi-Großfestival Rock gegen Überfremdung in Themar am 15.07.2017 [Foto: Lukas Beyer]

Roberto Graf ist gelernter Maurer, arbeitete aber über die Jahre in verschiedensten Jobs. Er war u.a. beim Sicherheitsdienst von Großveranstaltungen eingesetzt.
Graf wohnte zuletzt in der Calvinstraße im Geraer Ostviertel.

Von der Kameradschaft Gera und B&H zum Rock für Deutschland

Die Kameradschaft Gera, die im Thüringer Heimatschutz organisiert war, und die von Gera aus koordinierte Thüringer Blood & Honour-Sektion waren der Brutkasten, aus dem der NSU mitsamt seinem UnterstützerInnen-Netz gediehen ist. Auch wenn nach der Selbstenttarnung des NSU 2011 das Thema „Naziterror“ für viele schnell wieder erledigt schien, hatte man in Gera beste Voraussetzungen, an die Traditionen anzuknüpfen. Durch die Erfahrungen, die man bei Blood & Honour im Organisieren von Konzerten und Großveranstaltungen gesammelt hatte, konnte man ein Festival wie das Rock für Deutschland erfolgreich etablieren und vergrößern. Die Geraer NPD, in der die meisten B&H– und Kameradschaftskader aufgingen, ging dabei geschickt eine Verbindung mit den gut vernetzten NS-Musikstrukturen aus Gera ein. 2012, nur ein halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios bekannten sich die OrganisatorInnen des RfD im Sommer 2012 durch das an der Bühne angebrachte alte Banner zum Thüringer Heimatschutz – in dem Wissen, dass dieser Kameradschaftsverband mit zahlreichen Geraer Akteuren dem NSU-Terror als ideologischer und finanzieller Nährboden diente.

Die NPD und das Rock für Deutschland mögen, so scheint es zumindest momentan, Geschichte sein. Die Strukturen dahinter existieren weiter; die alten Kameraden geben derweil ihr Wissen, ihre Kontakte und ihre Ressourcen an die jüngeren weiter.

Das Thema NSU lässt sich nicht ad acta legen, die Beteiligten sind weiter unter uns.

Mit Unterstützung des Rechercheportals Jena-SHK.


(1) Der Kreuzritter, Nr. 2, 1998. S. 6. Zitiert nach: Martin Langebach/Jan Raabe: RechtsRock made in Thüringen. Erfurt 2013.