Was macht eigentlich… Sandro Auerbach?

Unter der Rubrik Was macht eigentlich…? stellen wir in unregelmäßigen Abständen Personen vor, die versuchen, es sich in der Mitte der Gesellschaft gemütlich zu machen.
Durch die langjährige Aktivität in der extrem rechten Szene und ihren ausbleibenden Ausstieg stellen diese Personen mit ihrem Wissen, ihren Kontakten und Netzwerken eine schwer einzuschätzende Gefahr besonders für diejenigen dar, die ihnen ausgesetzt sind.


Sandro Auerbach bei einer Nazi-Demonstration am 03.09.2011 in Dortmund.
Sandro Auerbach bei einer Nazi-Demonstration am 03.09.2011 in Dortmund. [Foto: unbekannt]
Sandro Auerbach (*14.05.1987) tauchte bereits im Jahr 2008 auf dem NPD-Open-Air Rock für Deutschland in Gera auf. Bis heute ist er in Nazikreisen aktiv. Der 35-Jährige ist unter anderem nach §86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen), Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Waffengesetz vorbestraft.

Sandro Auerbach auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera.
Sandro Auerbach (mittig) auf dem NPD-Festival Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera. [Foto: Recherche Gera]
2008/09 begann er, sich in der damaligen Geraer Kameradschaft Blindenhunde zu engagieren. Von Stil und Auftreten her ließ sich die Gruppe den autonomen Nationalisten zuordnen. Auf einer Demonstration in Freiberg 2009 ist Auerbach dementsprechend mit schwarzem Kapuzenpullover, Kufiya („Palästinensertuch“) und Sonnenbrille zu sehen. Auf einer Kontaktliste, die der verurteilte NSU-Helfer Ralf Wohlleben nach einem internen Koordinierungstreffen 2009 zusammenstellte und verschickte, fanden sich auch die Geraer Blindenhunde mit den Kontaktdaten von Blindenhunde-Mitglied Doreen Sikorska.
Bis 2011 tauchte Auerbach immer wieder bei Aktionen hinter dem Banner der Blindenhunde auf. Zu dieser Zeit machte er den Einrduck, eine der tonangebenden Figuren der Kameradschaft zu sein, die zudem für zahlreiche Nazi-Schmierereien in Gera verantwortlich war.

Sandro Auerbach als Teil der Kameradschaft Blindenhunde am 01.05.2009 in Freiberg
Sandro Auerbach (mit offenem Mund und Sonnenbrille) als Teil der Geraer Kameradschaft Blindenhunde am 01.05.2009 in Freiberg. [Foto: Infothek Dessau]
Ab 2012 bewegte er sich im Umfeld der nächsten lokalen Kameradschaft, die sich Vollstrecker nannte. Seit 2011 organisierten und besuchten die Vollstrecker Naziveranstaltungen, bis sie sich 2014 nach strafrechtlich relevanten Gewaltaufrufen auf Twitter auflösten. Bis 2013 besuchte Sandro Auerbach beinahe jede Veranstaltung der extremen Rechten in Gera, darunter Kundgebungen und Demonstrationen der NPD Gera oder das alljährliche NPD Open Air Rock für Deutschland. Zudem reiste er zu Demonstrationen selbsternannter „autonomer Nationalisten“ nach Dortmund oder Freiberg.

Sandro Auerbach auf einer Demo der NPD auf dem Marktplatz in Gera am 17.06.2011.
Sandro Auerbach (4. v.r.) auf einer Demo der NPD auf dem Marktplatz in Gera am 17.06.2011. Außerdem: Robert Bernhardt, Bryan Kahnes, Kevin Fijalkowski (v.r.n.l.) und Stephan Kramsmeyer (1. v.l.). [Foto: Recherche Gera]
Sandro Auerbach und Jennifer Westphal auf dem Rock für Deutschland am 13.07.2013 in Gera.
Sandro Auerbach (1. v.l.) und Jennifer Westphal (Vollstrecker-Shirt und Ordnerbinde) auf dem Rock für Deutschland am 13.07.2013 in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Ab ca. 2014 wurde es um Sandro Auerbach etwas ruhiger. Auf öffentlichen Veranstaltungen der extremen Rechten in Gera und Umgebung war er vorerst nicht mehr sichtbar. Im Social Media teilte Auerbach jedoch fortwährend rassistische, xenophobe und rechtspopulistische Inhalte, darunter Beiträge der AfD Gera und der neofaschistischen Partei III. Weg.

Sandro Auerbach gefällt das: Inhalte der faschistischen Partei III. Weg. [Bild: Screenshot facebook]
Sandro Auerbach gefällt das: Inhalte der faschistischen Partei III. Weg. [Bild: Screenshot facebook]
Möglicherweise hing dieses vorsichtigere Auftreten in der Öffentlichkeit auch mit seiner wachsenden Vorstrafensammlung und seinem Privatleben – beispielsweise der neuen Rolle als Ziehvater 2013 und als Vater eines eigenen Kindes seit 2017 – zusammen. Zu dieser Zeit kam, wohl auch von ihm selbst befeuert, das Gerücht um einen möglichen Szeneausstieg Auerbachs auf. Diese Gerüchte wurden allerdings spätestens mit seiner Teilnahme am sogenannten Heldengedenken der extrem rechten Vereinigung Patrioten Ostthüringen im November 2020 auf dem Geraer Ostfriedhof widerlegt. Die Veranstaltung verfolgte er im Kreise seiner langjährigen Kameraden und Wegbegleiter, unter ihnen Christian Gentzsch und Fabian Matthes.

Beatrice Fischer, Christian Gentzsch, Sandro Auerbach, Ralf-Dieter Gabel und Fabian Matthes zum Volkstrauertag am 15.11.2020 auf dem Geraer Ostfriedhof.
Beatrice Fischer, Christian Gentzsch, Sandro Auerbach, Ralf Dieter Gabel und Fabian Matthes (v.l.n.r.) zum Volkstrauertag am 15.11.2020 auf dem Geraer Ostfriedhof. [Bild: Screenshot youtube]
Sein äußerliches Auftreten hat Auerbach über die Jahre immer wieder verändert. Den Kleidungsstil der autonomen Nationalisten hat er spätestens 2013 abgelegt und ist damit äußerlich kaum noch als „klassischer“ Nazi erkennbar. In Gera und Umgebung ist Auerbach gern auf „Hardtekk“-Veranstaltungen zu finden und teilt entsprechende Inhalte auf Social-Media-Kanälen. Er wohnt derzeit zusammen mit seiner Freundin in der Umgebung der Franz-Stephan-Straße in Gera-Lusan. Auerbach arbeitet seit vielen Jahren im Geraer Lebensmittelmarkt Simmel in der Reichsstraße, wo er gut in die Belegschaft integriert ist und sich beispielsweise beim firmeninternen Fasching 2013 ungeniert im niedlichen Tierkostüm beteiligte.

Sandro Auerbach im Papageienkostüm im Geraer Simmel
Sandro Auerbach im Papageienkostüm zum Fasching im Geraer Simmel. [Foto: Archiv]

Was macht eigentlich… Kevin Schulhauser?

Unter der Rubrik Was macht eigentlich…? stellen wir in unregelmäßigen Abständen Personen vor, die versuchen, es sich in der Mitte der Gesellschaft gemütlich zu machen.
Durch die langjährige Aktivität in der extrem rechten Szene und ihren ausbleibenden Ausstieg stellen diese Personen mit ihrem Wissen, ihren Kontakten und Netzwerken eine schwer einzuschätzende Gefahr besonders für diejenigen dar, die ihnen ausgesetzt sind.


Kevin Schulhauser am 06.08.2012 auf einer Kundgebung der NPD in Gera.
Kevin Schulhauser am 06.08.2012 auf einer Kundgebung der NPD in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Kevin Schulhauser (29.08.1989) kommt aus Ronneburg bei Gera, wo er die Friedrich-Schiller-Regelschule besuchte. Bereits als 17-jähriger Teenager nahm er an Kundgebungen der NPD teil, so beispielsweise am 04.11.2007 auf dem Kornmarkt in Gera, wo der verurteilte NSU-Helfer Ralf Wohlleben einen Redebeitrag hielt.

Seine Freizeit verbrachte Schulhauser schon als Schüler in einem Freundeskreis, der sich selbst als Division Ronneburg bezeichnete und aus jugendlichen Neonazis bestand, die bis heute tief in der Naziszene verankert sind, darunter Josef Höschler, Daniel Steinmüller, die Brüder Alex und Max Onoszko, Stefan Polley, Tino Mutschmann, Robert Bernhardt und Christian Sohra:
Höschler nannte sich in der Zeit der Division Ronneburg in sozialen Medien abwechselnd „Politischer Soldat“ oder „El Duce“ (dt.: der Führer) und lud Fotos seiner Waffen- und NS-Militaria-Sammlung hoch. Er brachte es in der Zwischenzeit zum erfolgreichen und international vernetzten Veranstalter von konspirativen NS-Black-Metal-Konzerten, oftmals auf seinem Grundstück in Ronneburg. Daniel Steinmüller gehört Recherchen zufolge zu den zahlenden Mitgliedern der Vereinigung Combat 18, dem bewaffneten Arm der verbotenen Blood-&-Honour-Struktur.

 Kevin Schulhauser (2. v.l. mit Zigarette) und Teile der “Division Ronneburg”: 1. v.l.: Josef Höschler, 3. v.l. Daniel Steinmüller, 4. v.l. (mit Stahlhelm) Stefan Polley, 1. v.r.: Robert Bernhardt, unten rechts kniend Christian Sohra.
Kevin Schulhauser (2. v.l. mit Zigarette) und Teile der Division Ronneburg: 1. v.l.: Josef Höschler, 3. v.l. Daniel Steinmüller, 4. v.l. (mit Stahlhelm) Stefan Polley, 1. v.r.: Robert Bernhardt, unten rechts kniend: Christian Sohra. [Foto: Screenshot schuelervz]
Schulhauser gründete in dieser Zeit mehrere „Kameradschaften“, die aber allesamt Rohrkrepierer blieben und keine Außenwirkung erzielten.
Bis 2014 nahm Schulhauser an fast jeder Kundgebung, Demonstration und Veranstaltung der NPD im Raum Gera und Greiz teil. So war er in dieser Zeit Helfer beim Aufbau, regelmäßiger Besucher und Redner des NPD Open Airs Rock für Deutschland in Gera.
Zur Bundestagswahl 2013 war er Kandidat der NPD im Wahlkreis 195 Greiz Altenburg Land und erreichte 3,7% der Erststimmen.

Kevin Schulhauser (1. v.l.) als Ordner auf dem Rock für Deutschland am 11.07.2009 in Gera. 1. v.r.: Max Onoszko, 2. v.r. Christian Sohra.
Kevin Schulhauser (1. v.l.) als Ordner auf dem Rock für Deutschland am 11.07.2009 in Gera. 1. v.r.: Max Onoszko, 2. v.r. Christian Sohra. [Foto: Infothek Dessau]
Kevin Schulhauser (mittig) am 17.11.2013 bei einer Veranstaltung der NPD am Volkstrauertag in Gera.
Kevin Schulhauser (mittig, über der Fackel) am 17.11.2013 bei einer Veranstaltung der NPD am Volkstrauertag in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Anfang 2013 gründete er das Nationale Bildungswerk Ronneburg. Hier inszenierte er sich als „nationaler Schulungsleiter“ und bot Vorträge, Seminare und Workshops an. Themen waren dabei z.B. „Dem Inklusionswahn entgegen – Ethik und Moral – Rechtsschulungen – Kreativer Aktionismus“.
Kurzzeitig avancierte Schulhauser damit zum Schulungsleiter des Landesverbandes der Thüringer NPD. Sein Projekt versuchte Schulhauser unter anderem auf extrem rechten Festivals oder Veranstaltungen wie dem Eichsfeldtag 2013 in Leinefeld mit Infoständen zu bewerben.
Insgesamt entfaltete das Bildungswerk allerdings nur wenig Wirkung, öffentlich angekündigte „Seminare“ wurden von der Polizei aufgelöst oder untersagt.

Flyer des Nationalen Bildungswerks Ronneburg von Kevin Schulhauser
Flyer des Nationalen Bildungswerks Ronneburg von Kevin Schulhauser

Nach dem enttäuschendem Wahlkampf der NPD 2014 sägte Schulhauser im internen Machtkampf des Thüringer Landesverbandes mit am Stuhl von Patrick Wieschke. In der teilweise öffentlich geführten Schlammschlacht schien Schulhauser aber eher zu unterliegen.
Nach Missbrauchsvorwürfen gegen ihn und öffentlichen Angriffen anderer damaliger NPD-Politiker wandte sich Schulhauser Ende 2014 von der NPD ab und ab Sommer 2015 der Identitären Bewegung zu.

Schulhauser im Shirt der Identitären Bewegung auf einer Demo der AfD in Erfurt.
Schulhauser im Shirt der Identitären Bewegung auf einer Demo der AfD in Erfurt. [Foto: thueringenrechtsaussen]
Beim Aufbau des Thüringer Ablegers der Identitären Bewegung nahm Schulhauser eine führende Rolle ein.
In der Folge kommt es zu eher peinlichen Auftritten Schulhausers: So „besetzten“ sie aus rassistischer Motivation gegen die Unterbringung von geflüchteten Menschen ein Haus im Unstrut-Hainich-Kreis in Thüringen (das falsche).
Aufgrund solcher Aktionen und vielleicht aufgrund des Rufs von Schulhauser als Querulant bleibt die Identitäre Bewegung in Thüringen eher eine Randerscheinung.
Bis mindestens 2017 war Schulhauser in den vordersten Reihen bei Demonstrationen der IB beteiligt. 2020 wählte er für sein KfZ-Kennzeichen das Kürzel der Identitären Bewegung.

Kevin Schulhauser (rechts unten) auf einer Demonstration der Identitären am 17.06.2016 in Berlin.
Kevin Schulhauser (rechts unten) auf einer Demonstration der Identitären am 17.06.2016 in Berlin. [Foto: Sören Kohlhuber]
Heute arbeitet Kevin Schulhauser im Vodafone Shop in der Teepassage (Sorge 8) in Gera. Also Augen auf beim Abschluss von Telekommunikationsverträgen bei Vodafone in Gera!

Kevin Schulhauser als Mitarbeiter des Vodafone Shops Sorge 8 in Gera
Kevin Schulhauser als Mitarbeiter des Vodafone Shops Sorge 8 in Gera. [Foto: Recherche Gera]