Unter UNS – Das Netzwerk des NSU in Gera

FreundInnen, UnterstützerInnen, SympathisantInnen der nationalsozialistischen Terrorgruppe NSU leben seit Jahrzehnten unbehelligt in Gera, führen ein ungestörtes, behagliches Leben und florierende Betriebe.

Es ist wesentlich den Untersuchungsausschüssen der Länder, den Hinterbliebenen der Opfer, Recherchegruppen und unabhängigen Initiativen zu verdanken, dass die Geschichte vom NSU, der nur zu dritt gewesen sei, in die Kategorie „Deutsche Märchenerzählungen“ gehört. Damit Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt als Kerntrio über ein Jahrzehnt hinweg unentdeckt und mordend durch das Land ziehen konnten, brauchte es ein gut funktionierendes Netzwerk von UnterstützerInnen, FreundInnen und SympathisantInnen.

Gera hat in diesem Netzwerk seinen besonderen Platz: Dabei ist nicht nur die geografische Nähe etwa zu Jena und Zwickau interessant; mit bedeutenden Protagonisten der Kameradschaftsszene, der militanten Nazi-Vereinigung Blood & Honour und als Ballungsgebiet in der NS-Musiklandschaft konnte den ausführenden Organen des NSU von Gera aus besonders gut Vorschub, Unterstützung und Hilfe geleistet werden. Von hier aus konnten auch die Ideen, die dann in ihre mörderische Tat umgesetzt wurden, verbreitet werden.

10 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU 2011 liegt auch in Gera (noch und wieder) vieles im Dunkeln. In der Stadt, in der es für alte und neue Kameraden so gemütlich ist, ist bisher niemand ernsthaft den Spuren nachgegangen, die nicht nur sehr dicht an die mordenden Nazis führen, sondern die außerdem zum Verständnis des gesamten NSU-Komplexes beitragen können.
10 Jahre und länger konnten sich die AkteurInnen in Gera bewegen, ohne der Szene den Rücken kehren oder Stellung zu ihrer Vergangenheit beziehen zu müssen. Eine lokale journalistische Aufarbeitung hat es ebensowenig gegeben wie eine gesellschaftliche.
Um den Namen aus dem NSU-Prozess ihr Gesicht zu geben und um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Beteiligten und UnterstützerInnen des NSU mitten unter uns sind, wollen wir eine Auswahl dieser Personen vorstellen.
Damit wollen wir einen Teil zu der Reihe an Artikeln und Recherchen beitragen, die in diesem Jahr dafür gesorgt haben, dass das Thema NSU-Komplex nicht in Vergessenheit gerät.

Marcel Degner

Der Geraer Marcel Degner (*05.05. 1975) gilt als eine der wichtigsten Personen im Aufbau des Blood & Honour-Netzwerks in Deutschland.

Thorsten Heise und Marcel Degner am 12.02.2000 auf einer Demo des THS und der NPD in Gera
Thorsten Heise und Marcel Degner (v.l.n.r.) am 12.02.2000 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera [Foto: Recherche Gera]

Seit den frühen 90er Jahren bewegte sich Degner mit dem Spitznamen „Riese“ in der Naziszene. Im Jahr 1994 organisierte Degner eine Busreise von Nazi-Skinheads zur Gedenkstätte Buchenwald, unter ihnen die Mitglieder der Geraer Band Oithanasie. Auf der Hinfahrt überfielen und verletzten die Nazis einen türkischen Verkäufer an einer Raststätte, bevor sie nach ihrer Ankunft in der Gedenkstätte randalierten.

In der darauf folgenden Zeit füllte Degner seine Polizeiakte: Ermittelt wurde gegen ihn wegen Landfriedensbruchs, Beleidigung, Verwendens und Erwerbs von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Bedeutung in der Szene erlangte er auch als Organisator von Nazikonzerten in Thüringen und Sachsen.
1997 nahm Degner eine entscheidende Rolle im Zusammenschluss der deutschen Blood & Honour-Vereinigung ein: er wurde zum bundesweiten Kassenwart von Blood & Honour und Leiter der Sektion Thüringen. Die Thüringer-Blood & Honour-Sektion wurde im Wesentlichen von Gera aus koordiniert. Neben Degner waren Roberto „Matzo“ Graf, Silvio „Hotte“ Jordan, Daniel „Kurti“ Porsche und Anja Burian wichtige ProtagonistInnen. Ebenfalls in Gera wurde mit der White Youth die Jugendorganisation von Blood & Honour gegründet und unter Beteiligung von Mike Bär, Sven „Zimbo“ Zimmermann und dem NS-Musiker Jens Fröhlich geführt.

Roberto “Matzo” Graf und Marcel Degner am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD
Roberto „Matzo“ Graf (1. v.l. unten) und Marcel Degner (2. v.l. mit Zigarette) am 04.09.1999 auf einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD in Gera [Foto: Recherche Gera]

Marcel Degner organisierte am 13.11.1999 ein Blood & Honour-Konzert im thüringischen Schorba bei Jena, bei dem auch die NSU-Unterstützer Carsten Schultze und Thomas Starke anwesend waren. Degner bot bei dieser Gelegenheit Thomas Starke, dem Ex-Partner Beate Zschäpes und V-Mann für den Verfassungsschutz, mehrere tausend Euro für das untergetauchte NSU-Trio an. Starke lehnte das Angebot jedoch ab, da Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe „jobben“ würden, was de facto hieß, dass sie in dieser Zeit Banküberfälle durchführten.
Schon auf früheren Konzerten der Thüringer B&H-Sektion sammelte Degner Spendengelder für das Trio, die z.B. an André Kapke gingen. Nachdem bei den Untergetauchten in Chemnitz nichts von diesem Geld ankam, warf man Kapke vor, Geld veruntreut zu haben.

Als am 12.09.2000 durch das Bundesministerium des Innern sowohl Blood & Honour Division Deutschland als auch deren Jugendorganisation White Youth verboten wurden, stand Marcel Degner im Verbotsbescheid direkt an zweiter Stelle. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung war Degner nicht anwesend, Verwertbares fand sich nicht.
Das ist umso frappierender als die Thüringische Landeszeitung im Mai 2001 Informationen veröffentlichte, nach denen Degner als V-Person für das Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen tätig war und vor der Razzia im September 2000 vom Thüringer Verfassungsschutz vorgewarnt worden sei.
Im NSU-Prozess gab der ehemalige V-Mann-Führer Degners Jürgen Zweigert an, dass der als „Quelle 2100“ unter dem Tarnnamen „Hagel“ firmierende Marcel Degner zwischen 1997 und 2000 in rund 150 wöchentlichen Treffen Informationen lieferte und dafür jeweils mit 400 bis 500 DM vergütet wurde – Gelder, die Dank besonderer Auslagen des VS, etwa für Eintrittsgelder für Konzerte oder Spendengelder, auch auf direktem Wege in den Aufbau und Erhalt der militanten Naziszene flossen oder, wie im Falle der Spendensammlungen für Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, eine mordend durch das Land ziehende Terrorvereinigung finanzierten.
Abgeschaltet wurde die „zuverlässige Quelle“ Degner dann unmittelbar vor dem Verbot von Blood & Honour 2000, offiziell wegen eigenmächtigen Vorgehens gegen das B&H-Verbot, das Degner nicht mit dem Landesamt für Verfassungsschutz abgesprochen habe.
In der Tat klagte Degner, wie auch Mike Bär, privat mit eigenem Anwalt gegen das Verbot, das Gericht wies die Klage jedoch als verspätet zurück.

Vor Gericht bestritt Degner hartnäckig, als V-Mann für das TLfV tätig gewesen zu sein, und das, obwohl er eine amtliche Aussagegenehmigung der Behörde hatte. Degners Auffassung nach seien ihm die Spitzel-Vorwürfe erst durch die Presseberichte bekannt geworden, weswegen er erfolgreich die Ostthüringer Zeitung verklagte.
Dass Degner mit seiner Version, wonach er sich mit dem TLfV nie eingelassen habe, durchkam, hatte auch damit zu tun, dass alle Treffberichte des TLfV mit „Hagel“ spätestens seit 2003 verschollen waren, wie durch einen Geheimdienstmitarbeiter bemerkt wurde.

Degners frühere Kameraden witzelten noch 2016 auf facebook über sein Image. Der Account der dereinst einflussreichen Geraer Blood & Honour-Band Legion Ost, betrieben vom Sänger Daniel Stärz, kommentierte, dass man auf der Suche nach alten Eintrittskarten und anderen Erinnerungsstücken den „V mann“ fragen könne; Silvio „Hotte“ Jordan sprang ihm bei: „Hagel hat bestimmt auch noch einiges…….“

Auf der Seite der Band Legion Ost witzeln Daniel Stärz und Silvio "Hotte" Jordan über den V-Mann "Hagel" Marcel Degner
Über den Ruf Degners können sie lachen: Legion Ost (Daniel Stärz) und Silvio „Hotte“ Jordan schwelgen in Erinnerung und witzeln 2016 über den V-Mann „Hagel“ Marcel Degner [Bild: Screenshot Facebook]

Die alte Nazi-Clique hielt den Kontakt zu Degner – dazu könnten Erklärungen beigetragen haben, wie sie etwa im Verschwörungsblog nsu-leaks verbreitet werden. Deren Erzählung zufolge wurde Degner belastet, um eine andere Quelle des Verfassungsschutzes (denkbar wären demnach etwa der Ostthüringer Nazi Thomas Gerlach oder das „Justizwunder“ Thorsten Heise) zu decken. Eine Sicht auf die Dinge, die sicher auch Degners Kameraden glaubhaft gemacht werden konnte, zumal diese in den Folgejahren nie mit ernsthaften negativen Konsequenzen konfrontiert waren.

Degner kehrte der Szene nach den V-Mann-Vorwürfen gegen ihn allerdings nicht endgültig den Rücken (auch wenn sich, seiner Aussage nach, ab 2001 einige verunsichert von ihm abwandten): 2010 tauchte seine Adresse im Hack der Nazi-Bekleidungsmarke Thor Steinar auf, dort nutze er die Mailadresse riese33@gmx.de, die er heute immer noch für die gewerbliche Kommunikation verwendet. Bis heute trägt Degner mit Vorliebe Kleidung von Thor Steinar.
Seine andauernde Verbundenheit mit Naziideologie stellt Degner auch beim Paintball-Spielen zur Schau. Seine Rückennummer auf dem Trikot des Eastside Paintball e.V. ist die 88.

Marcel Degner im Paintball-Trikot mit der Rückennummer 88 bei einem Ausflug von Mitgliedern des Sportforums Gera am 20.08.2016
Marcel Degner im Paintball-Trikot mit der Rückennummer 88 bei einem Ausflug von Mitgliedern des Sportforums Gera am 20.08.2016 [Foto: Homepage Sportforum]

Degner trainiert im Fitnessstudio Sportforum in der Reichsstraße 16 in Gera und nahm in der Vergangenheit zusammen mit anderen Mitgliedern des Studios an verschiedenen Events wie Go-Kart-Fahren oder Paintball-Spielen teil.

Marcel Degner mit seinem Go-Kart-Team Frank M. und Johannes T.
Marcel Degner mit seinem Go-Kart-Team Frank M. und Johannes T. (v.l.n.r.) [Bild: Homepage Sportforum]
Degner (2. v.r.) bei einem Paintball-Turnier im September 2018.
Degner (2. v.r.) bei einem Paintball-Turnier im September 2018 [Foto: Screenshot Facebook]

Dass Degner trotz seiner herausragenden Rolle für den Aufbau und die Organisation von Blood & Honour-Strukturen in Deutschland, trotz seiner Verstrickungen in den NSU-Komplex und trotz seines Rufs als Verfassunsgsschutzspitzel weiter in Gera unter seinem alten Namen lebt, spricht dafür, dass er einen „Neuanfang“ (wie etwa andere enttarnte Quellen des VS oder bekanntgewordene Nazis in anderen Städten) nicht nötig hatte und sich hier offenbar sicher und einigermaßen willkommen fühlt.

Marcel Degner ist derzeit mit einer Firma für Baudienstleistungen selbstständig. Degner wohnt aktuell in der Karl-Wetzel-Straße im Stadtteil Gera-Lusan.

Mike Bär

Mike Bär (*07.07.1972) aus Kauern bei Gera nahm neben Marcel Degner eine maßgebliche Rolle bei der Etablierung und Führung von Blood & Honour ein und war ein guter Bekannter des NSU-Kerntrios.

Mike Bär, Jens Fröhlich und Denis Schoner (v.l.n.r.) auf einer NPD-Demo am 10.11.2001 in Gera
Mike Bär, Jens Fröhlich und Denis Schoner (v.l.n.r.) auf einer NPD-Demo am 10.11.2001 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Bär machte seine Ausbildung zum Fliesenleger in den Neunzigerjahren in Jena und knüpfte dort zahlreiche Kontakte in die örtliche Naziszene, insbesondere zur Kameradschaft Jena. Mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe war Mike Bär eng vertraut.
Nachdem in Jena 1997 eine Reihe von Bombenattrappen als Briefe versendet wurden und eine mit TNT gefüllte Bombe ohne Zünder vor dem Jenaer Theaterhaus aufgefunden wurde, durchsuchte die Polizei am 26.01.1998 Garagenzellen in der Nähe von Böhnhardts Wohnung in seiner Anwesenheit, weil das TLfV davon ausging, dass die Bombenattrappen dort hergestellt wurden. Da in den ersten zwei der drei in Frage kommenden Garagen nichts von Bedeutung gefunden wurde, erlaubte man Böhnhardt, mit dem Auto wegzufahren. Bei der Öffnung der dritten Garage fand die Polizei neben NS-Propagandamaterial auch funktionsfähige Bomben mit 1,4 kg Sprengstoff. Außerdem tauchte dort eine Liste („Garagenliste“) auf, die die Kontaktdaten bedeutender Neonazis aus ganz Deutschland enthielt. Auf dieser Liste Böhnhardts stand auch der Geraer Kamerad Mike Bär. Im NSU-Prozess wird auf ein Foto verwiesen, das Mike Bär Arm in Arm mit Beate Zschäpe zeigt.

Mike Bär trat Mitte der Neunziger der Kameradschaft Gera um Gordon Richter und Jörg Krautheim bei und zahlte regelmäßig Mitgliedsbeiträge. Die Führungsfiguren der Kameradschaft Gera gingen zum größten Teil in den Kreisverband der NPD Gera auf und organisierten das Nazifestival Rock für Deutschland, das auch Bär regelmäßig besuchte.

Frank Schwerdt, Malte Redeker (Europa-Chef der Hammerskins), André Kapke und Mike Bär (v.l.n.r.) beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera
Frank Schwerdt, Malte Redeker (Europa-Chef der Hammerskins), André Kapke und Mike Bär (v.l.n.r.) beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Gordon Richter, Mike Bär und Denis Schoner am 10.07.2010 auf dem Rock für Deutschland in Gera
Gordon Richter, Mike Bär und Denis Schoner (v.l.n.r.) am 10.07.2010 auf dem Rock für Deutschland in Gera [Foto: Infothek Dessau]

Im Laufe des NSU-Prozesses wurde immer wieder betont, dass Bär neben Marcel Degner die wichtigste Personalie für Blood & Honour in Thüringen war.
Bär war nicht nur Gründungsmitglied der Thüringer Blood & Honour-Sektion, sondern hob 1997 auch deren Jugendorganisation White Youth aus der Wiege. Im Neonazi-Fanzine Der Kreuzritter berichtet ein Kamerad 1998:

„Die Idee für diese Bewegung hatte ein Kamerad aus Gera, Mike Bär […] Er sammelte einige Leute aus ganz Thüringen im Dezember 1997 zu unserem 1. Treffen und unterbreitete seine Ziele. Die lauteten: Junge Leute zu organisieren und sie an die ,älteren‘ Kameraden zu binden. Fähige zu unterstützen und Spinner auszusortieren.“ (1)

Nach dem Verbot von Blood & Honour im Jahr 2000 war Mike Bär die zweite Person neben Marcel Degner, die eigenständig gegen das Verbot klagte.

2004 war Bär einer der Helfer bei einem von André Kapke organisierten Konzert in Wichmar.

Seit 2004 betreibt Mike Bär die Firma Bauservice Bär (BSB), die bis heute mit mehreren Mitarbeitern besteht. Anfang 2021 war der BSB beispielsweise mit dem Ausbau eines Restaurants in der Fußgängerzone in der Geraer Schlossstraße am Kultur- und Kongresszentrum beauftragt.

Bauservice Bär (Mike Bär mittig) 2018.
Bauservice Bär (mittig Mike Bär) 2018 [Foto: Screenshot Facebook]

Mike Bär wohnt in der Ernst-Busse-Straße in Kauern.

Jens Fröhlich

Jens Fröhlich (*08.04.1978), der auch unter seinem Pseudonym „Asemit“ bekannt ist, ist ein bundesweit vernetzter Musiker und Geschäftsmann im Genre des National Socialist Black Metal (NSBM).

Jens Fröhlich Ender der Neunzigerjahre mit einem Shirt der Blood & Honor-Jugendorganisation White Youth
Jens Fröhlich Ender der Neunzigerjahre mit einem Shirt der Blood & Honour-Jugendorganisation White Youth [Foto: haskala]
Fröhlich wuchs in Gera auf und begann mit Raub, Diebstahl und Sachbeschädigung früh eine kleinkriminelle Karriere im Geraer Naziumfeld. Seine Strafakte wuchs seit Mitte der Neunziger kontinuierlich an und verzeichnet Landfriedensbruch, Diebstahl, besonders schweren Diebstahl, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Fahrerflucht, Bedrohung, Verleumdung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung,

1996 gründete Fröhlich mit Marcel Niebuhr, David Nonn und Robert Wunderlich die Nazi-Oi!-Band Oigenik. Als man sich musikalisch zum Pagan-Metal umorientierte, wechselte man den Namen zu Eugenik. Ihr erstes Konzert spielten sie 1997 im Treffpunkt des Thüringer Heimatschutzes in Heilsberg. Nach der Gründung der Blood & Honour-Jugendorganisation White Youth in Gera durch Mike Bär, wurde Jens Fröhlich zu einem ihrer führenden Aktivisten. Auch die anderen Mitglieder der Band Eugenik gaben an, Mitglieder bei White Youth zu sein. Bis zum Ende der Neunziger erspielte sich Fröhlich mit Eugenik überregionale Bekanntheit. Bei einer Razzia des Proberaums 1998 fanden die Behörden eine Sammlung von Nazidevotionalien und Liedtexten, die zu einem §86a-Verfahren führten. Die vor allem als Liveband agierende Gruppe spielte mehrmals auf dem Geraer Festival Rock für Deutschland, gab Konzerte aber auch über die Landesgrenzen hinaus, beispielsweise 2008 in Wimmis in der Schweiz zusammen mit der Szenekultband Kraftschlag. 2009 traten Eugenik beim Wahlkampfauftakt der sächsischen NPD in Rothenburg auf.

David Nonn, Jens Fröhlich und Marcel Niebuhr (v.l.n.r.) als Eugenik live beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera
David Nonn, Jens Fröhlich und Marcel Niebuhr (v.l.n.r.) als Eugenik live beim Rock für Deutschland am 19.07.2008 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Zur 1998 um den Geraer NSBM-Musiker Denis Schoner formierten Band Totenburg kam Fröhlich 2004 als Sänger hinzu. Die Band spielte gemeinsam das Album Pestpogrom ein, dessen Cover eine mittelalterliche Judenverbrennung zeigt. Im gleichen Jahr folgten Konzerte sogar in Griechenland und Belgien.
2020 erschien Jenseits des Grabes, das jüngste Album der Band.

Jens "Asemit" Fröhlich mit der Band Totenburg bei einem Blood & Honour Konzert in Belgien 2004
Jens “Asemit” Fröhlich mit der Band Totenburg bei einem Blood & Honour Konzert in Belgien 2004 [Foto: Broschüre RechtsRock made in Thüringen]

Jens Fröhlich übernahm außerdem ab Mitte der 2000er gelegentlich die zweite Stimme bei der NS-Black-Metal-Band Absurd; gemeinsam mit Denis Schoner beteiligte er sich auch an deren Studioproduktionen. Absurd haben ihren Kultstatus in der Naziszene damit begründet, dass die Mitglieder Hendrik Möbus, Sebastian Schauseil (heute: Sebastian Förster) und Andreas K. 1993 gemeinschaftlich ihren Mitschüler Sandro Beyer ermordeten. Noch nach der Haft verunglimpfte Hendrik Möbus das Opfer als „unwertes Leben“ und stellte damit seine manifeste nationalsozialistische Ideologie zur Schau. Sebastian Förster (geb. Schauseil) nahm auch nach der Zeit im Gefängnis Musik mit Absurd auf, spielte später mit anderen NS-Black-Metal-Musikern in verschiedenen Bands und arbeitet heute im Schulamt Ostthüringen mit Sitz in Gera.

Nach dem Verbot von Blood & Honour und der White Youth beteiligte Fröhlich sich an der Fortführung der Bewegung aus dem Untergrund heraus. Zum in Thüringen produzierten Blood & Honour-Sampler Trotz Verbot nicht tot steuerten Fröhlichs Bands Eugenik und Totenburg jeweils Lieder bei. 2003 fanden deshalb unter Leitung des Thüringer Landeskriminalamts Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts auf Fortführung von Blood & Honour-Strukturen unter anderem bei Fröhlich und Schoner statt.

Fröhlich und Totenburg-Bandkollege Schoner zählen zu den bundesweit umtriebigsten Personen in der NSBM-Szene. Neben ihren Musikprojekten verlegen und vertreiben beide vor allem NS-Black-Metal. Fröhlich betreibt das Label Ewiges Eis Records und den Methorn Versand, Schoner ist Inhaber des Labels Hammerbund.

Im Zusammenhang der Ermittlungen zum NSU geriet Fröhlich ins Visier der Polizei nachdem NSU-Freund und -Helfer André Eminger festgenommen wurde. Auf Emingers Mobiltelefon war die Nummer Fröhlichs gespeichert. Fröhlich gab bei einer Vernehmung an, regelmäßigen Kontakt zu Eminger gepflegt zu haben; Eminger kam öfter nach Gera, um Bestellungen von Fröhlich abzuholen. In der Zwickauer Wohnung des NSU-Kerntrios wurde außerdem ein gefälschter Reisepass auf den Namen „Michael Fröhlich“ gefunden. Die ermittelnden Beamten spekulierten, dass für den Pass entweder der Zwickauer Neonazi Eric Fröhlich oder Jens Fröhlich aus Gera eine Legende geliefert haben könnten.
Fröhlich ist Mitglied des rechten Motorradclubs Stahlpakt MC (Rang Sergeant at arms), die nach André Emingers Verhaftung eine Solidaritätswebsite aufsetzten und für Spenden warben.

Jens Fröhlich auf einer NPD-Demo am 09.04.2011 in Gera. 1. v.l.: Christian Kresse, 2. v.l.: Marcel Niebuhr (Eugenik), 1. v.r.: Beatrice Fischer
Jens Fröhlich (Mitte mit Aryans-Pullover) auf einer NPD-Demo am 09.04.2011 in Gera. 1. v.l.: Christian Kresse, 2. v.l.: Marcel Niebuhr (Eugenik), 1. v.r.: Beatrice Fischer [Foto: Recherche Gera]

Fröhlich ist in die elterliche Firma KARE Immobilien in Gera involviert, die mittlerweile über seinen Bruder Janos Fröhlich läuft. Janos ist ebenfalls Musiker im NSBM-Genre bei der weitaus unbekannteren Band Isolfur. Jens Fröhlich ist bei KARE als Hausmeister angestellt, tritt allerdings auch als Hausverwalter auf, wie etwa im Zuge der Berichterstattung zu Hochwassergeschädigten im ZDF Morgenmagazin zu sehen war.

Jens Fröhlich als Hochwasseropfer im ZDF Morgenmagazin 2013
Jens Fröhlich als Hochwasseropfer im ZDF Morgenmagazin 2013 [Bild: Twitter]

Fröhlich wohnt in der Dr.-Friedrich-Wolf-Straße im Geraer Zentrum.

Silvio Jordan

Cornelia Jacob, Jörg Brehski, Silvio Jordan (in Jacke der Blood&Honour Sektion Thüringen) 1997 bei einem Rechtsrock-Konzert
v.l.n.r.: Cornelia Jacob, Jörg Brehski, Silvio Jordan (in Jacke der Blood & Honour-Sektion Thüringen) bei einem Rechtsrock-Konzert 1997. [Foto: Archiv]

Silvio „Hotte“ Jordan (*07.11.1977) stieß Mitte der Neunzigerjahre zur rechten Skinheadszene in Gera. Er fuhr sehr rege durch das ganze Bundesgebiet zu Rechtsrockkonzerten und fiel dabei regelmäßig mit verbotenen Nazi-Symboliken oder durch die Beteiligung an Ausschreitungen auf. Schon 1995 war er an einem Angriff auf das damalige linke Projekt in der Hohen Straße in Gera beteiligt. 1996 wurde er in Bayern mit einer Triskele auf der Kleidung festgestellt, einer dreizackigen Abwandlung des Hakenkreuzes, die ein Jahr darauf als Symbol in den Schriftzug von Blood & Honour Deutschland integriert wurde. 1997 beteiligte sich Jordan an Krawallen im thüringischen Tautenhain und in Triptis, 1998 wurde er nach der Auflösung eines Konzertes in Brandenburg polizeilich aufgenommen.
Nach der Gründung von Blood & Honour Deutschland im Jahr 1997 wurde Jordan unter Marcel Degner der stellvertretende Führer der thüringischen Sektion. In dieser Funktion war er auch an bundesweiten Treffen des militanten Netzwerks beteiligt. Bei einem dieser Treffen 1998 kam er unter anderem mit dem gesamten UnterstützerInnenkreis des untergetauchten späteren NSU-Kerntrios von Blood & Honour Sachsen zusammen: Antje Probst, Jörg Winter, Andreas Graupner, Jan Werner und Thomas Starke. Jordans Thüringer Sektion sammelte außerdem mit Konzerten Spendengelder für die Untergetauchten. Diese Gelder waren laut Aussagen des Brandenburger V-Mann Carsten Szczepanski explizit für die Beschaffung von Waffen bestimmt.

Jordan blieb auch nach dem Blood & Honour-Verbot 2000 aktiver Neonazi in Gera. Die frühere Kameradschaft Gera und die Blood & Honour-Aktivisten sammelten sich mit der Zeit in der Geraer NPD und im Organisationskreis des ab Mitte der 2000er stetig anwachsenden Rechtsrockfestivals Rock für Deutschland. Jordan gehörte zu den Helfern des jährlichen Events und beteiligte sich u.a. am Aufbau. Noch 2013 war Jordan mit seinem früheren Blood & Honour-Kameraden Roberto Graf einer der Organisatoren des Festivals, das seit 2012 vor dem Geraer Hauptbahnhof stattfand.

Silvio "Hotte" Jordan (1. v.r.) und Roberto "Matzo" Graf (mit Sonnenbrille und Becher) auf dem Rock für Deutschland am 06.07.2013 in Gera
Silvio „Hotte“ Jordan (1. v.r.) und Roberto „Matzo“ Graf (daneben mit Sonnenbrille und Becher) auf dem Rock für Deutschland am 06.07.2013 in Gera [Foto: Recherche Gera]
2014 kandidierte Jordan auf Listenplatz 7 für die NPD zur Geraer Stadtratswahl. Er beteiligte sich in all den Jahren, bis mindestens 2018, an NPD-Aufmärschen in Gera, am Nazi-Gedenken zum Volkstrauertag und bringt zu Kneipenabenden in Totos Treff in Gera oder zu Grillabenden immer wieder auch die alten Blood & Honour-Kader zusammen. Hierzu brachte André Groth aus Apolda, der Ender der Neunziger bereits zur Thüringer Sektion zählte und auch nach dem Verbot die Organisation weiter unterstützte, 2016 den Apoldaer Rechtsrock-Händler Fabian Kellermann und den heutigen Unterstützer des verbotenen Blood & Honour-Netzwerks, Robert Hoyer, mit zu einem Treffen mit Silvio Jordan und weiteren älteren Kadern aus Gera.

Blood & Honour-Reunion 2016: Roberto Graf (oben 2.v.l.), André Groth (Apolda, oben 3.v.l.), Silvio Jordan (oben 4.v.l.) und Fabian Kellermann (Apolda, oben 2.v.r.), Raik Schumann (Legion Ost, unten 1.v.l.) und Robert Hoyer (Apolda, unten mittig)
Blood & Honour-Reunion 2016: Roberto Graf (oben 2. v.l.), André Groth (Apolda, oben 3. v.l.), Silvio Jordan (oben 4. v.l.) und Fabian Kellermann (Apolda, oben 2. v.r.), Raik Schumann (Legion Ost, unten 1. v.l.) und Robert Hoyer (Apolda, unten mittig) [Foto: Screenshot Facebook]
Silvio "Hotte" Jordan (1. v.l.) in Begleitung von Raik Schumann (1. v.r.) beim Rock gegen Überfremdung in Themar im Juli 2017. Im Hintergrund: Roberto "Matzo" Graf (li.) und Christian Kresse (re.) aus Gera
Silvio „Hotte“ Jordan (1. v.l.) in Begleitung von Raik Schumann (3. v.r.) beim Rock gegen Überfremdung in Themar im Juli 2017. Im Hintergrund: Roberto „Matzo“ Graf (li.) und Christian Kresse (re.) aus Gera [Foto: Lukas Beyer]

Jordan arbeitete vor einigen Jahren noch als selbstständiger Schrottsammler in Gera. Jordan wohnt in der Eiselstraße in Gera-Debschwitz.

Roberto Graf

Roberto Graf (1. v.l.) und Jens Fröhlich (1. v.r.) bei einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD am 12.02.2000 in Gera
Roberto Graf (1. v.l.) und Jens Fröhlich (1. v.r.) bei einer Demo des Thüringer Heimatschutzes und der NPD am 12.02.2000 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Der am 20.11.1970 in Saalfeld geborene Roberto „Matzo“ Graf war schon um die Wendezeit als Neonazi-Skinhead in Gera aktiv. Aufgrund zahlreicher Straftaten, darunter Diebstähle, Sachbeschädigungen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Landfriedensbruch musste er 1992 eine Haftstrafe antreten. Während dieser Zeit setzten ihn seine Geraer Kameraden auf eine Gefangenenliste „weißer Kriegsgefangener“ („White Prisoners of War“), die von der selbsterklärten US-amerikanischen Nachfolgeorganisation der NSDAP, der „NSDAP/AO“, in deren Zeitschrift The New Order veröffentlicht wurde. Auf dieser Liste stand zur gleichen Zeit auch der niedersächsische FAP-Funktionär Thorsten Heise, der wie Graf später Kader des militanten Blood & Honour-Netzwerks wurde.

1992_93 Graf The New Order
Roberto Graf auf der Liste “White P.O.W.’s” der amerikanischen NSDAP/AO in The New Order

Als sich nach Grafs Haftentlassung die Kameradschaft Gera organisierte, zählte er zu den Mitgliedern der ersten Stunde und zahlte regelmäßige Mitgliedsbeiträge. Die Liste über Beitragszahler wurde von Graf selbst verwaltet. 1997 kam Graf erneut in Haft, als er einen Neonazi-Kameraden im Krankenhaus in Bayern besuchte und bei einer Personenkontrolle festgestellt wurde, dass er per Haftbefehl aus Hessen gesucht wurde. Gegen Graf waren u.a. neue Verfahren wegen Betrugs, Erschleichens von Leistungen und Volksverhetzung hinzugekommen. Um die Jahrtausendwende zählte Graf dann ebenfalls zur thüringischen Blood & Honour-Sektion um den Sektionsleiter Marcel Degner aus Gera.
2003 eröffnete Roberto Graf in der Leipziger Straße den Neonaziladen Inside, der sich jedoch nur kurze Zeit hielt, nachdem Antifaschist*innen u.a. mit einer Kampagne und mehrfachem Glasbruch das Geschäft gestört hatten.

Graf beteiligte sich ununterbrochen an den Aktivitäten der Geraer Naziszene: Er unterstützte jahrelang die Organisation des Rock für Deutschland, nahm an unzähligen NPD-Veranstaltungen teil und besuchte regelmäßig die revisionistischen Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag.

Roberto Graf, Gordon Richter und André Berghold beim Aufbau des Rock für Deutschland am 05.07.2013
Roberto Graf, Gordon Richter und André Berghold (v.l.n.r.) beim Aufbau des Rock für Deutschland am 05.07.2013 [Foto: Recherche Gera]
Roberto Graf (re. mit Sonnenbrille) bei einer Demo des III.Wegs am 1. Mai 2017 in Gera
Roberto Graf (re. mit Sonnenbrille) bei einer Demo des III.Wegs am 1. Mai 2017 in Gera [Foto: Sören Kohlhuber]

Zur Stadtratswahl 2014 kandidierte Graf in Gera für die NPD. 2017 fuhr er mit seinen alten Blood & Honour-Kameraden, darunter Silvio Jordan und Raik Schumann von Legion Ost, zum Rock gegen Überfremdung in Themar.

Roberto Graf (1. v.l.) und Christian Kresse (1. v.r.) beim Neonazi-Großfestival in Themar am 15.7.2017
Roberto Graf (1. v.l.) und Christian Kresse (1. v.r.) beim Neonazi-Großfestival Rock gegen Überfremdung in Themar am 15.07.2017 [Foto: Lukas Beyer]

Roberto Graf ist gelernter Maurer, arbeitete aber über die Jahre in verschiedensten Jobs. Er war u.a. beim Sicherheitsdienst von Großveranstaltungen eingesetzt.
Graf wohnte zuletzt in der Calvinstraße im Geraer Ostviertel.

Von der Kameradschaft Gera und B&H zum Rock für Deutschland

Die Kameradschaft Gera, die im Thüringer Heimatschutz organisiert war, und die von Gera aus koordinierte Thüringer Blood & Honour-Sektion waren der Brutkasten, aus dem der NSU mitsamt seinem UnterstützerInnen-Netz gediehen ist. Auch wenn nach der Selbstenttarnung des NSU 2011 das Thema „Naziterror“ für viele schnell wieder erledigt schien, hatte man in Gera beste Voraussetzungen, an die Traditionen anzuknüpfen. Durch die Erfahrungen, die man bei Blood & Honour im Organisieren von Konzerten und Großveranstaltungen gesammelt hatte, konnte man ein Festival wie das Rock für Deutschland erfolgreich etablieren und vergrößern. Die Geraer NPD, in der die meisten B&H– und Kameradschaftskader aufgingen, ging dabei geschickt eine Verbindung mit den gut vernetzten NS-Musikstrukturen aus Gera ein. 2012, nur ein halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios bekannten sich die OrganisatorInnen des RfD im Sommer 2012 durch das an der Bühne angebrachte alte Banner zum Thüringer Heimatschutz – in dem Wissen, dass dieser Kameradschaftsverband mit zahlreichen Geraer Akteuren dem NSU-Terror als ideologischer und finanzieller Nährboden diente.

Die NPD und das Rock für Deutschland mögen, so scheint es zumindest momentan, Geschichte sein. Die Strukturen dahinter existieren weiter; die alten Kameraden geben derweil ihr Wissen, ihre Kontakte und ihre Ressourcen an die jüngeren weiter.

Das Thema NSU lässt sich nicht ad acta legen, die Beteiligten sind weiter unter uns.

Mit Unterstützung des Rechercheportals Jena-SHK.


(1) Der Kreuzritter, Nr. 2, 1998. S. 6. Zitiert nach: Martin Langebach/Jan Raabe: RechtsRock made in Thüringen. Erfurt 2013.

Wo »miteinander« »mit Nazis« heißt: Miteinanderstadt Gera und die Corona-Proteste

Nächtliche Demonstration "Miteinanderstadt Gera" am 21.05.2021.
Nächtliche Demonstration „Miteinanderstadt Gera“ am 21.05.2021. [Bild: Screenshot youtube]

Am 30.04. und am 21.05.2021 fanden in Gera unangemeldete spätabendliche Demonstationen gegen die Coronamaßnahmen statt. Mit Fackeln, Pyrotechnik und Maskierungen zogen mehrere Dutzend Menschen durch Geras Innenstadt. In der Beschreibung zu einem youtube-Video des düsteren Spektakels auf dem Kanal der Patrioten Ostthüringen kann man lesen, dass am inszenierten Fackelmarsch vor allem „Gewerbetreibende aus Gera“ teilgenommen hätten. Was klingt, als seien diese Proteste harmlose Spaziergänge pandemiegebeutelter Unternehmer*innen, sind in Wirklichkeit von Rechtsradikalen orchestrierte und von Neonazis besuchte Veranstaltungen.
Wenn in Gera von „miteinander“ gesprochen wird, heißt das vor allem: zusammen mit Rechten.
In der Stadt nimmt man derweil davon gewohnheitsmäßig keine Notiz. Im folgenden Artikel wollen wir deshalb einige der Teilnehmenden vorstellen.

Der Slogan Miteinanderstadt Gera wird maßgeblich vom Geraer Unternehmer Peter Schmidt geprägt und beworben. Schmidt, Geschäftsführer der Firma JENATEC Industriemontagen, verschaffte Gera bereits im letzten Jahr überregionale Aufmerksamkeit als er die von Reichsbürgern und Neonazis durchsetzten Corona-Spaziergänge als Anmelder auf den Weg brachte und den FDP-Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich einlud, neben einschlägig bekannten Nazis mit umgehängten Davidsternen zu laufen.

Schmidt beklagte 2020, wie im Tagesspiegel zu lesen war, dass er zu spüren bekommen habe, wie es sei, „mit der Nazikeule erschlagen zu werden“. Diesen Schlägen scheint er allerdings eher kunstvoll ausgewichen zu sein, denn er zeigt sich heute lebhafter denn je – offen und hemmungslos mit einschlägigen Neonazis an seiner Seite.
Peter Schmidts freundschaftliche und strategische Kontakte in die extrem rechte Szene sind zahlreich und haben sich bei der Mobilisierung zu den Corona-Protesten bewährt. Wo er diese Proteste nicht selbst organisiert oder angemeldet hat, wurden sie von ihm stets enthusiastisch besucht und gelobt; so auch die jüngsten Versammlungen, die er auf seiner Facebook-Seite verlinkt:

Peter Schmidts Facebook-PräsenzPeter Schmidts Facebook-Präsenz

Die mittlerweile fast durchgängig als „Spaziergänge“ getarnten unangemeldeten Protestzusammenkünfte genießen weitgehende Narrenfreiheit, wie sich auch an den beiden nächtlichen Aktionen beobachten ließ: Mit illegaler Pyrotechnik, Kameradrohnen, Guy-Fawkes-Masken und Fackeln ausgerüstet konnten die Demonstrationen beinahe eine halbe Stunde von Ordnungskräften unbehelligt durch die Geraer Innenstadt ziehen und zum Abschluss sogar Feuerwerk von öffentlichen Gebäuden zünden.

Die Aktionen am 30.04. und 21.05. hatten einen Flashmob im fränkischen Aschaffenburg am 14.04.2021 zum Vorbild. Sequenzen aus dem offensichtlich professionell inszenierten und produzierten Videomaterial aus Aschaffenburg wurden dann auch mit der Geraer Aktion am 30.04. für ein Video gegengeschnitten.
Wie sich vor allem beim Video des zweiten Geraer Fackelmarschs am 21.05. zeigt, wurde auch hier Wert auf eine ähnliche Bildsprache und exakte Choreografie gelegt. Immer wieder sieht man Menschen dem Demozug vorauseilen, um etwa an bestimmten, dem Kameramann bereits bekannten Punkten Böller zu entzünden.
Im Unterschied zur Situation in Gera ist man in Aschaffenburg allerdings über diese Protest-Aktionen empört gewesen; der Oberbürgermeister Aschaffenburgs meldete sich zu Wort und verurteilte die Aufzüge mit ihrer faschistoiden Ästhetik.

Wirft man einen Blick auf einen Bruchteil der beteiligten Personen dieser Fackelmärsche in Gera, sollte klar werden, wie paradox es ist, mit erklärten Demokratie- und MenschenfeindInnen für Souveränität und Miteinander auf die Straße zu gehen. Stattdessen sind die skandierten Slogans nicht mehr als Feigenblätter für eine Mischung aus grenzenloser Ich-Bezogenheit, Nörgelei, aggressivem Aufstacheln und dem Platzieren rechter Diskursdeutungen.

Beatrice Fischer

Beatrice Fischer am 21.05.2021 in Gera und am 01.05.2019 in Plauen

Beatrice Fischer ist aktuell eine der bundesweit umtriebigsten NaziaktivistInnen im Raum Thüringen – Sachsen – Sachsen-Anhalt. Neben ihren regelmäßigen Besuchen von Neonazi-Musikfestivals (Rock für Deutschland in Gera, Rock gegen Überfremdung in Themar und Apolda), reiste Fischer 2018 und 2019 u.a. mit dem Ronneburger Reichsbürger Christian Bärthel nach Bielefeld zu Solidaritätskundgebungen für die mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck.

Beatrice Fischer betreut einen Stand auf dem Rock für Deutschland 2011.
Beatrice Fischer (mittig) beim Nazifestival Rock für Deutschland am 06.08.2011 in Gera. [Foto: Recherche Gera]
Beatrice Fischer bei einer Solidaritätsdemo für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck am 10.11.2018 in Bielefeld
Demonstration für die inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld am 10.11.2018. Links am Transparent: Beatrice Fischer [Foto: Recherchenetzwerk Berlin]

Im Zentrum ihrer politischen Aktivitäten steht eindeutig Gera: Bereits 2010 nahm sie am von der Geraer NPD veranstalteten Gedenken zum Volkstrauertag teil, das sie auch in den Folgejahren mehrfach besuchte.
Die Corona-Proteste in Gera begleitete sie von der ersten Stunde an. 2020 führte sie ihr Weg mitunter wöchentlich auf den Geraer Marktplatz zu den sogenannten Spaziergängen, die sich nicht nur über geltende Hygienemaßnahmen hinwegsetzten, sondern auch ein Tummelplatz extrem Rechter und Verschwörungsgläubiger waren bzw. sind.

Beatrice Fischer bei einem Corona-Protest am 30.05.2020 in Gera.
Beatrice Fischer bei einem Corona-Protest am 30.05.2020 in Gera. V.l.n.r.: Marek Hallop, Christian Bärthel, dahinter Beatrice Fischer, Christian Gentzsch, Ivonne Koschmieder. 1. v.r.: David Sommerfeld [Foto: Recherche Gera]

Politisch ist Beatrice Fischer für alles zu begeistern, was möglichst viele Nazis versammelt: 2011 demonstrierte sie mit der Geraer NPD, 2017 und 2019 lief sie in Gera und Plauen in den Reihen der Partei III. Weg, 2020 reiste sie mit der Thüringer AfD zur Demo nach Altenburg und beklatschte die antisemitischen Ausführungen Frank Haußners bei AfD-Protesten in Gera.

Beatrice Fischer bei einer Demonstration der Partei III. Weg am 01.05.2019 in Plauen.
Beatrice Fischer (Bildmitte mit Fahne) bei einer Demonstration der Partei III. Weg am 01.05.2019 in Plauen. [Foto: Tim Mönch]
Marek Hallop

Marek Hallop

Hallop, der sich selbst als Reichsbürger identifiziert, versuchte 2020 an den Erfolg der Mobilisierung Peter Schmidts anzuknüpfen und trat als Anmelder von Corona-Protesten in Erscheinung. Von seinen Aufgaben als Versammlungsleiter sichtlich überfordert, musste Hallop die Demo am 16.05.2020 wegen der offenkundigen Unmöglichkeit, die Auflagen durch die Teilnehmenden umsetzen zu lassen, nach kurzer Zeit bereits wieder als aufgelöst erklären. Sehr deutlich wurde in der Folgezeit, dass die Massenmobilisierung nicht wegen der politischen Positionierung Hallops, sondern allein wegen dessen organisatorischen Ungeschicks eingebüßt hatte.

Marek Hallop beim Corona-Protest am 09.05.2020.
Marek Hallop (1. v.r.) beim Corona-Protest am 09.05.2020. Bildmitte mit Davidstern: Vanessa Pfeifer, rechts von ihr David Sommerfeld [Foto: Recherche Gera]

Marek Hallop, der weiter an den meist unangemeldeten Demonstrationen teilnahm, beteiligte sich bereits 2012 an einem Neonazi-Trauermarsch der NPD in Gera und an mehreren Thügida-Aufmärschen zwischen 2015 und 2018.

Marek Hallop beim Trauermarsch am 18.02.2012 in Gera
Marek Hallop (Mitte) beim Trauermarsch am 18.02.2012 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Michael Hesse

Michael Hesse am 21.05.2021 und am 16.05.2020 in Gera

Michael Hesses politische Sozialisation fällt in die frühen 2000er Jahre, wo er mit der Kameradschaft Gera und unter anderem zusammen mit den Wagner-Brüdern seine ersten Demonstrationserfahrungen innerhalb und außerhalb Geras sammelte. Stefan Wagner wurde 2000 wegen einer gewalttätigen Jagd auf zwei Migranten in Gera verurteilt; seine beiden Brüder Denny und Andreas spielen heute in der Geraer Rechtsrockband Exzessiv. Die Kameradschaft Gera gehörte zur Dachorganisation Thüringer Heimatschutz (THS), dem eine zentrale Rolle bei der Formierung des NSU zukam.

Michael Hesse, Denny, Andreas und Stefan Wagner bei einer Demo am 30.08.2004
Michael Hesse (mit Brille, am Transparent) bei der rechten Unterwanderung einer Montagsdemo am 30.08.2004. In der Reihe davor: Andreas, Denny und Stefan Wagner (v.l.n.r.) [Foto: Recherche Gera]

Seit 20 Jahren ist Michael Hesse quasi ununterbrochen auf rechten Demos unterwegs, die meisten davon hält er fotodokumentarisch fest, einige Videos von Veranstaltungen stellt er auf seinen youtube-Account, den er unter dem Namen rebell betreibt.

Michael Hesse beim Wahlkampfauftakt der NPD am 30.07.2009 in Gera
Michael Hesse (1. v.l.) beim Wahlkampfauftakt der NPD am 30.07.2009 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Michael Hesse bei einer Demo des III. Wegs am 01.05.2017 in Gera. Davor: Beatrice Fischer und Beatrice Koschmieder
Michael Hesse (Mitte, mit Brille und Kamera) bei einer Demo des III. Wegs am 01.05.2017 in Gera. Davor: Beatrice Fischer und Beatrice Koschmieder (v.l.n.r.) [Foto: Sören Kohlhuber]
NPD-Kundgebung in Gera am 10.11.2018. V.l.n.r.: Christian Gentzsch, Kevin Rothe, Michael Hesse, Jacqueline Möbes, Gordon Richter, Joel Sebastian Probst
NPD-Kundgebung in Gera am 10.11.2018. V.l.n.r.: Christian Gentzsch, Kevin Rothe, Michael Hesse, Jacqueline Möbes, Gordon Richter, Joel Sebastian Probst [Foto: Recherche Gera]

Hesse gehörte zu den regelmäßigen Besuchern des Nazimusikfestivals Rock für Deutschland in Gera; 2017 besuchte er gemeinsam mit seiner Partnerin Beatrice Koschmieder und Beatrice Fischer das vom Hildburghausener Neonazi Tommy Frenck organisierte Rock gegen Überfremdung in Themar.

Michael Hesse, Beatrice Fischer und Beatrice Koschmieder (v.l.n.r.) beim Rock gegen Überfremdung am 15.07.2017 in Themar
Michael Hesse, Beatrice Fischer und Beatrice Koschmieder (v.l.n.r.) beim Rock gegen Überfremdung am 15.07.2017 in Themar [Foto: Simon Telemann]

Mit Beginn der Corona-Pandemie nahm auch Hesses Demotourismus wieder zu; regelmäßig kündigte er auf seiner Facebook-Seite an, aus Protest gegen die Coronaregelungen spazieren zu gehen und rief zu Autokorsos auf, an denen er teilnahm. Bei diesen Gelegenheiten konnte er sich mit Gleichgesinnten auch über die altbekannte Neonazi-Filterblase hinaus vernetzen.
Zusammen mit Peter Schmidt reiste Hesse beispielsweise am 31.05.2021 ins sächsische Zwönitz, wo sich hunderte Menschen zu einem Stadtfest versammelten, um ein vorzeitiges Ende der Pandemie zu feiern.

Michael Hesse beim gemeinsamen Ausflug mit Peter Schmidt und dem Geraer Immobilienunternehmer Thomas Smektalla am 31.05.2021 in Zwönitz
Michael Hesse (1. v.l.) beim gemeinsamen Ausflug mit Peter Schmidt (1. v.r.), Greizer AfD-Kreistagsmitglied Holger Franz (2. v.r.), der Restaurant-Betreiberin Cornelia Handke aus Gera (2. v.l.) und dem Geraer Immobilienunternehmer Thomas Smektalla (3. v.l.) am 31.05.2021 in Zwönitz [Foto: Screenshot Facebook]
Christian Klar

Christian Klar, ein seit den 90er Jahren aktiver Neonazi, ist insbesondere im Zuge der extrem rechten Thügida-Demonstrationen seit 2015 wieder verstärkt präsent geworden.
Am 20.04.2016, dem symbolisch nicht zufällig gewählten Datum des Adolf-Hitler-Geburtstags, reiste Klar mit einigen anderen Geraer Nazis zur Thügida-Demonstration, die der Greizer Neonazi David Köckert angemeldet hatte. Klar trug bei dieser Gelegenheit ein T-Shirt mit dem Zahlencode 88 (‘Heil Hitler’) und unterstrich damit persönlich und nachdrücklich noch einmal die bewusste Wahl des Demo-Datums.

Thügida-Demonstration zum Hitler-Geburtstag am 20.04.2016 in Jena. 1. v.r.: Christian Klar, mittig mit gehobener Faust: Markus Dettler und der Eisenberger Nazi Martin Brehme
Thügida-Demonstration zum Hitler-Geburtstag am 20.04.2016 in Jena. 1. v.r.: Christian Klar, mittig mit gehobener Faust: Markus Dettler, 1. v.l. der Eisenberger Nazi Martin Brehme [Foto: Sören Kohlhuber]
Christian Klar bei der Demonstration des III. Wegs am 01.05.2017 in Gera
Christian Klar (kariertes Hemd, blaue Weste) bei der Demonstration des III. Wegs am 01.05.2017 in Gera [Foto: Thomas Witzgall]

Zusammen mit dem militanten und gewalttätigen Nazi Sebastian Dahl und dem Pößnecker Nazi Norman Strupp solidarisierte sich Christian Klar 2018 in Bielefeld mit der notorischen Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Sebastian Dahl war wegen versuchten Mordes bereits fünf Jahre in Haft und zählt zu den Mitgliedern der Neonazibruderschaft Turonen/Garde 20, die für den brutalen Überfall auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt 2014 verantwortlich sind.

Christian Klar, Norman Strupp und Sebastian Dahl bei der Solidaritätsdemo für Ursula Haverbeck am 10.05.2018 in Bielefeld
Christian Klar (vorn mit umgedrehter Kappe und Weste), Norman Strupp (1. v.l.) und Sebastian Dahl (weißes Hemd, Scheitel) bei der Solidaritätsdemo für Ursula Haverbeck am 10.05.2018 in Bielefeld [Foto: Korallenherz]

Am 01.05.2019 demonstrierte Klar gemeinsam mit der NPD und ihrer Nachwuchsorganisation JN in Dresden. 2020 nahm er, ebenfalls in der sächsischen Landeshauptstadt, an einem der größten Naziaufmärsche Deutschlands, dem geschichtsrevisionistischen Trauermarsch teil.

Christian Klar beim NPD-/JN-Aufmarsch am 01.05.2019 in Dresden
Christian Klar (graues T-Shirt, rote Weste) beim NPD-/JN-Aufmarsch am 01.05.2019 in Dresden [Foto: Matthias Schwarz]
Naziaufmarsch in Dresden am 15.02.2020. Links oben mit weißer Mütze: Christian Klar. Rechts neben ihm: René Wolfram aus Weida. Rechts oben mit weßem Tunnel im Ohrloch: Martin Brehme aus Eisenberg
Naziaufmarsch in Dresden am 15.02.2020. Links oben mit weißer Mütze: Christian Klar. Rechts neben ihm: René Wolfram aus Weida. Rechts oben mit weßem Tunnel im Ohrloch: Martin Brehme aus Eisenberg [Foto: Presseservice Rathenow]

Wie sehr viele Neonazis fühlt auch Christian Klar sich zuletzt in den Reihen der AfD wohl und besuchte mehrere ihrer Demonstrationen. Freundschaftlich verbunden ist er wiederum mit dem unentwegt seine „Mitte“ betonenden Peter Schmidt, mit dem Klar gemeinsame Ausflüge unternimmt und bei Grillabenden beisammen ist.

Grillparty mit Freunden bei Peter Schmidt. Unter den gutgelaunten Gästen: Neonazi Christian Klar
Grillparty mit Freunden bei Neonazi Christian Klar (mittig mit Kappe). Unter den gutgelaunten Gästen: Peter Schmidt (vorne rechts) [Foto: Screenshot Facebook]
Peter Schmidt (1. v.l.) und Christian Klar (1. v.r.) bei einem gemeinsamen Ausflug nach Zwönitz im Mai 2021
Peter Schmidt, Cornelia Handke und Christian Klar (v.l.n.r.) bei einem gemeinsamen Ausflug nach Zwönitz im Mai 2021 [Foto: Screenshot Facebook]

Beatrice Koschmieder

Beatrice Koschmieder arbeitet – wie ihre Schwester Ivonne, die sich ebenfalls in der rechten Szene bewegt – als Tätowiererin. Unter dem Namen Bea’s Tattoo Art tätowiert sie im Tattoostudio Königsklasse der Geraer Naziszenegröße Enrico Kopp in der Laasener Straße 24. Koschmieder bewegt sich seit über 10 Jahren in Geraer Nazistrukturen. 2010 besuchte sie den vom Vorsitzenden des Geraer NPD-Kreisverbands, Gordon Richter, angemeldeten Volkstrauertag.

Naziaufmarsch unter der Bezeichnung Volkstrauertag auf dem Geraer Ostfriedhof am 14.11.2010. Hinten rechts mit Pony und dunklen Haaren: Beatrice Koschmieder. 1. v.r.: Geraer NPD-Kreisverbandsleiter Gordon Richter
Naziaufmarsch unter der Bezeichnung Volkstrauertag auf dem Geraer Ostfriedhof am 14.11.2010. Hinten rechts mit Pony und dunklen Haaren: Beatrice Koschmieder. 1. v.r.: Geraer NPD-Kreisverbandsleiter Gordon Richter [Foto: Recherche Gera]

Wie bereits 2013 und 2014 besuchte Koschmieder auch die Wiederauflage des Nazi-Musikfestivals Rock für Deutschland 2017 in Gera. Das RfD wurde von der Thüringer NPD in Zusammenarbeit mit europaweit vernetzten Nazimusikstrukturen, lokalen Kameradschaften und extrem rechten UnternehmerInnen organisiert.

Beatrice Koschmieder und Michael Hesse auf dem Rock für Deutschland am 01.07.2017
Beatrice Koschmieder (2. v.r., sitzend) und Michael Hesse (1. v.r., mit Brille) auf dem Rock für Deutschland am 01.07.2017 [Foto: Lukas Beyer]

Zwischen 2015 und 2018 nahm sie neben den rassistischen Thügida-Aufmärschen in Gera an einer Vielzahl rechter Veranstaltungen teil: Am 1. Mai 2017 marschierte sie an der Seite von Beatrice Fischer und ihrem Partner Michael Hesse bei der Demo der neonazistischen Partei III. Weg in Gera, am 15.07.2017 besuchte sie das von militanten und kriminellen Nazistrukturen organisierte Rock gegen Überfremdung in Themar, am 31.10.2018 reiste sie zum Tag der Nation zur Demo nach Berlin.
2020 konnte Koschmieder dann endlich an ihren Demo-Tourismus anknüpfen und war bei den meisten der Corona-Proteste mit von der Partie.

Beatrice Koschmieder bei dem von Peter Schmidt angemeldeten Corona-Protest am 09.05.2020, auf dem offen und unwidersprochen antisemitische Symbolik zur Schau gestellt wurde
Beatrice Koschmieder (oben rechts, schwarzes Top) bei dem von Peter Schmidt angemeldeten Corona-Protest am 09.05.2020, auf dem offen und unwidersprochen antisemitische Symbolik zur Schau gestellt wurde [Foto: Recherche Gera]
Felix Staps

Felix Staps zählte zu den AktuerInnen der Fußballfangruppierung Wismut Ultras Gera 99, die trotz des Versuchs, sich offiziell nach rechts abzugrenzen, im Kern aus Nazis, zumindest aber rechtsoffenen Jugendlichen bestand. Staps war in den vergangenen Jahren immer wieder in kriminelle Machenschaften verwickelt, die auch zu Inhaftierungen führten.
2016 war Felix Staps am Naziüberfall auf den Leipziger Stadtteil Connewitz beteiligt; die Verhandlung gegen ihn im Leipziger Verfahren steht auch im Juni 2021 immer noch aus.
Bereits 2015 besuchte er eine der von Nazis organisierte Thügida-Demonstration gemeinsam mit dem ebenfalls am Überfall in Leipzig beteiligten Geraer Michael Neuhaus.

Felix Staps (oben links) bei der Thügida-Demonstration am 15.06.2015. Rechts neben ihm mit verschränkten Armen: Michael Neuhaus
Felix Staps (oben links) bei der Thügida-Demonstration am 15.06.2015. Rechts neben ihm mit verschränkten Armen: Michael Neuhaus [Foto: Recherche Gera]

Nur drei Monate nach der volksgemeinschaftlichen Zerstörungsorgie in Leipzig folgte Staps gemeinsam mit anderen Wismut-Ultras (Oliver Hoffmann und Tobias Derday) dem Aufruf von David Köckert, am Hitler-Geburtstag 2016 eine Nazidemonstration in Jena zu begehen. Mit militantem und aggressivem Auftreten standen sie der deutlichen Ablehnung der Jenaer Gegendemonstrant*innen entgegen.

Felix Staps (mit Kappe und Fackel) und Oliver Hoffmann (davor mit Schlauchschal) auf der Thügida-Demonstration am 20.04.2016
Felix Staps (mit Kappe und Fackel) und Oliver Hoffmann (davor mit Schlauchschal) auf der Thügida-Demonstration am 20.04.2016 [Foto: Sören Kohlhuber]

2018 beteiligte Staps sich im Kreise von anderen Neonazis an der letzten großen Thügida-Demonstration in Gera, die von Carry Fischer und David Köckert angemeldet wurde.

Felix Staps (oben links) am 21.09.2018 bei Thügida in Gera
Felix Staps (oben links) am 21.09.2018 bei Thügida in Gera [Foto: Recherche Gera]

2021 musste Felix Staps sich vor Gericht verantworten, weil ihm vorgeworfen wurde, gemeinschaftlich mit dem Wünschendorfer René Wolfram einen PKW in Brand gesetzt zu haben. Auftraggeber soll der Greizer David Köckert gewesen sein, der nach Zeug*innenaussagen mehrfach Geld für Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen auslobte. Staps, Köckert und dessen politischer Ziehsohn Wolfram mussten aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden.

Andreas Thomä

Andreas Thomä aus Gera organisierte in der Vergangenheit mehrfach Autokorsos aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen. Die Protestform Autokorso hatte einigen Zulauf verbuchen können, vielleicht auch, weil sich hier die historisch oft unter Beweis gestellte deutsche Effizienz mit Bequemlichkeit vereinigen konnte.

Andreas Thomä als Anmelder des Coronaprotest-Autokorsos am 10.04.2021 in Gera
Andreas Thomä als Anmelder des Coronaprotest-Autokorsos am 10.04.2021 in Gera [Foto: OTZ]

Thomä gab gegenüber der Ostthüringer Zeitung an, „dass er politisch nicht organisiert sei“ und log damit seine maßgebliche Beteiligung bei der Organisation Patrioten Ostthüringen unter den Tisch. Über die extrem rechte Gruppe und ihre Scharnierfunktion für verschiedene rechte Gruppierungen berichtete bereits das Rechercheportal Jena-SHK. Die Patrioten Ostthüringen, die sich selbst aus ReichsbürgerInnen, HolocaustleugnerInnen, AfDlerInnen und anderen extrem Rechten zusammensetzen, pflegen Verbindungen zu Identitärer Bewegung und der völkischen Artgemeinschaft.
Thomä, der für die Patrioten Ostthüringen als Kameramann fungiert, filmte auch die nächtlichen Corona-Fackelmärsche in der Geraer Innenstadt und stellte sie auf dem youtube-Kanal der Patrioten Ostthüringen ein. Zu diesem Zwecke wurde sogar eine Drohne eingesetzt, die eindrucksvolle Kameraflüge erzeugen sollte. Thomä versuchte offensichtlich, eine ähnlich professionelle Ästhetik wie bei den Protestvideos aus Aschaffenburg zu inszenieren; allerdings kommen seine Film- und Bearbeitungsbemühungen über ein laienhaftes Engagement kaum hinaus.

Andreas Thomäs Filmproduktionen auf youtube, Symbolbild [Bild: Screenshot youtube]
Eike Voigtsberger

Der Frauenarzt Dr. Eike Voigtsberger sitzt für die AfD im Geraer Stadtrat. Wie wir im vergangenen Jahr berichteten, war Voigtsberger in der Vergangenheit reger Besucher verschiedener Nazidemos im ganzen Bundesgebiet. Ob 2018 bei Thügida, 2019 auf der Demo der Identitären Bewegung in Halle oder 2020 auf dem extrem rechten Trauermarsch in Dresden – Eike Voigtsberger mischte sich munter unter die übrigen Nazis.

Eike Voigtsberger (1. v.r.) auf dem Neonazi-Trauermarsch am 15.02.2020 in Dresden
Eike Voigtsberger (1. v.r.) auf dem Neonazi-Trauermarsch am 15.02.2020 in Dresden [Foto: Presseservice Rathenow]

Am Volkstrauertag 2020 nahm er mit anderen AfD-Parteikameraden an einer Veranstaltung des Ronneburger Neonazis, Holocaustleugners und Reichsbürgers Christian Bärthel teil. Bärthel hielt eine Rede, die von antisemitischen Codes überladen und dezidiert geschichtsrevisionistisch war.
Voigtsberger trug, um seine Identifikation mit dem politischen Profil der Veranstaltung zu untermauern, an diesem Tag eine Gesichtsmaske in den Farben der Flagge des Deutschen Reichs (schwarz-weiß-rot).

Geschichtsrevisionistischer Volkstrauertag in Gera am 15.11.2020. Eike Voigtsberger (1. v.l.) mit schwarz-weiß-rotem Mundschutz. Mittig mit verschränkten Händen: der Zeulenrodaer Antisemit Frank Haußner. 1. v.r.: Christian Bärthel
Geschichtsrevisionistischer Volkstrauertag in Gera am 15.11.2020. Eike Voigtsberger (1. v.l.) mit schwarz-weiß-rotem Mundschutz. Mittig mit verschränkten Händen: der Zeulenrodaer Antisemit Frank Haußner. 1. v.r.: Christian Bärthel [Foto: Screenshot youtube]

Voigtsberger nahm an etlichen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen teil, die immer auch eine Ablehnung an einer Covid-Impfung forderten. Ohne Rücksicht auf geltende Abstands- oder Maskenregeln brachte Voigtsberger (wie auch alle anderen Teilnehmenden) andere wissentlich in Gefahr. Selbst ist er als Risikopatient allerdings bereits geimpft.

Fazit

Es ist typisch für Gera, dass eine derartige Verschränkung von extremer Rechter und einer behaupteten gesellschaftlichen „Mitte“ weder als skandalös noch als in irgendeiner Art problematisch wahrgenommen und thematisiert wird. Stattdessen genießen Unternehmer*innen wie Peter Schmidt trotz ihrer offenkundigen Distanzlosigkeit zu Neonazis und freundschaftlicher Verbindungen ins extrem rechte Milieu dank ihrer lokalen Vernetzung Achtung und Respekt.

Wie auch andernorts hat sich in Gera gezeigt, dass die Corona-Proteste für extrem rechte Strukturen ein gefundener Vorwand sind, um sich die Dynamik einer Bewegung aufrechtzuerhalten und durch die Vereinnahmung der Maßnahmenkritik über den Mangel an eigenen mobilisierungsfähigen Themen oder Lösungsansätzen hinwegzutäuschen.
Auch wenn derzeit noch schwer abzuschätzen ist, wie auf die Zurücknahme der Einschränkungen reagiert wird – die Netzwerke sind etabliert und Beziehungen geknüpft worden. Selbst wenn mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ein Thema mit Mobilisierungspotenzial wegfallen wird, werden die Beziehungen und Strukturen, die sich im Rahmen der Coronaproteste verfestigt haben, reaktiviert werden.

Ziemlich beste Freunde: Organisierte Neonazis und die AfD in Gera

Bei der Landtagswahl 2019 konnte die AfD in Thüringen 23,4 % der Stimmen auf sich vereinen. In der Wahl zum Geraer Stadtrat kam die Partei sogar auf 28,8 % und belegt damit mit 12 Personen die meisten Sitze im Stadtrat. Die Partei, die sich in Gera eines so hohen Zuspruchs erfreut, versucht den Eindruck von Bürgerlichkeit und Integrität zu erwecken.
Bereits in der Person des Geraer Bundestagsabgeordneten und Stadtratsmitglieds Stephan Brandner trägt die Geraer AfD ihr Bekenntnis zum völkisch-nationalistischen Höcke-Kurs des Landesverbandes. Doch auch darüber hinaus stellt sie den verlängerten Arm der Neonazis auf der Straße in die Parlamente hinein dar.
Wie die folgende Recherche zeigt, besteht die AfD in Gera im Kern aus Personen, die sich einerseits selbst seit Jahren in rechtsextremen Kreisen bewegen und sich andererseits bewusst mit Holocaustleugner*innen, Kameradschaftern und militanten und organisierten Neonazis umgeben. Der Erfolg der AfD ist das Ergebnis rechter Kontinuitäten in Gera.

Reinhard Etzrodt – ein Suchender unter Neonazis

Nach der überregional aufsehenerregenden Wahl des AfD-Manns Reinhard Etzrodt zum Geraer Stadtratsvorsitzenden wurde öffentlich, dass Etzrodt mit seiner Frau Bettina (ebenfalls AfD-Stadträtin in Gera) und seinem Sohn Martin Etzrodt (für die AfD im Kreistag des Saale-Holzland-Kreises) bereits 2015 auf einer von Neonazis organisierten und besuchten Thügida-Demo mitgelaufen ist.

Familie Etzrodt auf einer Thügida-Demo am 15.06.15
Familie Etzrodt bei Thügida in Gera am 15.06.2015. Hinten links im karierten Hemd: Martin Etzrodt, rechts danaben (blaues Hemd): Reinhard Etzrodt, rechts davon mit Sonnenbrille: Bettina Etzrodt [Foto: Recherche Gera]

In der Ostthüringer Zeitung (OTZ) erklärte Etzrodt daraufhin, „ein Suchender“ gewesen zu sein, als er auf der Thügida-Demo HolocaustleugnerInnen, AntisemitInnen und anderen kriminellen Nazis hinterhergelaufen ist. 2016 sei er dann eigenen Angaben zufolge in die AfD eingetreten. Daraus lässt sich unschwer schließen: Wer bei militanten Nazis sucht, findet – die AfD.
In der Zeit und der OTZ unterstrich Etzrodt zudem seine Loyalität zum rechtsextremen Höcke-Flügel der Partei. Wenn Etzrodt Glauben machen will, er habe erst 2015 „mit der Migrationspolitik der Bundesrepublik“ sein politisches Profil gefunden, versucht er zu täuschen. In der taz war bereits davon zu lesen, dass Bettina Etzrodt vor ihrer Zeit in der Geraer AfD in der Deutschen Sozialen Union (DSU) politisch engagiert war. Reinhard Etzrodt selbst stand schon Anfang der 1990er Jahre für die rechtspopulistische DSU auf der Wahlliste zum Geraer Stadtrat, beispielsweise 1994 auf Listenplatz 19.

Dass er die Nazidemo des Thügida-Bündnisses unwissenderweise aufgesucht hat, ist an anderer Stelle bereits als wenig glaubhaft analysiert worden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Familienausflug der Etzrodts zu Thügida aufgrund weltanschaulicher Schnittmengen unternommen wurde. Die Etzrodts waren nicht die einzigen ihrer Partei, die offenkundige Naziveranstaltungen wie Thügida-Demos besuchten.

Eike Voigtsberger – bundesweit unterwegs auf Nazidemos

Der Frauenarzt Dr. Eike Voigtsberger hat ebenfalls an einer Demo von Thügida teilgenommen, auch er schien dort allerdings politisch kein „Suchender“ mehr gewesen zu sein; die Demo fand im September 2018 statt, als Voigtsberger bereits zum AfD-Stadtverband gehörte. Angemeldet war diese Demo von der Geraerin Carry Fischer und dem kriminellen Greizer Neonazi und Ex-NPD-Stadtrat David Köckert. Die mehreren hundert Teilnehmenden waren das Who‘s who der Geraer und mitteldeutschen Naziszene. Beteiligt waren Anhänger der neonationalsozialistischen Partei Der III. Weg, NPD-Kader, rechtsextreme Fußballhooligans und Personen, die dem Umfeld des NSBM (National Socialist Black Metal) in Ostthüringen zugerechnet werden.

Voigtsberer bei der Thügida-Demo am 21.09.18 in Gera
Eike Voigtsberger (mittig mit Kappe) auf der Thügida-Demo am 21.09.2018 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Zu einer Demonstration der Identitären Bewegung in Halle an der Saale, die unter Beteiligung der neonazistischen Brigade Halle, der Aryans und Bärgida stattfand, reiste Voigtsberger mit einigen Geraer Kameraden an.

Eike Voigtsberger bei einer Demonstration der identitären Bewegung am 20.07.19 in Halle
Eike Voigtsberger (vorne rechts) bei einer Demonstration der Identitären Bewegung am 20.07.2019 in Halle [Bild: Screenshot youtube]

Neben dem Shootingstar der Identitären, Martin Sellner, war auch der Hallenser Verschwörungsideologe und Antisemit Sven Liebich in der Menge und zog mit einem besonders geschmacklosen Beitrag die Aufmerksamkeit auf sich. Liebich trug ein Plakat mit der menschenverachtenden und NS-relativierenden Aufschrift „Merkel – länger an der Macht als Hitler. …und kein Stauffenberg in Sicht“. Der unverhohlenen Drohung, dass Merkels „Stauffenberg“ möglicherweise doch nicht weit ist, verlieh Liebich mit einer aufgesetzten Augenbinde Ausdruck. Ohne Neonaziberührungsängste gleich hinter ihm stand der Geraer Stadtrat Eike Voigtsberger mit seinen Parteifreunden.

Sven Liebich und Eike Voigtsberger bei einer Demonstration der identitären Bewegung am 20.07.19 in Halle
Antisemit und Verschwörungsideologe Sven Liebich aus Halle mit einem NS-relativierenden Plakat bei der Demo der Identitären Bewegung am 20.07.2019 in Halle. Hinten rechts mit Kappe: Eike Voigtsberger [Bild: Screenshot youtube]

Sein Amt als Stadtrat seit 2019 war Voigtsberger ganz offensichtlich kein Hindernis, auch weiterhin an Neonaziaufmärschen teilzunehmen: Im Februar 2020 lief Voigtsberger zusammen mit aus dem ganzen Bundesgebiet und überall aus Europa angereisten Rechtsextremen bei einer der größten Nazidemonstrationen Deutschlands in Dresden. Nur wenige Schritte vor ihm lief der gewalttätige Eisenacher Neonazi Kevin Noeske aus der Struktur des Nationalen Aufbau Eisenach.

Eike Voigtsberger am 15.02.20
Eike Voigtsberger (1. v.r.) am 15.02.2020 in Dresden. In der Reihe davor mit blauer Jeans und Handschuhen: der Eisenacher Neonazi Kevin Noeske mit Saskia und Chris Reus (v.r.n.l.) [Foto: Recherchenetzwerk Berlin]

Eike Voigtsberger und seine Kameraden haben sich bei diesen Aufmärschen von klar erkennbaren und gewalttätigen Nazis offensichtlich nicht fehl am Platz gefühlt.
Unter diesen Umständen ist es umso beunruhigender, dass Voigtsberger Jäger ist und selbst Waffen besitzt.

Voigtsberger verknüpft berufliches und politisches Wirken: In seinem Arbeitsumfeld macht Voigtsberger keinen Hehl aus seiner Gesinnung und stellt Patientinnen zufolge AfD-Propaganda offen zur Schau.
Eike Voigtsberger ist mit seiner Frauenarztpraxis in der Leipziger Straße 37 in Gera niedergelassen und einer von zwei Frauenärzten der Region, die feindiagnostische 3D-Screenings bei Schwangeren anbieten.

Dieter Laudenbach – er beschäftigt den Neonazi und AfD-Liebling Peter Pichl

Dieter Laudenbach musste sich jüngst Fragen zu seinem Wirken in der DDR gefallen lassen, weil Stasi-Dokumente auftauchten, die seine Zusammenarbeit mit dem DDR-Geheimdienst behaupteten. Schon kurz darauf war er, diesmal aufgrund seiner parteipolitischen Aktivitäten, erneut überregional im medialen Fokus.

Laudenbach gibt sich ähnlich bieder wie die meisten des AfD-Stadtverbandes. Aber auch er unterhält gute Kontakte zur Geraer Naziszene. Er beschäftigt (inoffiziell) den ehemaligen NPD-Stadtrat Peter Pichl als Mitarbeiter und bezahlt ihn „aus eigener Tasche“. Dieser Verdacht erhärtete sich schon vor einem entsprechenden Artikel im SPIEGEL dadurch, dass sich Pichl, der kein Stadtratsmandat mehr hat, bei Stadtratssitzungen offensichtlich in dem Bereich aufhalten kann, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Belegbar ist das bei der Sitzung des Geraer Stadtrates am 24.09.2020, bei der Reinhard Etzrodt zum Vorsitzenden gewählt wurde und zur Ausübung seines neuen Amts nach vorn läuft, als Pichl von seinem Platz ins Bild kommt und ihm kollegial die Hand schüttelt.

Peter Pichl beglückt Reinhard Etzrodt zum Stadtratsvorsitz 1/2

Peter Pichl beglückt Reinhard Etzrodt zum Stadtratsvorsitz 2/2
Peter Pichl (1. v.r.) beglückwunscht Reinhard Etzrodt zum Stadtratsvorsitz bei der Stadtratssitzung am 24.09.2020 [Bild: Screenshot youtube]

Pichls Nazikarriere begann in den Neunzigern in der Kameradschaft Gera, die im Thüringer Heimatschutz organisiert war. Der THS versammelte unter seinem Banner Ende der Neunziger bis in die 2000er Jahre verschiedene Kameradschaften, unter anderem die Kameradschaft Gera, die maßgeblich von Jörg Krautheim, Gordon Richter und Martin Soa koordiniert wurde. Aus den Strukturen des Thüringer Heimatschutzes ist das für zehn Morde verantwortliche Terrornetzwerk des NSU hervorgegangen.
Bei einer Demonstration, die von der NPD zusammen mit Kadern des THS am 12.02.2000 in Gera durchgeführt wurde, waren neben Peter Pichl auch die NSU-Unterstützer Tino Brandt und André Kapke anwesend. Außerdem beteiligt waren, gut sichtbar, verschiedene lokale Gruppen der seit 2000 verbotenen Vereinigung Blood & Honour.

Peter Pichl auf einer NPD-THS-Demo am 12.02.2000 in Gera
Peter Pichl (Mitte) auf einer von der NPD und dem Thüringer Heimatschutz organisierten Demo am 12.02.2000 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Peter Pichl mit dem Banner der Kameradschaft Gera auf einer Demo am 10.11.01
Peter Pichl (links am Banner) mit der Kameradschaft Gera auf einer Demo am 10.11.2001 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Zusammen mit Gordon Richter war er seitdem kontinuierlich auf nahezu allen NPD-Veranstaltungen in Gera, unter anderem als langjähriger Mitorganisator eines der größten Nazifestivals Europas, dem Rock für Deutschland. Nur ein halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios bekannten sich die Organisator*innen des RfD im Sommer 2012 durch ein an der Bühne angebrachtes Banner zum Thüringer Heimatschutz – in dem Wissen, dass dieser Kameradschaftsverband mit zahlreichen Geraer AkteurInnen dem NSU-Terror als ideologischer und finanzieller Nährboden diente.

Peter Pichl als Mitorganisator des Rock für Deutschland am 06.07.13
Peter Pichl (Mitte) als Mitorganisator des Rock für Deutschland in Gera am 06.07.2013. Links: André Berghold, rechts Gordon Richter [Foto: Recherche Gera]

Pichl saß ab 2014 für die NPD im Stadtrat, 2015 wurde er zum stellvertretenden Kreisverbandsvorsitzenden gewählt. Zur Zeit des letzten NPD-Verbotsverfahrens 2017 trat er aus der Partei aus. Schon 2015 nahm er an AfD-Kundgebungen teil. 2017 versuchte er Mitglied der Alternative für Deutschland zu werden, was ihm allerdings aufgrund seiner NPD-Vergangenheit qua Satzung verwehrt werden musste.
Beim Volkstrauertag am 19.11.2017 ließ Pichl sich jedoch einer Mitgliedschaft ungeachtet mit der AfD aus Gera, gleich neben dem Bundestagsabgeordneten Robby Schlund, ablichten.

Peter Pichl im Kreise der AfD beim Volkstrauertag am 19.11.17 in Gera.
Pichl (4. v.l.) im Kreise der AfD beim Volkstrauertag am 19.11.2017 vor dem Ostfriedhof in Gera. Rechts neben Pichl: MdB Robby Schlund [Bild: Screenshot facebook]
Robby Schlund und Peter Pichl im vertrauten Gespräch am Rande einer AfD-Demo am 16.10.20 in Gera
Peter Pichl (1. v.r.) und Robby Schlund (2. v.r.) im vertrauten Gespräch am Rande einer AfD-Demo am 16.10.2020 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Pichl in trauter Runde beim AfD-Stammtisch im Brauhaus 1880 in Gera
Pichl (2. v.l.) in trauter Runde mit Reiko Pflug (1. v.l.) und Dieter Laudenbach (3. v.l.) beim AfD-Stammtisch am 17.01.2018 im Brauhaus 1880 in Gera [Bild: Screenshot facebook]

Pichls Präsenz im Kreise der AfD zeigt, dass er wohlgelitten ist. Er genießt Sympathien und Bekanntschaften im ganzen Stadtverband, seine Mitarbeit ist durchaus nicht lediglich mit seiner fachlichen Eignung zu begründen.

Pichl bei der Wahlparty der AfD nach der Stadtratswahl am 27.05.19
Pichl (mittig mit schwarzer Jacke) bei der Wahlparty der AfD nach der Stadtratswahl am 27.05.2019 in Laudenbachs Lokal Graf Zeppelin [Bild: Screenshot facebook]

Während Dieter Laudenbach behauptet, Peter Pichl habe „glaubhaft und endgültig mit seiner Vergangenheit abgeschlossen und sich von ihr distanziert“, reicht schon ein flüchtiger Blick auf Pichls Facebook-Profil, um sich vom Gegenteil zu überzeugen: Noch 2018 plauderte er unter einem seiner Beiträge mit dem NSU-Unterstützer und langjährigen Freund des Kerntrios André Kapke.

Facebookpost von Peter Pichl mit Kommentar von NSU-Unterstützer Kapke
Unter einem Facebook-Beitrag 2018 tauschen Pichl und NSU-Unterstützer André Kapke Ratschläge aus [Bild: Screenshot facebook]
Auszug von Pichls Freundesliste auf Facebook
Ausschnitt aus Pichls Freundesliste auf facebook. Personen aus dem Blood-&-Honour- und Combat-18-Umfeld, Nazi-Hooligans und mittendrin: die AfD Gera [Bild: Screenshots facebook]

Pichls Facebook-Freundesliste ist randvoll mit aktiven Nazis jeglicher Couleur – AntisemitInnen, Rechtsextreme aus dem Hooliganmilieu oder aus dem verbotenen Netzwerk Blood & Honour und dessen bewaffnetem Arm Combat 18. Unter ihnen: der Sänger der einflussreichen Blood-&-Honour-Band Legion Ost Daniel Stärz, der ehemalige NPD-Mitstreiter Erik Potyka, das Gründungsmitglied von Blood & Honour Gera und der spätere Zuständige für die Blood-&-Honour-Jugendorganisation White Youth in Thüringen Mike Bär, das Combat-18-Mitglied Daniel Steinmüller (unter dem Pseudonym Alexander Hofmann). Mittendrin: die ProtagonistInnen der Geraer AfD.

Robby Schlund – mit Holocaustleugner Christian Bärthel im Wahlkampf

Bei einem Wahlkampfstand mit dem jetzigen Bundestagsmitglied, dem Geraer Orthopäden und Sportarzt Robby Schlund, war auch der bundesweit bekannte Ronneburger Holocaustleugner und Reichsbürger Christian Bärthel beteiligt. Offensichtlich um Bärthels Profil und die damit verbundenen Image-Schwierigkeiten wissend, retuschierte Schlund Bärthel aus dem Foto, bevor er es bei Facebook postete. Christian Bärthel, der selbst nur ungern verleugnet wird, stellte die unverpixelte Version der Aufnahme kurzerhand auf eigene Faust ins Netz.

AfD-Infostand von Robby Schlund mit Holocaustleugner Christian Bärthel
AfD-Infostand von Robby Schlund (3. v.l.) mit Holocaustleugner Christian Bärthel (2. v.l.) 2018 [Bild: Screenshot facebook]

Christian Bärthel gehört zum festen und bundesweit agierenden Unterstützerkreis der mehrfach verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Immer wieder reiste er in der Vergangenheit zu Demonstrationen, die zur Solidarität mit Haverbeck aufriefen. Bärthel selbst ist als notorischer Holocaustleugner und bekennender Reichsbürger bereits wegen Volksverhetzung verurteilt; bei einem seiner Gerichtsprozesse 2007 erhielt er wiederum Beistand von Haverbeck, die seinetwegen nach Gera reiste.

Bärthel bei einem Gerichtsprozess 2007 unterstützt von Ursula Haverbeck
Christian Bärthel (ganz vorn, helles Hemd) wird von Holocaustleugnerin Haverbeck (2. v.l.) bei einem Gerichtsprozess 2007 in Gera unterstützt [Bild: Screenshot facebook]

Bärthels Beteiligung bei dem Wahlstand der AfD ist kein Unfall und kein Zufall; auch 2019 ist er inmitten der AfD beim Volkstrauertag in Gera gewesen.

Christian Bärthel im Kreise der AfD beim Volkstrauertag 2019 in Gera
Christian Bärthel (8. v.l., nach rechts blickend) im Kreise der AfD beim Volkstrauertag am 17.11.2019 in Gera. 5. v.r.: MdL Wolfgang Lauerwald. 6. v.r.: Eike Voigtsberger [Bild: Screenshot facebook]
Stephan Brandner, Eike Voigtsberger und Christian Bärthel bei einer Anti-Corona-Demo am 16.05.20 in Gera
Stephan Brandner (Mitte links, kariertes Hemd), Eike Voigtsberger (Mitte mit Kappe) und Christian Bärthel (1. v.r.) bei einer Anti-Corona-Demo am 16.05.2020 in Gera. [Foto: Recherche Gera]

Robby Schlund ist zuletzt bei der von Rechtsextremen überlaufenen Anti-Corona-Demo in Berlin am 29.08.2020 dadurch aufgefallen, dass er mit anderen Demoteilnehmer*innen Plakate hielt, auf denen Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Journalist*innen in Sträflingskleidung und mit dem Urteilsspruch „Schuldig“ versehen abgebildet waren. Daraufhin hat die Thüringer Ärztekammer ein berufsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet.

Robby Schlund betreibt seine Arztpraxis für Orthopädie und Sportmedizin in der Jägerstraße 1 in Gera.

Reiko Pflug – Wolfgang Lauerwalds Mitarbeiter schon 2014 bei NPD-Kundgebung

Reiko Pflug, der 2016 in die Partei eintrat, ist derzeit der Wahlkreismitarbeiter des MdL Wolfgang Lauerwald im Wahlkreisbüro in der Reichsstraße 52 in Gera. Wie den Großteil seiner Parteikameraden zog es auch Pflug bereits vor seinem Eintritt zu den Neonazis auf die Straße. 2014 besuchte er eine Infokundgebung der NPD, bei der im Beisein einiger UnterstützerInnen des NPD Kreisverbands Gera Gordon Richter und der Eisenacher NPD-Stadtrat Patrick Wieschke Reden gehalten haben.

Reiko Pflug hört aufmerksam bei einer NPD-Kundgebung am 13.08.14 in Gera zu
Reiko Pflug (Mitte, weißes Shirt) hört aufmerksam bei einer NPD-Kundgebung am 13.08.2014 in Gera zu [Foto: Recherche Gera]
NPD Kundgebung am 13.08.14 in Gera
Die Veranstaltung, die Reiko Pflugs Interesse auf sich zog: NPD-Kundgebung am 13.08.2014 in Gera. Mittig: NPD-Unterstützerin Jacqueline Möbes, links unterm Schirm: Gordon Richter [Foto: Homepage NPD Thüringen]

Wolfgang Lauerwald selbst trat wie auch sein AfD-Mitstreiter Eike Voigtsberger im Rahmen einer Demonstration der rechtsextremen Identitären Bewegung am 20.07.2019 in Halle in Erscheinung.

Wolfgang Lauerwald bei einer Demonstration der Identitären Bewegung in Halle am 20.07.19
Wolfgang Lauerwald (links mit Hut und Brille) bei einer Demonstration der Identitären Bewegung in Halle am 20.07.2019 [Foto: Sören Kohlhuber]

Lauerwald teilte sich bei einer AfD-Demonstration am 16.10.2020 in Gera mit dem Zeulenrodaer Frank Haußner die Bühne, dessen antisemitischer und völkisch-rassistischer Rede Lauerwald Beifall klatschte und für die er sich herzlich bedankte.

Holger Wagner – der Fotograf vom Dienst bei Thügida

Der eifrige AfD-Unterstützer Holger Wagner, dessen Aufgabe unter anderem die fotografische Dokumentation von Parteiveranstaltungen ist, betreut auch regelmäßig AfD-Infostände in Geras Innenstadt. Wagner steht seinen Parteifreunden in nichts nach, auch er beteiligte sich bereits 2015 an einer rechtsextremen Thügida-Demonstration.

Holger Wagner bei einer Thügida-Demo am 19.09.15 in Gera
Holger Wagner (1. v.l.) bei einer Thügida-Demonstration am 19.09.2015 in Gera [Foto: Recherche Gera]

Besonders online ist Wagner aktiv und mitteilungsfreudig für die Sache der AfD unterwegs. In einem Facebook-Post bekundet er beispielsweise Unterstützung für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck.

Holger Wagner teilt Inhalte der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck
Holger Wagner teilt Inhalte der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck [Bild: Screenshot facebook]
Volkstrauertag 2020: AfD, Holocaustleugner und militante Neonazis Hand in Hand
Christian Bärthel, Beatrice Fischer und Frank Haußner am Kopf der Versammlung zum geschichtsrevisionistischen Volkstrauertag am 15.11.20
Beatrice Fischer (1. v.l.), Christian Bärthel (2. v.l.) und Frank Haußner (3. v.l.) an der Spitze der Versammlung zum geschichtsrevisionistischen Volkstrauertag am 15.11.2020 [Foto: Recherche Gera]

Wie enorm das Interesse der Geraer AfD für den Reichsbürger und Holocaustleugner Christian Bärthel und dessen Umfeld ist, ließ sich am 15.11.2020 beim Volkstrauertag in Gera studieren. Das völkische Gedenken leiteten Bärthel mit Antisemit Frank Haußner und Haverbeck-Unterstützerin Beatrice Fischer am Kopf der Versammlung an. Bärthel verwob in seiner Rede Geschichtsrevisionismus mit Bibelpassagen, die er immer wieder mit antisemitischen Codes („Kräfte der Hochfinanz“, „internationalistische Cliquen“, „globalistische Eliten“) unterfütterte. Während die VeranstalterInnen sprachen und sangen, lauschten und sangen mit ihnen MdL Dieter Laudenbach und Stadtrat Eike Voigtsberger umgeben von jungen und alten Neonazis, die sich in den vorangegangen Jahren an diesem Datum noch dem Aufruf des NPD-Manns Gordon Richter angeschlossen hatten. So vollzieht die Geraer AfD einmal mehr den Schulterschluss mit offen auftretenden Nazistrukturen.

Dieter Laudenbach auf einer Versammlung mit dem Holocaustleugner Christian Bärthel am 15.11.20 in Gera
MdL Dieter Laudenbach (3. v.l. mit Brille und Maske unterm Kinn) folgt andächtig der antisemitischen und revisionistischen Rede Bärthels (1. v.r.) am 15.11.2020 in Gera [Foto: Recherche Gera]
Eike Voigtsberger bei der Versammlung zum geschichtsrevisionistischen Volkstrauertag am 15.11.20
Eike Voigtsberger (1. v.l., trägt einen Mundschutz in den Farben schwarz-weiß-rot unterm Kinn) neben Fritz Patzelt (2. v.l.) bei der Versammlung zum geschichtsrevisionistischen Volkstrauertag am 15.11.2020 [Foto: Recherche Gera]

Dass in der Vergangenheit Veröffentlichungen zur Verstrickung der AfD in die militante und organisierte Naziszene der Partei eher genutzt als geschadet haben, ist ein Zeichen dafür, dass sie nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Nähe zu Neonazis unterstützt und gewählt wird. Dennoch ist die Dokumentation dieser Verbindungen immens wichtig, da es immer noch Menschen gibt, die glauben, die AfD könne durch Einbinden in die politische Praxis „entzaubert“ werden.

Stattdessen ist klar: Mit der AfD sitzen Personen in den Parlamenten, die nicht einmal mehr einen Hehl aus ihrer Wesensverwandtschaft mit faschistischer Ideologie und deren JüngerInnen auf der Straße machen müssen. Mehr noch: die VertreterInnen der AfD lassen keine Gelegenheit aus, unter Beweis zu stellen, wie ernst es ihnen mit ihren Kontakten ist. Personell und organisatorisch sind die Überschneidungen so signifikant, dass eine Unterscheidung zwischen AfD und militanten Nazis unmöglich gemacht wird. Es handelt sich insbesondere bei der AfD in Gera nicht um bedauerliche Einzelphänomene, sondern durchzieht die Partei strukturell.
Eine gemeinsame Politik, und sei sie auch mit einer pragmatischen Notwendigkeit kommunaler Verhältnisse begründet, bedeutet zwangsläufig gemeinsame Sache mit Rechtsextremen zu machen und ihnen Gehör und Mitwirkung zu verschaffen.


Mit Unterstützung des Rechercheportals Jena-SHK.