Crystal für die Neonazibruderschaft – Lars Bischof und die Turonen

Im Zuge der Anklage und des Prozessbeginns gegen die militante Nazi-Vereinigung Bruderschaft Turonen/Garde 20 aus Thüringen kam die Identität eines Drogenlieferanten mit mehrfachem Bezug zu Gera an das Licht der Öffentlichkeit.

Die Turonen wurden um 2013/14 von Thüringer Nazis gegründet, die bereits seit Jahren einschlägig aktiv waren. Zum Vorbild in Auftreten und interner Organisation nahm man sich kriminelle Rockergruppen. In den Jahren 2015 bis 2019 etablierten sich die Turonen als Veranstalter von extrem rechten Konzerten in Thüringen und im Ausland, wodurch sie schnell großen Einfluss innerhalb der Thüringer Rechtsrockszene gewannen. Von Beginn an stand dabei die Verschränkung von Geldverdienen und der Verbreitung nationalsozialistischer Ideologie im Vordergrund. Auf ihren Konzerten setzte die Gruppierung zum Teil sechsstellige Beträge um.
Mit diesen Gewinnen erwarben Mitglieder der Turonen Immobilien in Thüringen und schafften sich so Rückzugsräume. Von dort aus organisierten sie ihre kriminellen und extrem rechten Aktivitäten. Seit jeher machten Mitglieder und Unterstützer der Turonen durch brutale Übergriffe auf Menschen von sich reden. Seit 2019 sind die Aktivitäten zunehmend geprägt von klassischer organisierter Kriminalität, sexueller Ausbeutung von Frauen und vor allem Drogenhandel im großen Stil. Einen guten Überblick zu den Turonen, ihrem extrem rechten Hintergrund und ihren kriminellen Machenschaften liefert die MDR-Dokumentation Braunes Gift – Das Drogenkartell der Neonazis.

Am 29.06.2022 startete nun der Prozess gegen insgesamt neun Angeklagte in Erfurt. Im Zuge antifaschistischer Prozessbeobachtung und der MDR-Dokumentation wurde eine Verbindung der Turonen nach Gera bekannt. Ein gewisser Lars Bischof hat laut Anklageschrift insgesamt mindestens vier Kilogramm Crystal Meth an die Turonen verkauft und war damit einer ihrer Hauptlieferanten.

Lars Bischof liefert aus Gera den Großteil des Crystals für die Turonen
Lars Bischof liefert aus Gera den Großteil des Crystals für die Turonen [Bild: Screenshot youtube]
Lars Bischof im Gerichtssaal im Juni 2022
Lars Bischof 2021 im Gerichtssaal [Bild: Screenshot MDR-Doku Braunes Gift]

Bischof stammt unterschiedlichen Angaben nach entweder aus Halle oder Weimar und lebte zwischenzeitlich in Berlin. Spätestens hier wurde er Mitglied der Rockergruppe Bandidos und stieg tief ins kriminelle Milieu ein.

Lars Bischof in Bandidos-Kutte 2017 auf seinem Instagram-Profil
Lars Bischof in Bandidos-Kutte 2017 auf seinem Instagram-Profil [Bild: Screenshot Instagram]

Im Sommer 2020 eröffnete er, möglicherweise zusammen mit seiner Frau Alexandra Bischof aus Gera, in der Heinrichstraße 74 das Tattoostudio Black Color Tattoos. Mindestens bis zum Frühjahr 2021 war der Laden im Zentrum Geras geöffnet.

Post zur Eröffnung des Tattoostudios Black Color Tattoos von Lars Bischof in Gera am 02.06.2020
Post zur Eröffnung des Tattoostudios Black Color Tattoos von Lars Bischof am 02.06.2020 in Gera [Bild: Screenshot facebook]

Zur gleichen Zeit verkaufte Lars Bischof Anfang 2021 ca. 4 Kilo Crystal Meth an die kriminelle Nazibande der Turonen/Garde 20. Ende Februar 2021 klickten für die Nazi-Drogenhändler dann die Handschellen und das LKA Thüringen begann, die kriminelle Struktur der Turonen zu zerschlagen. Vermutlich wurde Lars Bischof im Mai 2021 als Drogenhändler verhaftet, seine Social-Media-Profile sind in dieser Zeit zum letzten Mal aktiv. Bischof sitzt nicht mit im Prozess der Turonen auf der Anklagebank, wahrscheinlich gibt es für ihn ein gesondertes Verfahren wegen Drogenhandels.

Gut vernetzt scheint Lars Bischof zudem mit der Geraer Naziszene zu sein: Im Jahr 2020 nahm er mehrfach an Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie in Gera teil. Mit anderen Neonazis beteiligt er sich beispielsweise an der von Peter Schmidt angemeldeten Demonstration am 09.05.2020, auf der auch der FDP-Kurzzeitministerpräsident Thomas Kemmerich mitgelaufen ist.

Lars Bischof (1. v.l.) zusammen mit bekannten Geraer Neonazis bei der Anti-Corona-Demo am 09.05.2020. In Auswahl: Jörg Sachse (weißes Shirt), Enrico Kopp (kariertes Hemd), Daniel Schöps (3. v.r.), Niklas Rank (2. v.r. mit Basecap) und Kay Lange (1. v.r. mit Kappe und Sonnenbrille)
Lars Bischof (1. v.l.) zusammen mit bekannten Geraer Neonazis bei der Anti-Corona-Demo am 09.05.2020. Neben Bischof u.a.: Jörg Sachse (weißes Shirt), Enrico Kopp (kariertes Hemd), Daniel Schöps (3. v.r. mit Sonnenbrille), Niklas Rank (2. v.r. mit Basecap) und Kay Lange (1. v.r. mit Kappe und Sonnenbrille) [Foto: Recherche Gera]
Lars Bischof auf einer Anti-Corona-Demo in Gera am 20.05.2020 in Gera
Lars Bischof auf einer Anti-Corona-Demo in Gera am 20.05.2020 in Gera [Bild: Screenshot youtube]

Auf Videos eines anderen Maßnahmengegner-Aufmarsches am 16.05.2022 ist außerdem gut zu sehen, wie sich Bischof in vertrauter Manier mit dem Geraer Nazi und jetzigen Organisator der immer noch andauernden „Spaziergänge“, Christian Klar, unterhält und austauscht. Im Zuge einer Verhandlung wegen Beleidigung wurden zu Klar 18 Einträge im Bundeszentralregister genannt. Darunter Körperverletzung, Landfriedensbruch, Betrug und Diebstahl. Der Prozess wegen Beleidigung wurde nur eingestellt, weil Klar in einem anderen Berufungsprozess vor dem Landgericht Gera eine deutlich höhere Strafe zu erwarten hat.

Oben: Christian Klar auf einer Anti-Corona-Demo am 20.05.020 in Gera. Unten: Lars Bischof und Christian Klar im Gespräch am 20.05.2020 in Gera
Oben: Christian Klar auf einer Anti-Corona-Demo am 20.05.020 in Gera. Unten: Lars Bischof und Christian Klar im Gespräch am 20.05.2020 in Gera [Bilder: Screenshots youtube]

Man kennt sich unter Kriminellen und Neonazis, man trifft sich zum Beispiel auf den „Spaziergängen“ der SeuchenbefürworterInnen. Die Stadt, die sich gern als „Hochschulstadt“ vermarkten will, zeigt jedoch wieder und wieder, wie gering ihr Interesse ist, sich um ihr tatsächliches Image zu kümmern, das von außerhalb sehr genau registriert wird: Gera schafft es dann in die Medien, wenn über Nazis oder eben deren Drogen-Großlieferanten wie Lars Bischof berichtet werden muss. Die allerdings haben es sich dort unter anderem genau deswegen so gemütlich gemacht: Weil sie wissen, dass sie in Ruhe gelassen und in ihrem Tun nicht behelligt werden. Ohne uns.